Kultur / Rezensionen

16.04.2018

Viel los auf wenigen Seiten


Karla Letterman: Die Hexenpapiere

von Christian Dolle

Wenn in Büchern auf den ersten zwanzig Seiten bereits ebenso viele Protagonisten vorgestellt werden, macht das dem Leser den Einstieg in einen Roman nicht eben leicht. Dabei sind die einzelnen Charaktere in Karla Lettermans Harzkrimi „Die Hexenpapiere“ aber durchaus originell und haben jeder für sich einiges Potenzial.

Da ist beispielsweise der österreichische Kommissar Alois Aisner, der in Bad Lauterberg gelandet ist und sich von den Harzern nun jedes Österreich-Klischee und auch noch Anspielungen auf den fast gleichnamigen Tatort-Kommissar anhören muss. Daneben gibt es seinen zehnjährigen Stiefsohn, der mit dem wohlklingenden Namen Eagle-Eye gesegnet ist und darunter ebenso zu leiden hat als hätten seine Eltern ihn Adolf genannt.

Adolf? Ja, genau. Der Überleitung wegen. Denn auf der anderen Seite der Sympathieskala tauchen ein paar fiese Nazis auf, die Schülerinnen mobben, das Training des FC St. Pauli in Barbis sprengen und noch einiges mehr auf dem Kerbholz haben. Möglicherweise haben sie sogar mit den titelgebenden Hexenpapieren und mit dem Mord an einer alten Dame zu tun.

Es ist tatsächlich einiges los auf den nicht einmal 200 Seiten von Karla Lettermans Erstlingswerk. Leider ist genau das auch das große Problem des Buches. Zum einen ist da relativ viel Personal, bei dem sich der Leser sowohl Klar- wie auch Spitznamen merken muss, um den Überblick zu behalten. Zum anderen passiert so viel, was als eigene Geschichte funktionieren könnte, hier aber vom eigentlichen Kriminalfall oft eher ablenkt und somit verwirrt.

Hinzu kommt, dass die Autorin wie für den Regionalkrimi üblich viele lokale Anspielungen einstreut, was eigentlich reizvoll ist, den Nicht-Bad Lauterberger aber zusätzlich fordert. Und dann ist da noch ihre Liebe zu pointierter und hintersinniger Sprache, die ebenfalls eigentlich positiv ist und für sich genommen als feiner Humor funktioniert, in der Gesamtheit des Romans aber ebenfalls zum Eindruck eines noch heterogenen Manuskriptes beiträgt.

Vielleicht wollte sie mit diesem Buch zu viel auf einmal, so scheint es, richtig gelungen ist die Mischung aus Skurrilität und rechten Machenschaften im Untergrund leider nicht. Dennoch hebt sich Karla Lettermann nicht nur durch ihr Markenzeichen – sie trägt Hut – vom „Einheitsbrei“ des Regionalkrimis ab und man darf gespannt sein, was von ihr noch zu lesen sein wird.


 

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