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21.09.2021

„Auf den Spuren des Alten Mannes“


Prof. Dr. Wilfried Ließmann hielt einen kurzweiligen Fachvortrag zum Altbergbau am Iberg/Winterberg

Prof. Dr. Wilfried Ließmann von der TU Clausthal referierte im Höhlenerlebniszentrum über den Altbergbau am Iberg

von Herma Niemann

Im Rahmen der Schauhöhlenwoche im Internationalen Jahr von Höhlen und Karst, war am vergangenen Freitag Prof. Dr. Wilfried Ließmann von der TU Clausthal im Höhlenerlebniszentrum Iberger Tropfsteinhöhle (HEZ) zu Gast. Ließmann ist seit vielen Jahren ein treuer Begleiter des HEZ, wie die Leiterin, Ortrud Krause in der Einführung betonte.

In seinem Vortrag „Geologie, Lagerstätten und Bergbau – Eisenreicher Iberg“ bot Ließmann einen Einblick „auf den Spuren des Alten Mannes“ im jahrhundertealten Bergbau rund um die Bergstadt Bad Grund. Der Bergbau am Iberg/Winterberg reicht bis ins Mittelalter zurück. Dabei gelte der Silbernaler-Gangzug am Südrand des Ibergs als neueste, beziehungsweise jüngste Lagerstätte. Der Iberg ist ein großes Korallen- und Algenriff, das im ehemaligen devonischen Meer entstanden ist. Die Lebewesen, die das Riff aufbauten, und die Riffbewohner können heute noch in Form zahlreicher Versteinerungen in den Kalkgesteinen beobachtet werden. Es sind vor allem Einzelkorallen und Korallenstöcke (zum Beispiel Phillipsastrea) sowie Stromatoporen (Meerestiere, die man den Schwämmen zuordnet) und Kalkalgen. Aber auch Goniatiten (tintenfischähnliche Meeresbewohner).

Rund um Bad Grund bestünden die mineralischen Vorkommen überwiegend aus Grauwacke und am Iberg/Winterberg aus Kalkstein, so Ließmann. Der dortige Kalk sei hochrein, so Ließmann, weil er nahezu zu 98 Prozent aus Calciumcarbonat bestehe. Der Abbau des Kalkes am Winterberg habe in den 1930er Jahren begonnen. Inzwischen sei ein Drittel des Kalkes dort abgebaut. Der Abbau sei zumindest aus Sicht der Geologen positiv, weil man gerade am Winterberg gute Einblicke seine Entstehung und über seine früheren „Bewohner“ erhalte.

Dieses komplexe Biotop sei vom Mitteldevon bis zum frühen Oberdevon entwickelt. Dann habe die Entwicklung abrupt geendet, woran vermutlich die Klimakatastrophe vor rund 373 Mio Jahren, das sogenannte Kellwasser-Ereignis, schuld gewesen sei. „Der Meeresspiegel sankt dramatisch und die erste Verkarstung setzte ein“, so Ließmann. Bei einer Verkarstung löst Kohlensäurehaltiges Wasser das Kalkgestein und lagert den Kalk an anderer Stelle wieder ab. Nach einer erneuten Verkarstung in der Jura- oder Kreidezeit habe der gesamte Komplex in der Tiefe gelegen. Erst im Tertiär sei der heutige Iberg langsam wieder nach oben gekommen. Zu dem Zeitpunkt entstanden auch die Hohlräume und die Tropfsteine. „Als sich der Harz am Ende des Carbon auffaltete, ist der Kalk starr geblieben und höchstens zerbrochen“, so Ließmann. Dadurch seien hier die ganz typischen steil stehenden Höhlen entstanden und es begann die Suche nach dem heißbegehrten Erz (Brauneisenstein), aus dem man Eisen von hoher Qualität gewann. „Man musste im Bergbau also nur pfiffig sein, diese Höhlen finden und sich diese natürlichen Hohlräume zu eigen machen“.

Die Haupteisenhütte sei damals in Gittelde gewesen. Alte Karten würden zeigen, dass es im Jahr 1830 etwa 132 bekannte Zechen rund um den Iberg gegeben habe. Diese Kleinunternehmer seien verpflichtet gewesen, an die Gittelder Hütte zu liefern. Ebenso auf Karten zu sehen, sei die unregelmäßige Form der Bergwerke, die eben durch die Bildung der Hohlräume von der Natur vorgeben gewesen seien. Die Arbeit in den Bergwerken sei hart gewesen, und sei teilweise sogar von Kindern ausgeübt worden. Nachzuweisen sei auch, dass unterhalb des Hübichensteins die Familie Emmermann in sechs Generationen im Bergbau arbeitete. Im Anschluss an den kurzweiligen Vortrag ging es mit den Teilnehmern noch auf eine rund drei Kilometer lange geführte Tour über den Iberg.

Die Leiterin des HEZ, Ortrud Krause, drückte ihre Freude darüber aus, dass es wieder unter den gegebenen Corona-Bedingungen Veranstaltungen im HEZ gebe. „Das HEZ hat einen großen Namen, aber bescheidene Möglichkeiten, ich hoffe auf eine Optimierung durch den Anbau“, so Krause. Im Rahmen des Internationalen Jahres von Höhlen und Karst, seien weltweit noch vielfältigere Aktivitäten geplant gewesen, die aufgrund der Corona-Krise leider hätten reduziert werden müssen. Aus diesem Grund habe der Dachverband der Deutschen Höhlen- und Karstforscher (VDHK) die Idee entwickelt, den 50 Schauhöhlen in Deutschland jeweils eine Woche zu widmen. „Unsere Höhle hat den ganz besonderen Charme, wegen ihrer Entstehung und des Zusammspiels mit dem Bergbau“, so Krause.

Prof Dr. Wilfried Ließmann absolvierte an der Technischen Universität Clausthal ein Studium der Mineralogie und schloss dieses 1983 mit einer Diplomarbeit ab. Danach war er wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fachgebiets Lagerstättenforschung am Institut für Mineralogie und Mineralische Rohstoffe ebenfalls an der TU Clausthal. Dort promovierte er 1988 über Massivsulfiderzlagerstätten im Skandinavischen Gebirge.

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