Panorama

10.01.2023

Revolution im Iran: Gemeinsam gegen das Mullah-Regime


Mitwirkende des Göttinger Yalda-Abends in den Räumen der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde

Gedenk- und Solidaritätsaktionen sollen das iranische Volk in ihrem Freiheitskampf unterstützen.

von Ralf Gießler

Region) Nach dem tragischen Tod der jungen kurdischen Iranerin Jina Mahsa Amini im Polizeigewahrsam, hat sich der Protest gegen Irans Mullah-Diktatur zu einer revolutionären Bewegung entwickelt. Unter dem Motto „Frau - Leben - Freiheit“ führen Frauen, Studenten und viele weitere Menschen einen tapferen Kampf gegen die Obrigkeit. Etliche Veranstaltungen und Demonstrationen im Iran selbst sowie weltweit unterstützen den immer lauter werdenden Ruf nach Freiheit.

Auch das iranische Yalda-Fest - traditionell in der längsten Nacht des Jahres begangen (wir berichteten) - stand beispielsweise in Göttingen ganz im Zeichen der andauernden Revolution gegen das herrschende Regime. In den Räumen der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde solidarisierten sich Iranischstämmige und weitere Gäste mit den Demonstrierenden im Iran und gedachten der Getöteten. So zum Beispiel an Mohsen Shekari, der am 08. Dezember hingerichtet wurde. Er war das erste Opfer der Revolution, bei dem das Todesurteil vollzogen wurde. Sein „Verbrechen“ bestand lediglich aus einer Straßenblockierung. Oder an Majidreza Rahnavard, der wenige Tage nach seiner Verhaftung auf Anordnung der Justiz sowie durch das Urteil des Revolutionsgerichts von Mashhad öffentlich am 12. Dezember hingerichtet wurde. Sein „Vergehen“ war seine Teilnahme an regierungskritischen Protesten.

Seit dem 17. September 2022 steigen die Opferzahlen kontinuierlich. Laut Statistik vom 19. Dezember belaufen sich diese bei Demonstranten auf 503 Personen, getötete Kinder auf 69. 18.452 Menschen seien in Haft. Aber auch die Anzahl der Proteste (1.192), involvierter Städte (161) und Universitäten (144) wachse. Verschiedene Vorschläge, wie man von Deutschland aus die Revolution im Iran unterstützen könne, wurden erörtert: So könne man mittels Spenden Menschen beim Streiken unterstützen und Kautionen für Gefangene stellen. Auch die Übernahme von Patenschaften für Inhaftierte seitens deutscher Politiker könne gegebenenfalls hilfreich sein, um weitere Hinrichtungen zu vermeiden.

Ein anderes probates und zudem einfach umsetzbares Mittel sei das Teilen von Nachrichten auf sozialen Medienplattformen, um so ständig auf die dramatische Menschenrechtssituation vor Ort aufmerksam zu machen. Denn eines war den Organisatoren der Göttinger Yalda-Nacht ganz wichtig zu erwähnen: „Die islamische Republik Iran versucht, das eigene Volk zu unterdrücken, um ihm die Hoffnung zu nehmen. Wir lassen jedoch nicht zu, dass das Mullah-Regime unsere Traditionen, unser Volk zerstört. Seit Monaten stehen wir im Widerstand. Es ist keine Demonstration mehr, es ist eine Revolution!“

Wie wichtig soziale Medien sein können, zeigen jüngste Beispiele: Zahlreiche Menschen sollen gegen die bevorstehende Hinrichtung zweier junger Männer protestiert haben. Prominente Aktivisten und Nutzer sozialer Medien berichteten in der Nacht zum vergangenen Montag über Menschenmengen, die sich vor einem Gefängnis in der Nähe Teherans versammelten, um für Mohammed Ghobadlou (22 Jahre alt) und Mohammed Broghani (19 Jahre alt) zu demonstrieren. Zuvor hatten Nutzer von Online-Medien gemeldet, dass deren Exekution unmittelbar bevorstehe. Zwischenzeitlich sollen drei Weitere in erster Instanz zum Tode verurteilt worden sein. Als Gründe werde „ihr Krieg gegen Gott“ angegeben.

Ganz neu ist hierzulande eine Aktion, die kurz vor Weihnachten von ParsiMed ins Leben gerufen worden ist. Hinter ParsiMed verbirgt sich das unabhängige demokratische Forum für Heilberufler iranischer Herkunft in Deutschland. An jedem Mittwoch solle durch das Tragen einer schwarzen Armbinde ein solidarisches Zeichen gesetzt werden: „Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass wir uns an der Seite der Menschen im Iran sehen, die seit dem Tod von Jina Mahsa Amini am 16.09.22 für ihre Freiheit und für die universell geltenden Menschenrechte einstehen. Wir möchten uns daher jeden Mittwoch mit dem Tragen der schwarzen Armbinde oder eines schwarzen Armbandes mit den Demonstrierenden und unseren Kolleginnen und Kollegen solidarisieren und fordern den sofortigen Stopp der Hinrichtungen sowie der sonstigen menschenverachtenden Gewalttaten durch das iranische Regime. 

Wir laden herzlich dazu ein, die Stimme der Menschen im Iran zu sein und sich unserer wöchentlichen Aktion anzuschließen! Demokratie stirbt in der Dunkelheit. Bringen Sie durch Ihre Stimme, durch die Teilnahme an Solidaritätsbekundungen oder durch Ihre Unterschrift bei Petitionen, Licht in die Dunkelheit. Denn Menschenrechte sind ein hohes Gut unserer Gesellschaft!“ 

Die Mittwochsaktion findet bundesweit in verschiedenen Städten, unter anderem in Berlin, Düsseldorf, Essen, Göttingen, Hannoversch-Münden, Köln, Stuttgart sowie in Ludwigsburg, statt. Die Resonanz sei bisher sehr positiv, so die Organisatoren: „Es schließen sich immer mehr Kolleginnen und Kollegen unserer Aktion an. Sowohl in Deutschland als auch in anderen europäischen Ländern. Auch ist die Reaktion von Patientinnen und Patienten positiv: Sie zeigen ihr Mitgefühl und begrüßen die Solidarität mit den Menschen im Iran, die weiterhin täglich für ihre Freiheit kämpfen.“

Nach vorliegenden Informationen ist trotz des positiven Feedbacks noch etwas Werbung für die Armbindenaktion nötig. So teilte Jana Schildknecht für die Helios Klinik Herzberg/Osterode mit: „Bislang ist uns nicht bekannt, dass sich unsere Mitarbeitenden an dieser Aktion beteiligt haben.“ Und auch Bettina Bulle, Universitätsmedizin Göttingen, erklärte dazu: „An der Universitätsmedizin Göttingen sind keine Initiativen im Zusammenhang mit der angesprochenen Aktion bekannt.“

Wer sich über Veranstaltungen/Aktionen informieren möchte, kann über die E-Mailadresse aerzteproteste@gmail.com oder unter www.instagram.com in Kontakt mit dem Forum ParsiMed treten. Die Armbinde ist bestellbar unter der E-Mailadresse info@copyshopkoeln.de.


Im Rahmen der Göttinger Yalda-Nacht konnte man Kerzen für die Opfer der iranischen Revolution anzünden. Die Nacht stand unter dem Motto 'Dieses Jahr haben wir keine Yalda'

Eines der Todesopfer namens Yalda Aghafazli

Armbinde, die während der Mittwochsaktion getragen wird

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