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02.05.2023

800 Jahre Stadtrecht Osterode am Harz


1 Pfalzgraf Heinrich und seine Gemahlin Agnes, Detail eines Deckengemäldes im Kloster Wienhausen

Youtube-Video informiert über das geschichtsträchtige Ereignis

...Stadt Osterode am Harz

Anlässlich der Feiern zum 800-jährigen Stadtrechtsjubiläum in der Zeit vom 19. bis zum 21. Mai informiert der Osteroder Stadtarchivar Ekkehard Eder auf dem Youtube-Kanal „Geschichte Osterode am Harz“ über das wohl bedeutsamste Ereignis in der mehr als 800-jährigen Geschichte der Stadt am südwestlichen Harzrand.

Eder beschreibt zunächst die Hintergründe und politischen sowie wirtschaftlichen Zusammenhänge einer Stadtrechtsverleihung durch den Landesherrn im Mittelalter des 13. Jahrhunderts. Es schließen sich Erläuterungen zu den mit dem Stadtrecht einhergehenden Befugnissen zum Bürgertum, zur Gerichtsbarkeit, aber auch der Einflussnahme des Landesherrn auf die Stadtentwicklung im ausgehenden Mittelalter an. Die nachfolgende Zusammenfassung des Vortrages macht neugierig auf den rund fünfzigminütigen Vortrag des Osteroder Stadtarchivars.

Der Welfe Pfalzgraf Heinrich, der vor 800 Jahren u. a. die Gebiete am südwestlichen Harzrand beherrschte, verlieh Osterode am Harz die Stadtrechte. Die Ausstattung eines Ortes mit einem Stadtprivileg und die Gewährung einer gewissen Autonomie setzte Prozesse in Gang, von denen nicht nur die neue Stadt selbst, sondern auch ihr Umfeld profitierten. Mit der Gründung einer Stadt förderte der Landesherr somit die Entwicklung seines Herrschaftsbereichs und stärkte insbesondere Handel und Gewerbe. Die Gewährung der städtischen Freiheiten stellte eine wesentliche Grundlage für den Aufstieg der Stadt zum Zentrum der Region dar.

Die Stadt im Mittelalter unterschied sich von ihrem Umland vor allem durch ihr besonderes Recht. Neben dem Stadtrechtsprivileg gehörten aber auch noch weitere Merkmale zu einer Stadt: So werden Bürger und Rat genannt. Eine eigene städtische Gerichtsbarkeit spricht Recht. Die Stadt führt ein eigenes Siegel. Es gibt eine Stadtbefestigung und eine Pfarrkirche. Ein Markt dient dem Handel. In einer Münzprägestätte wird Geld hergestellt und das Gemeinwesen ist zur Erhebung von Zoll berechtigt. Osterode am Harz konnte all diese Stadtmerkmale in einem relativ kurzen Zeitraum in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erwerben. Dies macht deutlich, dass die Stadtwerdung bis etwa 1240 erfolgreich abgeschlossen werden konnte.

Bürgermeister und Rat lenkten als zentrale Verfassungs- und Verwaltungsinstitutionen die Geschicke der Stadt Osterode am Harz. Sie verwalteten das städtische Vermögen und konnten Verordnungen erlassen. Darüber hinaus übten sie auch die Gerichtsbarkeit aus. Somit vereinte der Rat – lange bevor es eine Gewaltenteilung gab – sowohl exekutive, legislative und auch judikative Befugnisse in seiner Hand. Neben der Verwaltung der innerstädtischen Angelegenheiten oblagen Bürgermeister und Rat auch die Vertretung der Stadt nach außen, z. B. gegenüber den Herzögen und kirchlichen Einrichtungen oder auch gegenüber anderen Städten.

Im Zuge von Erbteilungen innerhalb des Welfenhauses entstand 1291 das Fürstentum Grubenhagen, in dem auch die Stadt Osterode am Harz lag. Herzog Heinrich dem Wunderlichen war dieses Fürstentum Grubenhagen zugefallen, auf ihn geht auch die Zuordnung der Stadt Osterode am Harz zum Goslarer Stadtrechtskreis im Jahr 1293 zurück. Etwa 70 Jahre nachdem Osterode am Harz erste städtische Rechte erhalten hatte, wurde damit das Stadtrecht erweitert und auf eine neue Grundlage gestellt. Die Übertragung des Goslarer Stadtrechts auf Osterode am Harz ist wohl im Zusammenhang mit einer damals bereits bestehenden engen wirtschaftlichen Verflechtung der beiden Orte zu sehen.

Die Herzöge von Braunschweig-Grubenhagen beherrschten nur ein relativ kleines Territorium, dessen Erträge begrenzt blieben. Doch standen die Ausgaben der Herzöge häufig in keinem angemessenen Verhältnis zu ihren überschaubaren Einkünften. Diese finanziellen Schwierigkeiten der Landesherren und die daraus resultierende Schwäche der Herzöge konnten die Osteroder geschickt für sich nutzen, um ihre städtischen Freiheiten zu erweitern. So gelang es ihnen, einen relativ großen Handlungsspielraum gegenüber den Fürsten zu erlangen.

Doch traten ab Ende des 15. Jahrhunderts innerhalb der Osteroder Einwohnerschaft vermehrt Spannungen auf, die teils soziale Ursachen hatten, teils auch durch die mangelnde Repräsentation großer Bevölkerungsgruppen verursacht wurden. Teile der Einwohnerschaft, die in Opposition zum Rat standen, organisierten sich und forderten mehr Mitspracherechte. Doch konnte auch die Einführung des Viermannenamts 1492 die Konflikte auf Dauer nicht befrieden. Die innerstädtischen Auseinandersetzungen gipfelten 1510 in der Ermordung des Osteroder Bürgermeisters Heiso Freienhagen durch einen aufgebrachten Mob.

Herzog Philipp I. von Braunschweig-Grubenhagen nutzte diese Tat, um die städtischen Freiheiten erheblich einzuschränken und forderte darüber hinaus auch noch umfangreiche Sühneleistungen und Strafzahlungen von den Osterodern. Einige Jahre später wurde – nach weiteren Unruhen in der Stadt – das Amt des Schultheißen in Osterode am Harz eingeführt. Dieser Schultheiß war ein vom Landesherrn eingesetzter Beamter, der mit umfangreichen Befugnissen gegenüber der Stadt ausgestattet wurde und die Tätigkeit des Stadtrates kontrollierte.


Siegel des Pfalzgrafen Heinrich

Die von Herzog Otto das Kind ausgestellte Urkunde erwähnt die durch Pfalzgraf Heinrich erfolgte Verleihung der Stadtrechte an Osterode am Harz

Großes Siegel der Stadt Osterode am Harz

Partie an der Stadtmauer mit Sonnenturm und Pulverturm

Titelblatt der Osteroder Stadtstatuten von 1584/1590

Grabplatte des Herzog Philipp I. von Braunschweig-Grubenhagen in der St. Aegidien-Marktkirche in Osterode am Harz

 

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