Kultur

13.05.2021

Fotografieren ist nicht nur Bilder machen 


von Bernd Stritzke 

Fotografen haben einen besonderen Blick. Wie oft wird einem Fotografen die Frage gestellt: "wie hast du das gesehen? Ich war doch zur gleichen Zeit am selben Ort und mir ist das nicht aufgefallen". Ich kann da jetzt nur für mich reden, aber oft ertappe ich mich dabei, dass ich bei einem Gespräch "nicht bei der Sache bin", weil meine Augen bereits die Umgebung nach möglichen Motiven abscannen. 

Es gibt Motive, die erfordern ein Höchstmaß an Geduld, einer Tugend, mit der ich nicht gerade gesegnet bin. Wenn ich mich allerdings auf ein Motiv "eingeschossen" habe, gehe ich ganz in der Situation auf. Zeit und Raum spielen plötzlich keine Rolle mehr, nur das Bild, welches vor meinem inneren Auge erscheint, gilt es auf den Chip zu bannen. Oft klappt es annähernd, manchmal überhaupt nicht. 

Befreundete Fotografierende bestätigen meine Einstellung: Fotografieren ist nicht nur Bilder machen! 

Michael Fothke, wie bist du zum Fotografieren gekommen? 

"Zum Fotografieren bin ich durch einen Freund gekommen. Das war so etwa um 1977. Die erste 
Spiegelreflexkamera gab es von Foto Quelle (Etzold), eine Mamiya ZX. Es hat mich fasziniert, wie und auf 
welche Art und Weise man Dinge fotografisch festhalten kann. Die Perspektive zu ändern und auch mal in 
den Dreck zu gehen, um andere Blickwinkel zu sehen, weckt Interesse. Leider praktiziere ich das noch viel zu selten. Ein Spruch eines bekannten Osteroder Regisseurs (Bücking) begleitet mich schon seit langem und hilft ungemein, Bilder ins positive zu verändern: "Vordergrund macht Bild gesund". Das gilt zwar nicht immer, aber immer öfter. 

Was ist Fotografieren für Dich? 

Ganz einfach: abschalten, raus in die Stadt oder Natur, eintauchen in eine andere Welt, abseits vom 
Alltagsstress. Motive sehen und erkennen können, daran arbeite ich. 

Ich bin mir sicher, dass viele Menschen Motive einfacher erkennen, ihnen aber diese Gabe oft nicht bewusst ist. Umso mehr freue ich mich über die Personen, die ihre Gabe in einem Foto umsetzen können. Bin gespannt was die Zukunft noch bringen wird, die Handy-Kameras werden immer besser, ich befürchte, dass sich dort in den nächsten 10 Jahre noch sehr viel tun wird und wir irgendwann keine Kameras im eigentlichen Sinne mehr verwenden werden". 

Jochen Placht ist Hobbyfotograf aus analogen Zeiten und berichtet von seinen Anfängen:

"Meine ersten Aufnahmen habe ich gegen Ende der Schulzeit gemacht. Bei einer Klassenfahrt nach Berlin, an der Grenzmauer und bei anderen Begebenheiten. Damals mit einer Agfa Box 6x9 mit Rollfilm. Später habe ich mir vom ersten Gesellenlohn eine "Voigtländer" zugelegt. Und wieder war Berlin der erste Ort für Aufnahmen. Mit ihr habe ich dort das letzte Autorennen auf der Avus mit Steilwandkurve verfolgt, bevor sie abgerissen wurde. Nach einem Abstecher in die Ski- und Reisefotografie sind nun die Sport- und Tierfotografie meine Schwerpunkte geworden. Heute, mittlerweile natürlich digital unterwegs, folge ich noch immer meinem Antrieb, ein klasse Sportfoto oder die Top-Tieraufnahme einzufangen.

Für mich besteht die Aufregung darin, morgens loszuziehen, stundenlang im Wald zu verbringen und perfekte Fotos von Reh‚ Fuchs, Hase, Fischreiher oder Milan mit nach Hause zu bringen oder auch mal gar keine "Beute" zu machen. Meine aufregendsten Fotos allerdings habe ich aus der Arktis und der Antarktis". 

Sarah Kreiner arbeitet in ihrem Fotostudio in Pöhlde und hat sich mit Hochzeits-, Newborn- und 
Babyfotografie in der Region zu einer der Top-Adressen entwickelt:

"Auf die Fotografie bin ich durch einen Zufall gestoßen. Ich komme aus der Bildbearbeitung und sollte für eine Fotografin die Bildbearbeitung übernehmen. Auf Hochzeiten, die ich begleiten durfte, hat sie dann entdeckt, dass ich ein ganz "gutes Auge" habe. Dieses fotografische Sehen und die Gabe, Situationen in ein nichtalltägliches Licht zu setzen, brachten mir viele treue Kunden und die damit verbundene spätere Selbständigkeit. 

Was Fotografieren für mich ist?
Zum einen, na klar - meine Arbeit. Aber auch Glück. Ich liebe es die Gefühle und Emotionen eines flüchtigen Moments festhalten zu können. Oder die Liebe zwischen Menschen greifbar zu machen und das Lachen und die unbändige Freude von Kindern festzuhalten. Fotografie lässt uns viele 
Momente immer wieder erleben. Das ist für mich das Großartige daran". 

Christian Dolle ist freier Journalist und zum Fotografieren wie die berühmte Jungfrau zum Kinde gekommen: 
"Während meiner Tätigkeit als Lokaljournalist wurde mir ganz stumpf eine Kamera in die Hand gedrückt und es hieß "Mach mal", da es ja in den Redaktionen durch Einsparungen oft keine oder nur wenige 
Pressefotografen gibt. Inzwischen bin ich allerdings sehr froh, dass ich bei Terminen meine Bilder selbst 
beisteuern kann, ohne auf jemand anderen angewiesen zu sein. 

Was bedeutet Fotografieren für mich?
Also in erster Linie werde ich immer Schreiber sein. Sei es nun beruflich als Journalist oder auch privat, wenn ich eigene Geschichten erzähle. Bei Presseartikeln sind die Fotos daher zunächst einmal eine visuelle Ergänzung, aber zum Glück oft auch viel mehr, da ein Bild ja nun mal wirklich oft mehr sagt als 1000 Worte. Daher ist es inzwischen so, dass ich vieles, was ich sehe, festhalte und nicht selten kommt es vor, dass mich ein Foto einer knorrigen Baumwurzel dann zu einer Gruselgeschichte inspiriert etc. Allerdings sind Fotos, die ich mache, für mich eben doch meist irgendwie mit Worten verbunden, mit den 
Gedanken, die ich dazu habe, und es kommt selten vor, dass ein Bild wirklich nur für sich steht. 

Für Christian Würzbach Hobbyfotograf und gerngesehene Bildquelle im NDR-Magazin "Hallo Niedersachsen", hat Fotografieren etwas Mystisches:
"Als ich im Harz unterwegs war, habe ich lediglich Aufnahmen mit dem Handy gemacht. Und zu Weihnachten vor genau 3 Jahren habe ich meine 1. Kamera bekommen und war sofort angefixt. Mit einer Kamera hat man unzählige Möglichkeiten, tolle Momente in der Natur festzuhalten. 

Ich liebe die mystische Stimmung frühmorgens vor Sonnenaufgang, die sogenannte "Blaue Stunde". Wenn ich dann irgendwo am Teich stehe, genieße ich die mystische Stimmung und Ruhe. Diese Momente kann man nicht beschreiben, man muss sie erleben. Gerade im Herbst, wenn Nebelschwaden über den Teich ziehen und irgendwo im Hintergrund Hirsche zur Brunft ihr Bestes geben, diese Momente sind einfach unbezahlbar." 

Corina Bialek (Eseltreiber) 
Wie bin ich zum Fotografieren gekommen?
Daran war mein Mann Lutz schuld. Er hatte bereits zu analogen Zeiten viel fotografiert und seine Fotos auch selbst entwickelt. Als Mitte der 90er Jahre die Digitalkameras aufkamen, war er natürlich einer der ersten, der sich solch eine zulegte. Eine Olympus war die erste Errungenschaft, die er sich leistete. Da die Technik rasant fortschritt, dauerte es nicht lange, bis ein Nachfolger angeschafft wurde.

Bei einem Ausflug in den Vogelpark Walsrode drückte er mir die "alte" Olympus in die Hand, mit einer kleinen Einführung und den Worten "mach mal". Ganz unbleckt war ich ja nicht, ich hatte früher schon ab und an Fotos mit der analogen Kamera meines Vaters gemacht, mit einer Digitalen war es schon ein anderes Fotografieren, zumal die Bilder von den Vögeln erstaunlich gut gelangen. Ab da hatte ich Blut geleckt und wenn wir unterwegs waren, hatten wir eigentlich immer die Kameras dabei. Er die Neuanschaffungen und ich die Abgelegten . 

Mit der Arbeit beim Eseltreiber kam zu den Naturmotiven auch viel Eventfotografie hinzu, aber mein Faible für Vögel ist geblieben. Allein bei der Überfahrt nach Hallig Hooge vor einigen Jahren entstanden mehr als 200 Möwenfotos. 

Seitdem ich fotografiere gehe ich aufmerksamer durch die Welt, sehe daher Dinge, die andere gar nicht  wahrnehmen. Man sieht die Schönheiten der Natur viel bewusster und auch das Schöne im vermeintlich  Hässlichem. Auf Wanderungen drücke ich allerdings immer das Durchschnittstempo, weil ich ständig was sehe, was unbedingt auf den Chip gebannt werden muss". 

Gründe, sich mit der Fotografie zu beschäftigen gibt es viele. Die technischen Fortschritte machen es heute deutlich einfacher, Bilder in jeder Lebenslage zu machen und diese sofort zu begutachten. Dabei ist die Preisklasse der Ausrüstung eher zweitrangig. Was nützt die teuerste Kamera, wenn der fotografische Blick fehlt. Mit einer guten Idee und einem interessanten Blickwinkel, können gute Fotos auch mit einem  mittelmäßigen Smartphone erzielt werden. 

 

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