Kultur

12.12.2017

Bernd Stelter kam nach 51 Jahren wieder nach Osterode


Bernd Stelter wusste zu überzeugen.

Von Petra Bordfeld

Vor 51 Jahren war er das erste Mal in Osterode. Damals war er als Fünfjähriger mit seinen Eltern zum Camping gekommen. Jetzt war er nicht mit Zelt oder Wohnwagen, sondern mit Gitarre. Klavier, überzeugender Stimme, einfühlsamen, vielsagenden Liedern und spitzfindigen Wortspielereien in die mit überaus gut gelaunten Zuschauern gefüllte Stadthalle gekommen.

Und am Ende des weit über 120 Minuten währenden Programms hofften alle, dass er nicht wieder 51 Jahre bis zu seinem dritten Besuch in der ehemaligen Kreisstadt warten wird. Die Rede ist von dem Vollblut-Kabarettisten Bernd Stelter, der die These „Wer heiratet, teilt sich die Sorgen, die er vorher nicht hatte“ aufstellte und diese biologisch, psychologisch und juristisch untermauerte.

Dabei machte der ehrliche Charmeur immer wieder deutlich, dass dieser Slogan alles andere, als negativ zu verstehen ist. Denn, auch wenn Männer und Frauen sehr unterschiedlich sind, passen sie seiner Auffassung nach doch sehr gut zusammen. So mache das Zusammenleben nicht nur Spaß, sondern sei auch gesund.

Bei diesen Überlegungen ließ er es sich nicht nehmen, zu gestehen, dass er ziemlich gerne bereits 26 Jahre verheiratet ist. Wie wertvoll ihm eben diese Ehe ist, machte er mit einem ungewöhnlichen Vergleich sehr deutlich. Letztendlich ist sie ein langfristiges Projekt, das einem Schweizer Uhrwerk gleicht. Schleicht sich beim Zusammenbau ein Fehler ein, dann geht’s von vorne los, und das sei doch alles andere als langweilig.

Er, der sich selbst als den langsamsten Jogger am Rhein bezeichnet, weil er sich durchaus von einer Weinbergschnecke überholen lässt, schlüpfte nicht nur in diese unsportliche Rolle, sondern in viele, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Ob er nun als einstiger Trauzeuge anlässlich der Silberhochzeit eines Sauerländer Jubelpaares mit vielen Sprüchen gehörig in das Schmunzelfettnäpfchen trat, oder sich als Leiter des Standesamtes Westerstede als glühender Befürworter der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft entpuppte. Er wusste stets zu überzeugen. Auch zeigte er sich Hoffnungsfroh, dass der Ex-regierender Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, doch noch die Fertigstellung des Flughafens Berlin (BER) erleben könnte, weil Ehepartner länger leben, als Single.

Als Jurist warnte er davor,  zu heiraten, wenn man noch verliebt ist. „Denn wer verliebt ist, ist nicht voll geschäftsfähig“. Da die Ehe aber ein Vertrag ist, sollte man bei der Scheidung darauf hinweisen, dass man beim Ja-Wort total verliebt und somit bekloppt gewesen wäre.

Als Studiendirektor eines Gymnasiums, der von einer Kollegin als potentieller Ehemann ins Auge gefasst wurde, wusste er ebenso zu überzeugen. Nach dieser Erfahrung habe er sich auf die Suche nach einer Liebesgeschichte mit Happy End gemacht und sei dabei nur auf eine neunseitige Story von Astrid Lindgren gestoßen. Aber wer könne denn einer Frau glauben, die ein kleines Mädchen mit roten Zöpfen beschreibt, das ein Pferd stämmen kann?

Ebenso fantasievoll, und doch realistisch, schlüpfte er in die Rolle eines Jugendlichen, dabei half ihm nicht bloß die entsprechende Kleidung, sondern insbesondere der atemberaubende Umgang mit der „neuen“ Deutschen Sprache. Worte wie etwa „Toilettenabo“, „Denkbesteck“, „Kugelgrippe“, „Kopfgärtner“ und „Glockendisko“ sowie das um sie gestrickte Geschehen, sorgten für Beifallstürme und bekundeten dem Gast, dass er als Dolmetscher zwischen den Generationen fungieren könnte.
Auch als Disco-Jockey der besonderen Art könnte er Bühnen-Geschichte schreiben. Denn mittels spritziger Monologe und vielsagender Bewegung sowie eines zielsicheren Fingers entführte er in die Zeit, in welcher Dieter Thomas Heck jede Woche eine LKW-Ladung neuer Hits in die Wohnzimmer kippte.

Da die Halle nicht bloß einmal aufgrund der Beifallsstürme erbebte, ließ sich sich Bernd Stelter nicht lange bitten und kam zu einem wahren Zugaben-Reigen zurück auf die Bühne.

Hatte er schon zu Beginn das Gespräch mit einem Zuhörer geknüpft, suchte er es am Ende mit allen. Dabei gewährte er auch Einblicke in sein Karneval-Programm. Da werden elf kleine Italiener ebenso ihr Fett abbekommen wie der 1. FC Köln.
Und er nährte die Hoffnung, dass er 2018 wieder in Osterode gastieren könnte. Denn warum verriet er sonst, dass er mit einem Liederprogramm auf die neue Tournee gehen wird? Da wird er übrigens nicht von einem Kammerorchester, sondern von einem Kabuff-Orchester (zwei Musiker) begleitet werden.




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