Regionales / SG Hattorf / Wulften
17.07.2017
Lykka vertraut in Wulften einem gelben Bademantel
von Petra Bordfeld
Die einen freuen sich, dass der Weihnachtsmann Verstärkung erhalten wird, die anderen wundern sich darüber, dass Barbara Küppers seit dem Wonnemonat Mai zu ungewöhnlichen Zeiten und an ebenso ungewöhnlichen Plätzen auf dem Pony Hof Wulften einen gelben Bademantel sowie eine recht große Milchflasche trägt.
Im Mittelpunkt dieser beiden recht gegensätzlichen Feststellungen steht „Lykka“, seines Zeichens ein Rentierbulle, der am 18. Mai das Licht der Welt im „Arche Parks“ auf eben diesem Pony Hof erblickte. Bis es aber soweit war, hatte er einen sehr schweren Weg vor sich, denn sein Körper wollte nicht den beiden vorderen Beinen reibungslos folgen, weil er statt der üblichen viereinhalb Kilogramm siebeneinhalb Kilo auf die Waage brchte. Barbara Küppers und der Tierarzt ihres Vertrauens hatten als Geburtshelfer auch die Klinik „Kleine Klauentiere“ in Hannover per Telefon hinzugezogen. Gemeinsam gelang es ihnen, den kleinen Kerl auf die Welt zu holen, doch seine Mutter „Girlie“, die ein großer Rentierstar war, überlebte diesen Kampf ums Überleben leider nicht.
Diese schreckliche Tatsache sollte aber nicht auch für „Lykka“ den Tod bedeuten, auch wenn der anfangs anderer Meinung, als die Menschen war und keine Ersatzmilch anrührte. Denn Barbara Küppers wollte nicht aufgeben und machte sich immer wieder alle zwei Stunden auf den Weg zu dem vierbeinigen Säugling. Da es in der einen Mai-Nacht nicht gerade warm war, streifte sie sich schnell ihren gelben Fließ-Bademantel über und machte sich auf den Weg zu dem Kälbchen. Das spürte per Zufall eben diesen Mantel und kuschelte sich in das vermeintliche Mutterfell hinein. Dabei entdeckte es die ein wenig in den Mantel „verwickelte“ Milchflasche. Diese ins Maul nehmen und binnen zwei Minuten zu leeren, schloss sich umgehend an.
Dieses doppelte Glück für Mensch und Tier sollte zum Alltag werden. Denn ohne Bademantel verweigert der kleine Kerl noch heute die Nahrungsaufnahme. Als er aufgrund von Verdauungsstörungen in die Klinik „Kleine Klauentiere“ gebracht wurde, sollte sich herausstellen, dass der Bademantel auch dort gebraucht wurde. „Glücklicherweise habe ich den Mantel in Gedanken ins Auto gelegt, und der Weg von Klinik zu Mantel war nicht sehr weit,“ so Barbara Küppers, die anfänglich alle zwei Stunden das gute Stück übergestreift hatte, dann alle drei Stunden und mittlerweile „nur“ noch alle vier Stunden. Nachts gibt es mittlerweile keine Milch mehr.
Die Überlebenshilfe mittels Bademantel und Milchflasche hat aber nicht dazu geführt, dass „Lykka“ der übrigens bereits 20 Kilo wiegt, der Rentier-Herde entzogen wurde. „Er soll die Beziehung zu seinen Artgenossen nicht verlieren“. Dass das die richtige Entscheidung war, ist allein daran zu sehen, dass „Sky“ gerne die Rolle der Tante übernommen hat, und die anderen erwachsenen Tiere lassen den Neuzuwachs in Ruhe, was dessen Selbstbewusstsein übrigens sehr gut tut.
Barbra Küppers erinnert sich gerne daran, wenn der kleine Kerl einen ordentlichen Haufen fallen lässt, dass sie noch mit schwedischen Zuchtkollegen telefoniert hat, weil „Lykka“ auch nach dem Klinikaufenthalt darmmäßig noch nicht richtig fit war. Was sie da zu hören bekam, ließ nicht bloß sie, sondern auch die Fachleute in Hannover staunen: Sahne, die sonst bestimmt nicht als „Festigungsmittel“ des Stuhlganges eingesetzt wird, sollte bei Rentieren helfen. Da Probieren oftmals über Studieren geht, nahm Barbara Küppers diesen schwedischen Rat, und der sollte sich als völlig richtig erweisen.
„Ich habe den Jungen den richtigen Namen gegeben“, so die Frau, die sich nicht „nur“ mit dem Pony Hof, sondern auch mit alle ihren Tieren, welche sich nicht ausnahmslos im „Arche Park“ bewegen, einen Namen gemacht hat. Denn „Lykka“ ist schwedisch und heißt übersetzt „Glück“. Um eben das nicht zu gefährden, wird sie den Bademantel aber wohl frühestens in zwei Monaten an den Nagel hängen, dann wird das Rentierkalb sich vollends auf feste Nahrung, welcher es schon jetzt sehr positiv das Maul entgegenstreckt, eingestellt haben.
