Regionales / Stadt Osterode / Osterode

21.08.2019

Uns geht der Wald kaputt!


Die Ratsforstbegehung am vergangen Freitag zeigte massive Schäden im Osteroder Stadtwald auf.

von Corina Bialek

Bürgermeister Klaus Becker wies bereits bei der Begrüßung zur alljährlichen Ratforstbegehung am Parkplatz Schwarze Brücke auf die Krisensituation im Stadtwald hin. Wir konnten hier in der letzten Zeit zusehen wie uns wochenweise der Wald kaputt geht. Auch Forstamtsleiter Rudolf Buff warnte die Teilnehmer vor, dass dies wohl die traurigste Forstbegehung der Geschichte werden würde.

Schäden habe es immer mal gegeben, aber nicht in diesen Dimensionen und so war die Begehung von Parkplatz Schwarze Brücke via Schindelkopfköte zum Osteroder Jagdhaus nicht nur beschwerlich sondern auch wenig erbaulich. Insgesamt 1200 Hektar umfasst der Stadtwald und die vier zuständigen Forstleute haben kaum eine Chance den Auswirkungen des Klimawandels Herr zu werden.

Zu wenig Regen und hohe Temperaturen haben besonders den Fichten, die ca. 70 % des Baumbestandes im Stadtwald ausmachen, zugesetzt und die haben dem Borkenkäfer, geschwächt wie sie sind, nichts entgegen zu setzten. „Eigentlich müssten wir jeden befallenen Baum sofort aus dem Wald entnehmen, damit sich der Käferbefall nicht weiter ausbreiten, erklärt Buff am ersten Haltepunkt, „aber das ist bei diesen Mengen gar nicht machbar. Trotz Bekämpfung der Käfer im Frühjahr, die durchaus Wirkung gezeigt hat, hat sich die Population im heißen Juni geradezu explosionsartig vermehrt. In wenigen Tagen sind 20 Hektar Wald befallen – vollständig!“

Ein frisch abgeschältes Stück Baumrinde zeigt deutlich, dass der Buchdrucker auch an dieser Fichte bereits ganze Arbeit geleistet hat. Buff geht davon aus, dass wohl um die 500 Hektar Wald verloren gehen, die Arbeit von Jahrzehnten, vom wirtschaftlichen Schaden ganz zu schweigen.

Auf der Feenhöhe zeigt sich das ganze Ausmaß der Schäden. Kahle oder befallene Hänge, riesige Holzpolder an den Wegen. Der Markt gibt derzeit noch etwa ein drittel des ursprünglichen Preises für einen Festmeter K(äfer)-Holz her. Ob sich bei den anfallenden Mengen zukünft noch Abnehmer finden wird man sehn. Einige Flächen müsse man ganz aufgeben und tote Bäume stehen lassen, da die Arbeit nicht zu schaffen sei, so Buff.

Die Kritik von Frank Koch, Ortsbürgermeister von Lerbach, der das Konzept der Nationalparkverwaltung, die Natur sich selbst zu überlassen, als Brutstätte für den Borkenkäfer sieht, wollte Buff so nicht stehen lassen. „Am Brocken gibt es seit 1936 Fichtenbestand, da wurde bzgl. Käferbekämpfung nichts unternommen. Das musste es auch nicht, denn Borkenkäfer haben früher in den Hochlagen ab 800 – 1000 hm keine Rolle gespielt, dort war es für sie zu kalt. Das Klima hat sich aber so verändert, dass er jetzt auch dort oben angekommen ist und sich flächig ausbreiten konnte und kann.“

Das auch inzwischen die Buchen auf flachgründigen Böden absterben, zeigte Mitwanderer Hauke Bruns, Revierförster der Niedersächsischen Landesforsten, auf. Das ist nicht ungefährlich, da bei trockenen Buchen die Krone ausbrechen kann oder dicke Äste einfach abbrechen, was auch der Grund für die Fällarbeiten auf dem Ührder Berg sind.

Zukünftig brauche es naturnahe, klimaangepasste Wälder und man müsse auch an die Holzproduktion denken, denn Holz brauche die Gesellschaft genauso wie den Wald als CO² Speicher und zur Erholung. „Nur wissen wir heute noch nicht welche Bäume für die Aufforstung geeignet sind“, zeigt sich Buff etwas ratlos, „dass gilt es jetzt herauszufinden. Unsere Nachfahren werden sehen ob wir die richtigen Entscheidungen getroffen haben.“


Forstamtsleiter Rudolf Buff erläutert den Baumbestand im Osteroder Stadtforst

Baumarten im Osteroder Stadtforst in dem die Fichte derzeit dominiert

dazugehörige Legende

Die lieben Tierchen haben ganze Arbeit geleistet

So sieht es hinter der Borke eines durch Borkenkäfern befallenen Baumes aus.

Die Population der Käfer hat sich trotz Bekämpfung im April, im heißen Juni und Juli explosionsartig vermehrt.

Selbst in den Hochlagen des Harzes fühlen sich die Borkenkäfer aufgrund steigender Temperaturen inzwischen pudelwohl.

Die Gründe, warum die Käfer leichtes Spiel bei den Fichten haben: zu wenig Regen und zu hohe Temperaturen

Das rotbraune Bohrmehl auf dem Moos zeigt, dass auch diese Fichte bereits vom Borkenkäfer befallen ist.

Auf der Feenhöhe ist das Ausmaß der Schäden für alle sichtbar.

Diesen Hang hat man aufgrund der Unwegbarkeit bereits aufgegeben. Auch hier werden wohl in nicht allzu ferner Zukunft die Fichten abgestorben sein.

Fachkundig werden die gegenüber liegenden Hänge von Rudolff Buff und Hauke Bruns in Augenschein genommen.

Bei genauer Betrachtung sieht man, das auch im Laubbaumbestand bereits diverse Bäume abgestorben sind.

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:


Treffen zur Ratforstbegehung auf dem Parkplatz Schwarze Brücke





Ein vom Borkenkäfer befallener Baum





Der weißbläuchliche Streifen zeigt auf, dass die Käfer einen Pilz eingetragen haben.






Verkauf von K(äfer)-Holz bringt noch knapp ein drittel des ursprünglichen Ertrags ein und ob der schieren Menge wird auch das nicht zu halten sein.








Auf diesem Areal haben die Landesforsten käferbefallene Bäume gefällt.

Holzpolder soweit das Auge reicht...

...



Man will ja auch mal was schönes fotografieren...

weiter auf dem Weg zum Jagdhaus...

auch hier wird die Aussicht nicht besser...

Die braunen Fichten inmitten der noch grünen gibt auch hier Anlass zur Sorge.


Dunkel ist der Tann an vielen Stellen nur noch bei einbrechender Dämmerung.

 

Anzeige