Kultur / Federkiel

25.12.2022

Damals: Weihnachtszeit in Förste


Helga Häusler erinnert sich:

Es weihnachtet sehr und all über all schniefen und husten die Menschen in diesem Jahr um die Wette. Früher hatte ich als kleines Kind oft eine Mandelentzündung oder Erkältung. Da halfen bereits Hausmittel oder Lutschbonbons aus Paul Mintes Drogerie. Als Kind war man sich ganz sicher, dass allein damit alles wieder gut werden würde. 

Der Blick zurück ist daher viel unbeschwerter. In meinen Kindheitstagen waren alle Schaufenster im Ort weihnachtlich geschmückt. Ein großer Tannenbaum stand vorm Lehrerwohnhaus, der ehemaligen Schule. Glanzpunkt der Vorfreude auf Weihnachten war das Schaufenster von Karl Kühne. Dort war stets eine Modelleisenbahnanlage aufgebaut. Der fahrende Zug brachte nicht nur Kinderaugen zum Leuchten. Kühne war schlechthin das Haus der Geschenke. Vor allem in der Weihnachtszeit. Die Verkäuferinnen waren jedem bekannt. In nahezu familiärer Atmosphäre  fühlte sich jeder wohl und gut aufgehoben. Trotz der vielen Kunden im Laden fanden natürlich auch private Gespräche statt. Ja, man hörte einander  noch zu! Das Tüpfelchen auf dem „i“ war das liebevolle Einpacken der Geschenke in weihnachtliches Geschenkpapier.

Das festlich  dekorierte Schaufenster vom Textilgeschäft „Otto Oppermann“ war ebenfalls Lichtblick und erleuchtete die dunkle, kalte Zeit. Mit kalten Füßen und roter Nase standen die Leute davor und liebäugelten mit all den hübschen modischen Sachen. Man überlegte, was man sich finanziell leisten könnte und zählte insgeheim sein Geld. Zum Glück konnte man ja auch „abstottern“. Alle Leute im Ort schätzten Oppermanns ruhige Art. Und man wusste, dass man auch noch am späten Heiligabend anklopfen konnte.  

Auch das kleine, weihnachtlich geschmückte Schaufenster von Weitemeyers Kiosk war ein Anziehungspunkt. Hauptsächlich für Kinder. Wir drückten uns wegen der vielen schönen Kinderbücher und den tollen Spielen die Nasen platt. Weihnachtlich geschmückte Häuser, bzw. Fenster waren damals unüblich. Wenn man dort vorbei ging, wusste man,  hier  wohnen Menschen, die man kannte und denen man auf die eine oder andere Art und Weise verbunden war. 

Weihnachten und Kirche 
In der Kirche waren die Weihnachtsbäume mit Wachskerzen und Lametta geschmückt. Es war vorteilhaft, wenn man warm angezogen erschien, Denn die Sitzflächen der Bänke waren eiskalt. Die Kirche war meistens so voller Menschen, daß oft noch weitere Sitzbänke aufgestellt werden mussten. Trotz der „vollen Kirche“ war es vorm Gottesdienstbeginn sehr still. Außer leisem Flüstern oder verlegenen Räuspern war kein Laut zu hören. Auch nicht von den Kindern. Die Menschen waren in sich gekehrt, in feierlicher Erwartung. Sie waren sich des besonderen Festes „Weihnachten“ bewusst.  Wohl respektierte man dadurch auch die Würde des Ortes und den Auftritt des Pastors, der aus der Sakristei den Altarraum betrat.  

Krippenspiel
Jedes Jahr wartete man mit Spannung auf das Krippenspiel, welches stets von den Konfirmanden und Vorkonfirmanden vorgeführt wurde. Ich erinnere mich noch heute gern an das Krippenspiel, das einem Musical glich. Die Rolle des Josef spielte, bzw. sang Pastor Martini. Seine Tochter Elisabeth und die Lehrertochter Annette Specht wechselten sich in der Rolle der Maria ab. Gerhard Blume verkörperte die Figur des hartherzigen Wirtes der Herberge.  Helga Sohns sprach als Verkündigungsengel von der Empore über den Altar die berühmten Sätze über die Geburt des Kindes. Auf jeder Stufe des Treppenaufgangs stand ein Engel mit einer brennenden Kerze.   

Geschenke am Heiligen Abend 
Die Geschenke fielen damals nicht üppig aus. Oft gab es „Nützliches“, z. B. „Selbstgestricktes“. Die „Puppenstuben“ und Puppenkarren“ wurden selbst angefertigt. Die Puppenkleider selbstverständlich auch, ebenfalls der Bauernhof für die kleinen Jungs.

Am späteren Heiligabend wurde das Haus nicht mehr verlassen. Die gesamte Familie  saß weiterhin zusammen am Tannenbaum, sang Weihnachtslieder und erzählte aus früheren Zeiten. Selbst auf uns Kinder hatte diese friedfertige Stimmung einen guten Einfluss. An diesem Abend stritten wir uns nie.  

Glockenläuten
Damals in den ersten Nachkriegsjahren lauschte die ganze Familie andächtig dem im Radio übertragenen  Glockengeläut der bekanntesten Kirchen und Dome, auch von  jenen,  die jenseits der damaligen Zonengrenze lagen.  Ich erinnere mich noch heute gern an das „Glockenläuten“ aus  Städten wie Görlitz, Dresden, Hamburg, oder Köln. Für viele Heimatvertriebene und Flüchtlinge erschien es wie ein Wunder auch die Glocken aus ihren Städten zu hören. Für sie war es ein Zeichen der Verbundenheit und ein wenig Hoffnung auf ein Wiedersehen ihrer Heimat. 

Essen 
Zum Essen ins Restaurant oder in eine Gaststätte an den Feiertagen? Undenkbar! Gegessen wurde zu Hause. Weihnachten war ein Familienfest, welches daheim begangen wurde. Mit der Zeit hat sich viel verändert. Auch wir haben uns verändert. Aber dennoch ist die Weihnachtszeit für viele eine Zeit der inneren Einkehr geblieben.


Karge Geschenke gerieten zur Nebensache. Der glitzernde Baum war viel interessanter

Früher war mehr Lametta! Lametta und echte brennende Wachskerzen weckten die kindliche Neugierde

Upps! Nicht böse sein. Ich habe doch nur gefragt, ob es noch mehr als nur das Holzpferdchen gibt

Posieren fürs Weihnachtsmannfoto. ....was tut man nicht alles für Geschenke

Das kostbarste Weihnachtsgeschenk war ein Schlitten, der anschließend sofort In der Nienstedter Pfarrwiese benutzt werden konnte

 

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