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17.06.2019

Feierliche Enthüllung beim Landestscherper in Bad Grund


von Petra Bordfeld

Er wiegt eine Tonne, wurde in Handarbeit aus einem doppelt so schweren Granit-Quader herausgeschlagen, trägt Bergmannkleidung, hat ein Geleucht sowie eine Hacke dabei und könnte laut Dr. Oswald Sander einen Schwatz mit dem Zwergenkönig Hübich auf der anderen Straßenseite halten. Sehr interessiert dürften ihm auch die liebenswerten Kinder aus Bronze zuhören, die Platz auf den ihn umgebenden Bänken Platz genommen haben.

Die Rede ist von dem 1,80 Meter großen Bergmann, der Samstag in dem in der Ortsmitte von Bad Grund neu gestalteten Quisisana-Park feierlich enthüllt und von Pastor Michael Henheik während einer kleinen liturgischen Feier geweiht wurde.

Die größte Zahl der Schaulustigen waren aber Mitglieder aus über 20 Bergmanns-Knappen-und Fördervereinen, die nicht nur aus Niedersachsen, sondern auch aus benachbarten Bundesländern in die Bergstadt gekommen waren. Sie alle wollten an dem vom Knappenverein e. v. Bad Grund/Harz und Umgebung im Atrium ausgerichteten zwölften Landestscherper der Vereinigung der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine Niedersachsen (VBN), teilnehmen.

Doch zuerst wollten sie alle die Einweihung der neuen Parkanlage mit erleben, die zu dem unter Denkmalschutz stehenden, ältesten Gebäude, dem einstigen Polizeiheim gehört, welches Dr. Sander erworben und mittlerweile eine fachmännische Fassaden-Kosmetik „verordnet“ hat.

Dr. Sander ging in seinem Grußwort in die Zeit des 30-jährigen Krieges zurück. Schließlich lebte 1642 eine mutige Person in Bad Grund, die der Bergstadt ein prachtvolles vierstöckiges Gebäude als Erbschaft hinterlassen hat, das Quisisana-Haus.

Das habe nicht nur den 30-jährigen Krieg überstanden, sondern auch die napoleonischen Zeiten und die beiden Weltkriege. „Bei so einer Leistung stehen wir heute in der Pflicht, unser denkmalgeschütztes Haus Quisisana aufrecht zu erhalten und alte Handwerke wieder ins Leben zu rufen“. Schließlich habe das Gebäude auch alle Epochen des Bergwerkes als Zeitzeuge miterlebt. Jetzt bräuchte es einen Wächter, der die Erinnerung an gute alte Bergwerkszeiten wachhält und belebt.

Genau diese Aufgabe soll der neu angelegte Park erfüllen, damit die alte Tradition nie vergessen wird. Dr. Sander verwies aber auch auf die Tafel, die zu Füßen des Bergmanns angebracht ist und auf der drei alchemische Zeichen zu sehen sind: Blei, Zink und Silber, die aus den Bad Grundner Gruben zwischen 1564 und 1992 zu Tage gefördert wurden

Er und sein Team bedankten sich beim Amt für regionale Landesentwicklung für die gewährte LEADER-Unterstützung, dem Amt für Denkmalschutz des Landkreises Göttingen, der Gemeinde Bad Grund, der Volksbank im Harz, dem Architekten sowie den vielen fleißigen Handwerkern. Ein besonderes Dankeschön ging an Martin Armbrecht für die Planung nebst Zeichnung und das Konzept sowie die Ausführung.

Izabela Dylag sprach im Namen der Bürgerinitiative „Zukunftsbergstadt“ der Parkanlage und dem Statuen-Ensemble, das zum Verweilen einlädt, ein großes Kompliment aus. Damit sei ein weiterer wichtiger Schritt zur Verschönerung der Bergstadt getätigt worden.

Bürgermeister Harald Dietzmann sprach Dr. Oswald Sander ein aufrichtiges Dankeschön aus. Denn das persönliche Engagement im Sinne des öffentlichen Gemeinwesens sei keine Selbstverständlichkeit.

In der Mitte der Bergstadt sei jetzt ein Ensemble zu sehen, das dem Ortsbild und der Historie Bad Grund gerecht wird und den Bergleuten gewidmet ist. Denn der Bergmann betone die Erinnerung an mehrere hundert Jahre Bergbau im Harz, speziell in der Bergstadt. Er stünde aber auch für den Stolz, die Kraft und die unvergessliche Traditon, welche die Bergstadt nicht nur zum Wirtschaftsfaktor hat werden lassen. Diese Traditon habe auch Menschen und ganze Regionen über Generationen geprägt. „“Vielleicht ist der Bergmann aber auch Sinnbild für die Hoffnung, dass der 1992 hier eingestellte Bergbau doch irgendwann wieder aufgenommen wird“.

Dann trat Gerhard Pape, Landesvorsitzender der VBN, zusammen mit Harald Dietzmann, Gerd Hintze, an den Bergmann heran, um diesen zu enthüllen. Pape betonte, dass die Enthüllung des Denkmals ein großes Ereignis der Bergbaugeschichte für nachfolgende Generationen sei. „Ich wünsche dem Kameraden in Stein, dass er lange im Park verweilen kann und so an die Bergbaugeschichte erinnert“.
Pastor Michael Henheik lud zu einer kleinen liturgischen Feier, während der er es sich nicht nehmen ließ, an die Gemeinschaft, Gemeinsamkeit, Verbundenheit und die Verlässlichkeit unter Tage zu erinnern. Die sei letztendlich nicht bloß vorbildlich, sondern lebensnotwendig. Unter Tage hieß es stets „Jeder für jeden, alle für alle“. Heute setze sich leider immer mehr die Vereinzelung durch „jeder gegen jeden, alle gegen alle“. Genau das sei sehr ungesund.
Martin Armbrecht kam kurz auf den Bergmann zu sprechen, der aus zwei Tonnen Granit in wahrer Bildhauerarbeit herausgeschlagen wurde. „Die Figur steckte also im Stein“.

Der Musikzug Taubenborn spielte dann zum Aufbruch ins Atrium auf, und ein langer Zug von Teilnehmern am zwölften Landestscherper machte sich auf den Weg dorthin. Als alle Platz genommen hatten, brachte Gerd Pape seine Freude darüber zum Ausdruck, so viele Bergmanns- und Knappenvereine, aber auch politische und bergmännische Vertreter begrüßen zu können. „Wir möchten mit dieser Veranstaltung den Kameradinnen und Kameraden, die keine Großveranstaltungen oder große Vereinsfeste mehr bestreiten können, die Möglichkeit geben, im gegenseitigen Austausch, ein paar gemütlichen, von Frohsinn und Harmonie geprägten Stunden zu verbringen.“

Harald Dietzmann versicherte, dass es für ihn eine besondere Ehre sei, dass er die Schirmherrschaft übernehmen durfte. Er freue sich riesig, dass das Atrium so gut gefüllt war. Dieses Treffen erinnere ihn an das Bergdankfest, was jedes Frühjahr ein eindrucksvolles Erlebnis sei. Jetzt wolle man aber gemeinsam feiern und ausdrücken, dass man für die bergbauliche Tradition und deren Erhalt eintreten werde. Inzwischen sei fast 28 Jahre vergangen, dass das letzte Bergwerk eingestellt wurde. „Es ist schön, dass die Tradition weiter lebt und Erinnerungen erhalten werden“.

Dipl. Ing. Klaus Rumphorst, Leiter der Inaktiven Werke der K + S AG (früher Kali und Salz AG, mit Sitz in Kassel) betonte, dass trotz all der Widernisse die Hoffnung nicht sterben werde, den Bergbau wieder aktivieren.

Festredner Gerhard Lenz, Geschäftsführer des Weltkulturerbes Rammelsberg, mahnte an, dass das Thema Bergbau für gegenwärtige Generationen im Prinzip nicht mehr existiere. Das liege auch im Aussterben in vielen Bereichen des Berufszweiges. Denn es gebe heute bei den Kindern und Jugendlichen keinerlei familiäre Anknüpfpunkte mehr zum Thema „Bergbau". Außerdem sei die generelle Wahrnehmung von Lebensumwelt seit Mitte den 20. Jahrhunderts sehr viel stärker durch das fertige Produkt geprägt, man befasse sich zunehmend weniger mit Herstellungsprozessen.

Bergbau, das „erste Handwerk des Menschen“ ging in dieser Region – beispielsweise am Rammelsberg – vor mehr als 3 00 Jahre um. „Wenn wir den Funden unserer Archäologen glauben, dann gibt es in der Harzregion bergbauliche Spuren bis in die Bronzezeit“.

Somit seien das Bergwerk Rammelsberg, die Altstadt von Goslar und die Oberharzer Wasserwirtschaft nicht nur landschaftlich verbunden. Sie seien über Kommunen und Landkreisgrenzen hinweg ein Welterbe. „Wir sind ein Ensemble Welterbe geworden. Und dazu gehört nicht nur dessen Erhalt, sondern auch im Besonderen dessen Vermittlung“. Man müsse Erkenntniswege errichten und Brücken schlagen zwischen den Orten. Es sollten keine Wanderwege werden, sondern Rundgänge von drei bis fünf Kilometern für Menschen, die vielleicht gar nicht wissen, was Welterbe ist. Dazu gehörten beispielsweise die Qualität der Museen und die Vermittlung von Kreativ-Projekten in Form von Welterbe-Zentren. „Ich vertraue auf unser gemeinsames Tun, denn Bergbau ist nicht eines Mannes Sache ist“.

Nach dieser Festrede wurde der Musik des Musikzuges Taubenborn oder dem Gesprächspartner zugehört. Nach ein paar Stunden des gemütlichen und informativen Zusammenseins machten sie alle wieder auf den Heimweg mit einen „Glück auf“ bis nächstes Jahr.


Dr. Oswald Sander begrüßte die zahlreichen Gäste der Einweihungsfeier des Quisisana-Platzes.

Sie gestalteten für einen Moment das Straßenbild von Bad Grund.

Die Fahnenträger warten darauf, einmarschieren zu dürfen.

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:


Blick auf das Haus, welches dem Platz im Mittelpunkt der Bergstadt den Namen gab.

Gerd Hintze, Gerhard Pape und Harald Dietzmann (v. l. n. r.) enthüllen den Bergmann.

Gerhard Pape, Harald Dietzmann und Gerd Hintze positionieren sich stolz zu dem Bergmann.

Pastor Michael Henheik weit die Bergmannsfigur während einer liturgischen Feier.

Diese beiden laden auf dem Quisiana-Platz freundlich zum Verweilen ein




Unter Applaus ziehen die Fahnenträger ins Atrium ein.

Gerhard Pape (li.) überreicht Festredner Gerhard Lenz ein bergmännisches Dankeschönpräsent.

Der Musikzug Taubenborn spielte auf.

Gute Laune hatten Harald Dietzmann, Gerhard Pape und der stellvertretende Ortsbürgermeister, Holger Diener (v. l. n. r). beim Eintrag ins Goldene Buch.

 

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