Kultur / Rezensionen

04.12.2021

Hilfeschreie zu Gott angesichts einer tödlichen Krankheit


Lesetipps zur Adventszeit: Philipp Mickenbecker – Meine Real Life Story und die Sache mit Gott 

...KKHL  Christian Dolle

Für die Adventszeit haben wir uns in diesem Jahr vorgenommen, vier Bücher vorzustellen, die mehr oder weniger mit Kirche, Glauben und Gott zu tun haben. Sozusagen für jede Kerze auf dem Adventskranz eines, vielleicht ja auch Geschenktipps für Weihnachten, vielleicht einfach als Inspiration. Heute folgt der zweite Titel der Serie: „Meine Real Life Story und die Sache mit Gott“ von Philipp Mickenbecker.

Unter dem Titel „The Real Life Guys“ betrieb Philipp Mickenbecker gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Johannes einen Youtubekanal mit 1,43 Abonnenten. Dort bauten sie unter anderem ein dreistöckiges Baumhaus, ein U-Boot aus einer Badewanne oder eine Seilbahn über einen alten Steinbruch. Im Juni dieses Jahres verstarb Philipp an Krebs – mit gerade einmal 23 Jahren. 

Die Krebserkrankung begleitete ihn über viele Jahre, bremste seine verrückten Ideen und überhaupt sein gesamtes Leben immer wieder aus und ließ ihn immer wieder mal an Gott zweifeln oder auf ihn hoffen. Über dieses Verhältnis zum Glauben angesichts einer schweren Erkrankung hat Philipp Mickenbecker ein Buch geschrieben oder vielmehr seine Tagebücher, die er über die Jahre führte zu einem Buch ausgearbeitet. 

Er erzählt darin sehr persönlich seine Lebensgeschichte, beginnt mit jener Zeit, in der er und sein Bruder von den streng gläubigen Eltern zuhause unterrichtet werden und erst nach einigen Jahren auf eine christliche Schule wechseln. Schon da fällt es den beiden Jungs schwer, sich anzupassen, Regeln zu befolgen, die sie nicht einsehen. Sie fliegen von der Schule, wechseln auf eine andere, haben keine Probleme mit dem Lernen, wohl aber mit dem System, aus dem sie immer wieder auszubrechen versuchen. 

Ebenso beschreibt Philipp, wie er mit dem Glauben seiner Eltern hadert, vieles immer wieder hinterfragt, selbst keine Beziehung zu Gott aufbauen kann. Das gelingt ihm erst als er an Krebs erkrankt, komplett aus der Bahn geworfen wird und nun anfängt, nach dem Warum, nach größeren Zusammenhängen zu fragen. Er bittet Gott, ihm beizustehen, liest vieles in der Bibel, was er unmittelbar auf sich bezieht. 

Das jedoch passiert vor allem in langen, einsamen Nächten im Krankenhaus, als es ihm später wieder besser geht, stürzt er sich voll ins Leben, insbesondere in jene Abenteuer, die er und sein Bruder für Youtube filmen und mit denen sie zahlreiche andere Jugendliche erreichen. Nach wie vor weigern sie sich in vielem, sich anzupassen, ziehen kompromisslos ihr Ding durch. Diesmal mit Erfolg. Gott, so schreibt er, habe er in dieser Zeit so gut wie vergessen. 

„Am meisten gestört hab ich mich an den Christen, die mich mit ihrem Leben einfach nicht überzeugen konnten“, schreibt er an einer Stelle, „Ich kannte ja die ganzen Versprechen aus der Bibel und hab überall vergeblich nach erfüllten, glücklichen Menschen gesucht, die einander lieben und ein Licht in der Welt sind. Stattdessen begegneten mir Besserwisser und Spaßbremsen, Verklemmte und Vorschriftenpolizisten, die sich selbst und anderen das Leben schwer machten.“

Die Zeit der Unbeschwertheit währt für ihn nicht lange. Der Krebs kommt zurück und wieder fragt er in dieser hilflosen Situation nach Gott. Diesmal intensiver, diesmal mit der klaren Entscheidung, auf ihn zu bauen, ihm zu vertrauen, sein Leben in seine Hände zu legen. 

Das Buch endet nachdenklich, aber zuversichtlich. Vor allem aber ist es eine intensive Beschreibung eines jungen Menschen und seinen Erfahrungen mit Gott. Es sind Hilfeschreie angesichts einer tödlichen Krankheit, es sind Zweifel, die wohl jeder hat, es ist eine Lebensgeschichte, die kaum emotionaler und trauriger sein könnte, an deren Ende aber die Hoffnung steht. 

Sogar wortwörtlich, denn im letzten Kapitel beschreibt Philipp ein Bild, das er in seinem Zimmer, an die Wand malte. Es zeigt einen Adler und dazu den Spruch: „Aber alle, die ihre Hoffnung auf den Herrn setzen, bekommen neue Kraft. Sie sind wie Adler, deren mächtige Schwingen wachsen. (Jesaja 40,31)“

 

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