Regionales / Stadt Herzberg / Scharzfeld

22.03.2018

Das Dorf in die Kirche lassen


Dr. Patrick Küpper

Gottesdienst zum Thema Dorfentwicklung in Scharzfeld

...KKHL - Christian Dolle

Es war tatsächlich die St. Thomaskirche zu Scharzfeld und nicht das Fernsehstudio von Frank Plasberg oder Sandra Maischberger, in der am vergangenen Sonntag angeregt diskutiert wurde. Zum Thema Dorfentwicklung, zur Steigerung der Lebensqualität im ländlichen Raum und zur Zukunft der dörflichen Gemeinschaft in unserer Region.

Dr. Patrick Küpper vom Institut für Ländliche Räume war für einen Impulsvortrag eingeladen, anschließend diskutierte er dann gemeinsam mit der Kreistagsabgeordneten Karin Wode, Herzbergs Bürgermeister Lutz Peters und Superintendent Volkmar Keil unter der Leitung von Henning Witzel. Doch Pastor Andreas Schmidt leitet nun einmal keine herkömmliche Fernsehtalkshow, sondern eine Kirchengemeinde und daher ließ er zuerst die Konfirmanden aus Scharzfeld zu Wort kommen.

Auch die hatten sich mit dem Thema Leben auf dem Dorf auseinandergesetzt und erzählten hierzu durchaus Erstaunliches. Anders als frühere Generationen Jugendlicher schimpften sie nämlich nicht über die wenigen Möglichkeiten, sondern lobten vor allem den Zusammenhalt im Dorf, die Ruhe und Beschaulichkeit. Das deckt sich im Grunde auch mit den Erkenntnissen von Dr. Küpper, denn inzwischen werde die Lebensqualität im ländlichen Raum durchaus wieder geschätzt.
Die allerdings hänge stark von sozialen Bedingungen ab, weshalb es so wichtig sei, verlässliche Strukturen im Dorf aufrecht zu erhalten. Grundsätzlich nähern sich die Einkommen in Stadt und Land einander wieder an, berichtete der Wissenschaftler, auf dem Land seien mehr Menschen in der Industrie beschäftigt als in der Stadt, wenngleich die Arbeitsplätze für Akademiker jedoch rar seien.

Nicht zuletzt durch Pendelverkehr vom Wohnort zur Arbeitsstelle dünnen soziale Netze immer mehr aus, Vereine und Organisationen haben Nachwuchssorgen und das, obwohl die Bereitschaft zu ehrenamtlichem Engagement in den letzten Jahren gestiegen sei.

Lösung für diese Entwicklung sei aus seiner Sicht, Orte der Begegnung zu schaffen, Menschen an einen Tisch zu bringen, den Austausch von Ideen zu fördern. Dazu müssten Vereine zusammenarbeiten, sich die Mitglieder nicht noch gegenseitig wegnehmen und dieser Zusammenhalt im Dorf als ein längerer Prozess begriffen werden, den es zu gestalten gilt.

„Uns ist oft gar nicht klar, wie gut wir es hier in der Region haben“, stellte Lutz Peters zu Beginn der Diskussion fest, „wir sind der industriestärkste Landkreis in Niedersachsen. Ich habe eigentlich keine Sorge um die Dörfer.“ Dessen allerdings müssten wir uns hier bewusst werden, dürften nicht nur meckern, sondern sollten uns anders präsentieren. An der Wahrnehmung der Jugendlichen sehe man, dass sich gerade etwas wandelt, stellte auch Superintendent Keil fest.

„Ich glaube, dass es irgendwann auch wieder eine Bewegung von der Stadt aufs Land gibt“, sagte er, nur müssten dafür zwei Bedingungen geschaffen werden. Die eine ist die Mobilität, die gegeben sein muss, die andere mehr Kooperation zwischen allen Akteuren eines Dorfes. Für ihn sind sogar Gemeindehäuser und Dorfgemeinschaftshäuser unter einem Dach vorstellbar, damit nicht jeder nur seine Belange sieht.

Den Ausbau von öffentlichem Nahverkehr sehen sowohl Karin Bode als auch Lutz Peters nicht als die erfolgversprechende Lösung an. „Ich glaube, dass wir hier auf dem Land doch zu sehr am Auto hängen“, sagte die Kreistagsabgeordnete, „aber das autonome Fahren sehe ich langfristig als große Chance.“ In Bezug auf die Kooperation kann sich Bürgermeister Peters durchaus auch eine gemeinsame Nutzung von Gotteshäusern durch verschiedene Religionsgruppen vorstellen, regte er an. Tatsächlich werde die Ökumene wichtiger, antwortete Keil darauf, so könne es beispielsweise konfessionsübergreifende Seniorenkreise geben und etliches mehr.
„Ein Dorf ist das, was man daraus macht“, stellte Karin Wode irgendwann im Verlauf der Diskussion fest. In diesem Gottesdienst wurde zumindest schon einmal eine gute Grundlage geschaffen, um aus Scharzfeld noch mehr zu machen und Zukunft im Dorf positiv zu gestalten.




Zu Beginn kamen die Konfirmanden zu Wort

 

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