Regionales / Harz

30.03.2024

Besucher aus dem hohen Norden wollten dicke Bäume fällen


Angehende Fachkräfte in nordeuropäischen Wäldern bilden sich fort in den Landesforsten. Arbeitslehrer Michael Sonderfeld (links) und Forstwirtschaftsmeister Rainer Weiss (Dritter v. rechts) gehören zum Trainerteam am Niedersächsischen Forstlichen Bildungszentrum

Das Erasmus + Austauschprogramm eröffnet skandinavischen Fachkräften die Wälder der Landesforsten

...Nds. Landesforsten

(Münchehof / Seesen) Sie kommen aus den skandinavischen Wäldern und kennen sich aus mit Kiefern und Birken oder vereinzelt mit Fichten. Die Niedersächsischen Landesforsten und die abwechslungsreichen Mischwälder rund um Münchehof am nordwestlichen Harzrand waren Neuland für die zwölf Gäste aus dem hohen Norden. Daheim lernen sie unterschiedliche Beruf als Fachkräfte im Wald.

Einige bereiten sich in Schweden auf das Studium der Forstwirtschaft vor und wollen später als Försterin oder Förster die Wälder betreuen. Andere werden in Finnland auf Spezialmaschinen ausgebildet. Sie fällen mit Hightech-Erntemaschinen Bäume im Minutentakt und navigieren vollbeladene Schlepper zum Holztransport über felsiges Gelände. Allen gemeinsam ist die Neugierde auf das Lernen im Ausland und der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen innerhalb von Europa. Und das Erasmus+ Programm der Europäischen Union bot ihnen jetzt diese Chance. Aus Schweden waren sieben junge Männer und eine Frau angereist, das Nachbarland hatte vier finnische Teilnehmer geschickt.

Zweiwöchiges Programm mit abwechslungsreichen Inhalten

Zwei Wochen lang war das Niedersächsische Forstliche Bildungszentrum (NFBz) in Münchehof Trainings- und Fortbildungsstätte, Heimat und Basisstation für Exkursionen und geselliges Beisammensein. Vom 11. bis 22. März erkundeten die jungen Auszubildenden südniedersächsische Wälder, lernten neue Arbeitsverfahren kennen und wurden an der Motorsäge ausgebildet. Einmal einen dicken Laubbaum fällen, das war ein besonderer Wunsch der Gäste aus dem hohen Norden. Die betreuenden Lehrkräfte und Ausbilder vom NFBz konnten ihn ebenso erfüllen wie viele andere Wünsche auch. Als Arbeitslehrer stellten Michael Sonderfeld und Jan Voppmann modernste Sicherheitstechniken vor, wie sie bei der Waldarbeit in den Landesforsten zum Standard gehören. Die Forstwirtschaftsmeister im Bildungszentrum, Lutz Möhring, Rainer Weiss und Steven Klapproth brachten den jungen Nordeuropäern die Motorsägenarbeit am unter Spannung liegenden Stamm bei. Hierbei nutzten sie den sogenannten Spannungssimulator, der für Lehrzwecke an der Schule zum Einsatz kommt.

Von der Baumernte bis zur Pflanzung und Saat

Weitere Inhalte des abwechslungsreichen Programms war die Pflege von Waldbeständen und die gefahrenvolle Ernte von Bäumen. Die Gäste erhielten Einblick in verschiedene Pflanzverfahren und machten sich ein Bild von der aktuellen Schadens- und Forstschutzsituation am Beispiel Harz. Auf anderen Exkursionen lernten sie den Nationalpark Harz kennen und die Naturschutzaufgaben der Landesforsten am Beispiel des Mittelwaldes bei Liebenburg oder der erfolgreichen Renaturierung eines Steinbruchs im Forstamt Seesen. Wie Forstleute ihre Eichenwälder im Forstamt Wolfenbüttel pflegen und welche Herausforderungen stadtnahe Wälder mit sich bringen, erfuhren sie in der dortigen Revierförsterei Lehre.

Der anspruchsvolle Umgang mit forstlichem Saat- und Vermehrungsgut war Thema eines Besuchs in der Forstsaatgut-Beratungsstelle Oerrel. Wie sorgfältig und aufwendig die Ernte, Aufbereitung und das Angebot von Forstsaatgut und -pflanzen in Niedersachen organisiert sind, sahen sie in der Servicestelle der Niedersächsischen Landesforsten in Oerrel in der Heide.

Im Forstamt Saupark stand die Buchenwirtschaft und Energieholzgewinnung auf dem Lehrplan. Und im Wisentgehege Springe ging es um die Bedeutung der Zuchttiere für die Arterhaltung der Wisente. Die Geschichte der Jagd und die Besonderheit des Sauparks waren Thermenschwerpunkte bei der Besichtigung des dortigen Jagdschlosses. Mit einem Besuch der Universitätsstadt Göttingen und seinem Botanischen Garten rundete die angehenden skandinavischen Fachkräfte ihr Programm ab.

Stefanie Morich von der Schulleitung des NFBz hat das Austauschprogramm nach der Corona-Pause wiederbelebt. „Das Bildungszentrum bietet das Erasmus–Programm seit 1998 an und unterstützt junge Menschen in den Landesforsten, die einen Gegenbesuch in den skandinavischen Partnereinrichtungen während ihrer Ausbildung anstreben. Wir freuen uns schon auf die nächste Erasmus-Gruppe, die im Herbst aus Polen zu uns nach Münchehof kommen wird“, kündigt die Forstfrau und stellvertretende Leiterin der Bildungseinrichtung an.

Hintergrund

Zu den Austauschschülern:

Die Schweden beenden im Sommer 2024 ihr Vorbereitungsjahr an der forstlichen Ausbildungsstätte "Naturbrukscentrum Stora Segerstad" in Reftele (Erasmus-Partner des NFBz) und gehen demnächst in die Praktikumsphase bei Unternehmern oder Waldbesitzern. Danach beginnen sie das forstliche Studium (Bachelor/Master). Mit dem Abschluss sind sie vielfältig verwendbar.

Die Finnen sind Schüler des forstlichen Colleges "Esedu" in Mikkeli (Erasmus-Partner des NFBz). Sie haben einen Vertrag mit finnischen Unternehmern und absolvieren in Mikkeli vorwiegend den theoretischen Ausbildungsteil sowie praktische Grundlagen als Forstmaschinenfahrer.

Zu Erasmus+

Erasmus+ soll lebenslanges Lernen fördern, nachhaltiges Wachstum ermöglichen, sozialen Zusammenhalt und die europäische Identität stärken sowie Innovationen vorantreiben. Im Zentrum des Programms stehen dabei die Themen Inklusion und Diversität, Digitalisierung, politische Bildung und Nachhaltigkeit, die eng miteinander verbunden sind.

Erasmus+ bietet Lernenden, wie zum Beispiel Auszubildenden und Berufs(fach)schülerinnen und -schülern, die Möglichkeit, in Europa Auslandsaufenthalte in Form eines Praktikums oder einer Fort- oder Weiterbildung zu absolvieren. Auch Personal, das im Unternehmen für die Ausbildung verantwortlich ist, oder Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen können eine Förderung erhalten. Im Programm Erasmus+ ist dies die Leitaktion 1: Die Lernmobilität für Einzelpersonen dient der persönlichen und fachlichen Weiterentwicklung und fördert die Internationalisierung unserer Berufsbildungslandschaft.

Die Förderung der europaweiten Zusammenarbeit in allen Bildungsbereichen ist ein wichtiges Anliegen der Europäischen Union. Das erfolgreiche EU-Programm Erasmus+ für Bildung, Jugend und Sport wird deshalb fortgeführt. Auf dem Weg zu einem gemeinsamen Europäischen Bildungsraum kommt dem Programm eine Schlüsselrolle zu. Zwischen 2021 und 2027 steht dazu ein Gesamtbudget von ca. 26 Milliarden Euro zur Verfügung.


Insgesamt zwölf schwedische und finnische Austauschschüler nahmen am zweiwöchigen Erasmus-Austauschprogramm teil.

 

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