Regionales / Harz

30.06.2021

„Glaube soll uns helfen, nicht einengen“


Krankenhausseelsorgerin Petra Keil verlässt das Rehazentrum Oberharz

...KKHL - Christian Dolle

Eine Reha soll immer eine Perspektive bieten, dazu gehören auch mentaler Halt und seelische Kraft sagt Petra Keil, Seelsorgerin im Rehazentrum Oberharz. Wenn sie nun auch in den verdienten Ruhestand geht, so ist im Gespräch über ihre Arbeit doch deutlich zu spüren, mit wie viel Herz sie als Pastorin an einem Ort tätig war, in dem sie viele Menschen kommen und gehen sah.

„Ich bin für alle zuständig, wenn sie es möchten“, beschreibt sie ihre „Gemeinde“. Das heißt, wer ins Rehazentrum in Clausthal-Zellerfeld kam, dem stellte sie sich vor, anschließend lag es an den Patient*innen selbst, ob sie Gespräche mit der Seelsorgerin suchten oder ihre vielfältigen Angebote einfach mal ausprobierten. Krankenakten habe sie nie gelesen, stattdessen viel zugehört, das sei wichtig, um den Menschen ihre Würde zu lassen und zu schauen, was jeder und jede einzelne braucht. „Ein Gespräch kann einen religiösen Hintergrund haben, doch es kamen auch Menschen ohne oder mit anderen Religionen zu mir“, erläutert die Seelsorgerin ganz selbstverständlich.

Manchmal waren solche Gespräche nur punktuell, manchmal auch begleitend, vor allem aber seien sie immer offen gewesen, eben damit sie in die Tiefe gehen konnten. In einer solchen Klinik kommen nun einmal verschiedenste Leute mit eigenen Geschichten zusammen, sagt Petra Keil ganz einleuchtend, da geht es ums Zuhören. „Ich war immer mit Leib und Seele dabei.“

Das gilt ebenso für die Angebote, die sie regelmäßig machte. Jede Woche gab es eine Andacht, oft mit Livemusik, es gab kulturelle Veranstaltungen, bei denen sie vieles ausprobierte und dankbar ist, dass ihr dabei freie Hand gelassen wurde. Und es gab persönliche Segnungen, die gut angenommen wurden, insbesondere vor der Abreise haben viele Menschen das Bedürfnis, sich einen Segen zusprechen zu lassen. 

Auch hierzu sagt Petra Keil: „Glaube soll uns helfen, nicht einengen.“ Diese Freiheit im evangelischen Glauben schätzt sie sehr, führt sie aus, den evangelischen Kontext ihrer Tätigkeit, die aber offen für alle ist. So wurden viele Konzerte etc. dann auch zu wahren Publikumsmagneten, sie fühlte sich auch ein wenig als Kulturmanagerin, was ja in der evangelischen Kirchen durchaus häufiger großen Raum einnimmt. 
Besonders genossen hat sie beispielsweise auch die spirituellen Spaziergänge gemeinsam mit Peter Leisegang, der für den Bereich Kirche und Tourismus zuständig war. Mit ihm gemeinsam lud sie ein zu Spaziergängen durch die Natur um die Klinik am Schwarzenbacher Teich, bei denen die Wahrnehmung zentrales Thema war, nach außen wie nach innen. Ebenso hat sie in ihrer Zeit den Raum der Stille eingerichtet, den sie als Oase der Ruhe sehr schätzt. 

Viele Ideen nahm sie auch schon aus ihrer Zeit in der Erbprinzentanne mit, wo sie vor 20 Jahren mit dieser Arbeit anfing. Dort wurde die Stelle mit ihr ins Leben gerufen, nachdem sie sich entschieden hatte, gemeinsam mit ihrem Mann Volkmar aus Hildesheim ins Harzer Land zu ziehen bzw. damals noch in den Kirchenkreis Clausthal. Später wurde dann im laufenden Betrieb umgezogen, alles wurde moderner größer, so dass sie jetzt für bis zu 280 Patienten zuständig war. 

„Es ist hier eine Gemeinschaft auf Zeit“, sagt sie, „meine Aufgabe war es, die Menschen in ihrem Suchen und Fragen zu unterstützen.“ Dass ihr das gelungen ist, zeigt wohl auch, wie viele sich nach Jahren noch per Mail, Brief oder Telefon bei ihr melden und eben auch wie viele sie herzlich grüßen, wenn sie durch das Haus geht. 

Es sind nur noch ein paar letzte Wege, denn Ende Juni verlässt sie die Reha, gesund und voller Freude auf den nächsten Lebensabschnitt. Eine große Verabschiedung wird es nicht geben, denn „das wäre den Patienten gegenüber, für die immer noch ein Besuchsverbot gilt, nicht fair.“ So geht Petra Keil ziemlich leise und hinterlässt im Haus und bei den Menschen doch einen bleibenden Eindruck. 


 

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