Kultur / Federkiel

17.12.2017

Das allerletzte Einhorn - Teil 3


Ein interaktives Weihnachtsmärchen zum Mitraten

Liebe Leser, zum dritten Advent gibt es natürlich auch den dritten Teil unseres Weihnachtsmärchens. Unter allen richtigen Einsendungen wird diesmal ein Gutschein über 30 Euro des Modehauses Thunert in Osterode verlost, es gewinnt die fünfte Mail mit der richtigen Lösung, die uns unter admin@eseltreiber.de erreicht.

Teil 3 - Wer versteckt sich in der Dunkelheit

von Christian Dolle

Es ist wie beim Schachspielen, überlegte das Mädchen, das Schachbrett hat acht mal acht Felder und ein Springer bewegt sich immer ein Feld geradeaus und dann eines schräg. Wenn ein Springer nun auf einem weißen Feld steht, grenzen daran nur schwarze Felder. An dessen Ecken wiederum grenzen ebenfalls nur schwarze Felder. Egal, in welche Richtung der Springer zieht, er landet immer auf einem schwarzen Feld. Also könnte auf jedem weißen Feld ein Springer stehen, ohne dass er einen anderen schlagen kann. Das sind 32 Springer insgesamt. Allerdings kann jeder Springer von seinem weißen Feld aus auch acht schwarze Felder um sich herum erreichen. Mehr als 32 können es also auch nicht sein.

Die Prinzessin teilte dem traurigen Bauern ihre Lösung mit und sah dann, wie sich sein Gesicht aufhellte. Es blieb allerdings noch das Problem, dass der böse Zauberer ja alle Einhörner geraubt hatte. So versprach die Königstochter, die edlen Tiere zurückzuholen und er verriet ihr den Weg, den sie gehen musste, um die Höhle zu finden, in der er sich versteckt hielt.

Gemeinsam mit ihrem treuen Esel machte sie sich wieder auf den Weg durch den Wald. Erneut bedauerte sie, allein aufgebrochen zu sein, denn im fahlen Licht des schwach scheinendes Mondes wirkten die Bäume ziemlich gespenstisch und in manch krummem Ast meinte sie, ein seltsames Wesen zu erkennen, das sie auf ihrem Weg beobachtete. Dennoch war ihr Wunsch, ihre Brüder und die Einhörner und das gesamte Reich ihres Vaters zu retten stärker als ihre Angst und sie zwang sich, Schritt um Schritt zu setzen, um der Höhle des Zauberers näher zu kommen.
Endlich erreichte sie ein Gebiet, das immer steiniger wurde. Ihr Weg führte sie bergauf und schroffe Felsen zeichneten sich gegen den nun fast ebenso dunklen Horizont ab. Turmhohe Wolken formierten sich über ihr und ein Sturm zog heran. Fast schien es als ahne der Zauberer ihr Kommen und wolle sich dagegen wappnen. Vielleicht hat er ja ebenso Angst vor mir wie ich vor ihm, sagte sich die Prinzessin und setzte ihren Weg entschlossen fort.

Nach einer Wegbiegung ragte eine hohe Felswand vor ihr auf und darin der Eingang zu einer mächtigen Höhle. Als wäre das noch nicht genug sah sie an der Seite auch noch das Skelett eines Einhorns stehen. Das einst stolze Tier hatte sein Leben verwirkt, dies musste das Werk ihres bösen Widersachers sein. Statt sich aber vor den blanken Knochen zu gruseln, stärkte der Anblick nur ihre Entschlossenheit und das Mädchen wagte den Schritt in die Finsternis. Manchmal ist es doch seltsam, dass uns in der tiefsten Not der Mut packt, der es uns ermöglicht, dass wir uns jedem Feind stellen können. Besonders seltsam daran, dass viele Kinder diesen Mut aufbringen, während Erwachsene zögern und so lange Argumente abwägen und sich ausmalen, was passieren könnte, bis es plötzlich zu spät ist, um beherzt zu handeln. Die Prinzessin aber war noch kindlich genug, um nicht lange über ihr Handeln nachzudenken, sondern getrieben vom Wunsch des Gelingens all ihre Ängste überwand.

Allein der Esel stellte sich stur und wollte keinen Huf in die Dunkelheit setzen. Auch als die Prinzessin eine Fackel entzündete, rührte sich das Tier nicht und ließ sich nicht bewegen, die Höhle zu betreten. Ganz in der Nähe grasten noch andere Esel, zu denen trotte er nun und das Mädchen musste ihn wohl oder übel ziehen lassen.
Doch auch davon ließ sie sich nicht aufhalten, sondern setzte ihren Weg alleine fort. Da kein Geräusch ins Innere des Berges dran, war es hier nicht nur dunkel und der Widerschein ihrer Fackel malte seltsame Muster auf die zerklüfteten Felswände, nein, es war auch noch völlig still. Doch auch hier wusste sich die Prinzessin zu helfen und summte erst leise, dann immer lauter ein Lied vor sich hin. Welches es war, ist nicht bekannt. Vielleicht war es ja das Lied von den Zwergen vom Iberg, das sie auf der CD von Melli und Martin gehört hatte, vielleicht war es aber auch Wap Bap von Bibi. Bei kleinen Prinzessinnen weiß man ja nie so genau, was gerade angesagt ist.

Ihr Gesang half ihr jedenfalls, ihre Furcht zu unterdrücken, so dass sie immer weiter in die Höhle eindrang. Mal ging es hinauf, mal hinunter, immer führte ihr Weg sie um Kurven, die ihr alle Orientierung zu nehmen drohten, doch sie setzte einen Schritt vor den anderen und mit jedem wuchs ihre Entschlossenheit.

Schließlich erreichte sie mitten in der dunklen Höhle eine große Halle, auf deren gegenüberliegender Seite sie ein großes Portal erwartete. Sie wusste, dies war das Tor zum Thronsaal des Zauberers. Allerdings standen auch zwei Wächter davor, die nicht aussahen als wollten sie sie passieren lassen. „Lasst mich ein“, forderte die Prinzessin. „Zuvor musst du ein Rätsel lösen“, gaben die beiden finsteren Gesellen zurück. Das Mädchen verdrehte die Augen, doch dann stellte sie sich auch dieser Aufgabe. „Also gut“, sagte die zwei wie aus einem Munde, „In der Dunkelheit bin ich versteckt, erst vom Licht werd' ich geweckt. Du kannst mich nicht verjagen, auch nicht auf Händen tragen. Wer bin ich?“



 

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