Regionales / Gem. Bad Grund / Gittelde/Teichhütte

05.08.2017

Nach dem Glutjahr folgt das Flutjahr


Mit gleich zwei Hochwassern war das schwerste Katastrophenjahr in Gittelde das Jahr 1956. Im Juli fielen innerhalb von 24 Stunden 130 mm Niederschlag

In vergangenen Zeiten gab es auch in Gittelde immer wieder große Überfluten und Wetterkapriolen. Das schwerste Hochwasser soll den Aufzeichnungen nach im Jahr 1956 gewesen sein.

von Herma Niemann

Über den langanhaltenden Dauerregen, Überflutungen und deren verheerende Folgen Ende Juli wurde in den Medien umfangreich berichtet. Besonders Südniedersachsen war von den schweren und tagelangen Regenfällen stark getroffen. Aber auch im Flecken Gittelde waren die Freiwilligen Feuerwehren der Gemeinde Bad Grund unermüdlich im Dauereinsatz.

Die sonst so kleine und ruhig fließende Markau mit ihren vielen Zuflüssen zeigte sich teilweise als reißender Fluss, mit einer braunen, stinkenden Brühe. Doch dies war nicht das erste Mal, dass dieser kleine Bach mit seinen großen Wassermassen die Bewohner in Angst und Schrecken versetzte.

Bereits in früheren Zeiten gab es immer wieder große Überflutungen, die das Hab und Gut der Gittelder bedrohten, wie der Heimatchronist Bodo Biegling berichtet. In historischen Dokumenten ehemaliger Heimatchronisten hat Biegling Berichte oder Hinweise auf große Überschwemmungen und Unwetter gefunden.

Bereits 1659 berichtet der damalige Pastor Andreas Thomae in einem Dokument aus dem Kirchturmknopf der St. Mauritiuskirche von einem großen Hagelunwetter, bei dem alles im Lande verhagelt worden sei, so dass man weder Stroh noch Frucht bekommen konnte. „Es herrschte eine solche Not um das Stroh als Viehfutter, dass einige Hütten, Scheunen und Ställe abgedeckt werden mussten, damit das Vieh nicht verschmachtete“, heißt es in dem Dokument.

1911 schreibt der Chronist von einem „Glutjahr“. Es war ein Jahr von großer anhaltender Hitze und Dürre. Über ein Vierteljahr war kein Regen gefallen. Das Leitungswasser wurde rationiert und lief täglich nur wenige Stunden. Die Landwirte konnten ihre Ernte innerhalb kürzester Zeit einbringen. Das Getreide morgens gemäht und abends schon in die Scheune gebracht.

Diesem trockenen Jahr folgte 1912 ein „Flutjahr“, in dem von Mitte Juli bis Ende September fast täglich starker Regen fiel. Das Getreide konnte nicht geerntet werden. Ein schweres Gewitter mit Starksturm und Hagelschlag, das in den Gärten und auf den Feldern großen Schaden anrichtete, entlud sich. An vielen Häusern und an beiden Kirchen gingen Fensterscheiben und Dächer zu Bruch. Da viele Bewohner aus den Erträgen der Landwirtschaft lebten, herrschte eine große Not.

Von einem extremen Hochwasser der Markau wird aus dem Jahr 1946 berichtet. Nach einem schneearmen Winter und einem trockenen Januar setzten Anfang Februar starke tagelange Regenfälle ein, was zu einer Überflutung der Markau führte. Am 8. Februar erreichte das Hochwasser seinen Höchststand, so Biegling. Die Neustadt stand in ihrer gesamten Länge als reißender Fluss unter Wasser. Die Keller und Höfe der Anlieger waren überflutet, wie auch Teile der Neuen Straße, der Bahnhofsstraße und der gesamte Anger/Sportplatz. Die Molkerei musste ihre Tätigkeit einstellen, wie auch die Fassfabrik in Teichhütte.

Zwischen Gittelde und Teichhütte war der Markaudamm an zehn Stellen gebrochen. Die riesigen Hochwassermassen und das Wasser des Ernst- August- Stollens ergossen sich in den 68 Morgen großen Hütteteich, der sich wie in alten Zeiten zu einem großen See verwandelte. 1950 erfolgte ein Ausbau und die Verstärkung des Markaudamms auf einer Länge von 450 Metern entlang der Verbindungsstraße zwischen Gittelde und Teichhütte.

Als weiteres Katastrophenjahr könne das Jahr 1956 eingestuft werden, wie der Heimatchronist recherchierte. In diesem Jahr hat die Markau gleich zwei große Hochwasser gebracht. Im Frühjahr standen wieder weite Teile der Neustadt und des Unterdorfes unter Wasser. Entstanden war dieses Hochwasser nach einer langen Frostperiode, einsetzendem Tauwetter und starken Regenfällen. Das zweite Hochwasser stellte jedoch alle vorausgegangenen Überschwemmungen in den Schatten. Innerhalb kürzester Zeit vielen enorme Niederschlagsmengen, die doppelt so hoch wie der Jahresdurchschnitt waren. Der regenreichste Tag war der 14. Juli mit 130 mm Niederschlag innerhalb von 24 Stunden. Dies soll in Gittelde das schwerste Sommerhochwasser seit der Jahrhundertwende gewesen sein.

Bei all diesen Ereignissen war auch immer wieder die Gittelder Feuerwehr im Dauereinsatz und wurde in den Berichten wohlwollend gelobt. Das Lob sollte in diesen Tagen allen Berufs- und Freiwilligen Feuerwehren, sowie auch dem Technischen Hilfswerk und allen Bürgern, die großartige Nachbarschaftshilfe leisten, gelten.
hn

Niederschlagsmessung
Der Niederschlag wird in mm angegeben. Zur Niederschlagsmessung wird ein Röhrchen, ähnlich einem Reagenzglas, verwendet, in das Regenwasser fällt. Anschließend wird die Höhe der Wassersäule in diesem Rohr gemessen und wird umgerechnet. Pro Millimeter Wasserhöhe ist ein Liter pro Quadratmeter Bodenfläche gefallen.

BU

1 Extremes Hochwasser der Markau im Jahr 1946: nach einem schneearmen Winter und einem trockenen Januar setzten im Februar starke Regenfälle ein (Foto: Archiv Bodo Biegling).

2 Mit gleich zwei Hochwassern war das schwerste Katastrophenjahr in Gittelde das Jahr 1956. Im Juli fielen innerhalb von 24 Stunden 130 mm Niederschlag (Foto: Archiv Bodo Biegling).

3 Nach tagelangem Dauerregen im Juli trat die Markau am Sportplatz in Gittelde über die Ufer (Foto: Herma Niemann).

4 Die sonst so kleine und ruhige Markau entwickelte sich teilweise zu einem reißenden Fluss (Foto: Herma Niemann).

5 Bei der Firma Obermann in Teichhütte schoss die Markau mit einer braunen, stinkenden Brühe als heftiger Wasserfall auf das Gelände (Foto: Herma Niemann).


Extremes Hochwasser der Markau im Jahr 1946: nach einem schneearmen Winter und einem trockenen Januar setzten im Februar starke Regenfälle ein

Nach tagelangem Dauerregen im Juli trat die Markau am Sportplatz in Gittelde über die Ufer

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:


Die sonst so kleine und ruhige Markau entwickelte sich teilweise zu einem reißenden Fluss

Bei der Firma Obermann in Teichhütte schoss die Markau mit einer braunen, stinkenden Brühe als heftiger Wasserfall auf das Gelände

 

Anzeige