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30.04.2020

Unterricht unter besonderen Bedingungen


Die Schule geht wieder los, auch wenn es sich gerade noch etwas surreal anfühlt

von Christian Dolle

Schon auf dem Weg von der Bushaltestelle zum Schuleingang wird darauf geachtet, dass die Schülerinnen und Schüler der Maskenpflicht nachkommen und einen Mindestabstand einhalten. Ja, die Schule hat in dieser Woche für einige wieder begonnen und das stellt die Schüler wie ihre Lehrer vor besondere Herausforderungen.

An der Kooperativen Gesamtschule in Bad Lauterberg wurden Maßnahmen ergriffen, die einer Verbreitung des Corona-Virus und einer Ansteckung derjenigen, die bald ihre Abschlussprüfungen machen sollen, vorbeugen sollen. Gleichermaßen gilt es aber auch darauf zu achten, dass die ganze Situation nicht zu angespannt und dadurch erschreckend wirkt.

In den Fluren wird darauf hingewiesen, überall im Gebäude den Abstand zu wahren. Zudem muss sich jede Kleingruppe zu einem ihr fest zugeteilten Klassenraum begeben, der weit genug von den anderen genutzten Unterrichtsräumen entfernt ist. Zehn Jugendliche aus der zehnten Klasse von Katharina Eichler sind einem Raum im zweiten Stock zugeteilt, vor dem sie jetzt mit Masken und weitläufig im Flur verteilt auf die Lehrerin warten.

Durch die wochenlange Pause vom Schulalltag haben sie sich durchaus einiges zu erzählen, auch die Wiedersehensfreude ist vielen von ihnen anzumerken, doch das große Umarmen oder anderes bleibt aus. Stattdessen wirken sie alle ein wenig angespannt, unsicher, wie sie jetzt zum halbwegs normalen Unterricht zurückfinden sollen.

„Das normale Leben wurde auf den Kopf gestellt“

Als ihre Klassenlehrerin die Treppe hinaufkommt, bemüht sie sich um Freundlichkeit und Lockerheit, muss aber auch darauf hinweisen, dass alle nacheinander den Raum betreten, jeder sich sofort zu einem der weit auseinander gestellten Tische begibt und von nun an auch nur an diesem festen Platz bleibt. Die Masken dürfen jetzt im Klassenraum abgenommen werden, was viele der Schüler erst einmal erleichtert aufatmen lässt. Dann werden sie als erstes angewiesen, sich eine nach dem anderen die Hände zu waschen, das soll jetzt nach jedem Betreten des Klassenraumes zur Routine werden.

Währenddessen beginnt der Schultag mit einer Belehrung über die Hygienemaßnahmen und einer Diskussion, was wie und warum unbedingt zu beachten ist. Das dauert eine ganze Weile, denn schließlich ist es für alle etwas komplett Neues und die Schüler haben etliche Fragen. „Das normale Leben wurde auf den Kopf gestellt“, sagt Katharina Eichler, macht den Schülern deutlich, dass all dies sich auch für sie ungewohnt und seltsam anfühlt.

„Die Schule möchte als Ansprechpartner bei Gesprächsbedarf für die Schüler da sein, sagt sie. Das galt auch in den vergangenen Wochen, nur da eben ausschließlich online. Jetzt geht es darum, dass Essen und Trinken selbst mitgebracht werden muss, da die Mensa nicht öffnet, dass die Lerngruppen sich tageweise abwechseln und dass all dies erst einmal nur für die kommenden zwei Wochen gilt, da niemand sagen kann, was dann passiert, was es dann vielleicht für neue Bestimmungen gibt.

„Ihr könnt darauf vertrauen, dass alles sehr schülerfreundlich gehandhabt wird“

Und es geht um die Abschlussprüfungen. Die sollen ja in diesem Schuljahr unbedingt geschrieben werden und zu denen, insbesondere zu den Umständen haben die Schüler dann logischerweise auch die meisten Fragen. Im Mai werden die Prüfungen geschrieben, anschließend kommen dann die mündlichen Prüfungen, unter besonderen Bedingungen zwar, aber auf jeden Fall so, dass Anfang Juli die Zeugnisse in welcher Forma auch immer überreicht werden können.

Es gebe zwar für dieses Schuljahr recht wenige Noten, aber das werde kompensiert, erläutert die Klassenlehrerin und nimmt vielen dann ein paar Sorgen, indem sie hinzufügt: „Ihr könnt darauf vertrauen, dass alles sehr schülerfreundlich gehandhabt wird.“ Dennoch sollte zuhause natürlich ordentlich gelernt werden, wurde bis jetzt ja auch, dazu müssen sich alle jetzt vor allem selbst motivieren. „Ich finde da aber kaum Ruhe“, klagt eine Schülerin. „Es war auch in den letzten Wochen schwer, das durchzuhalten“, räumt ein anderer ein. Klar, dafür hat wohl jeder Verständnis. Doch Eigenverantwortung und Selbstdisziplin müssen sie alle jetzt eben auf diese relativ harte Tour lernen.

In den anderen Klassenräumen fühlt sich der Unterricht ebenso surreal an, die gleichen Fragen kommen auch hier auf und die Aufgabe der Lehrkräfte und der Schule ist es jetzt vor allem, Bedenken zu nehmen und alle so vorzubereiten, dass sie sich auf ihren Abschluss konzentrieren können. Zudem gehen Schulleiterin Inger Schweer und Haupt- und Realschulzweigleiterin Anke Tilhein-Engelke durch die Gruppen, begrüßen ebenfalls, machen den Jugendlichen deutlich, dass auch sie für sie da sind und all dies im Sinne der Zukunft der Schülerinnen und Schüler geschieht.

„Wir sind auf eurer Seite“

Dennoch müssen beide auch einige klare Ansagen machen. In den Pausen beispielsweise sollen sich alle in klar abgegrenzten Bereichen aufhalten, der Mundschutz darf zum Essen und Trinken abgenommen werden, nicht aber zum Rauchen. „Das ist genau wie sonst auch auf dem Schulgelände verboten“, sagt Inger Schweer, „und jetzt, wo nicht alle 800 Schüler da sind, haben wir euch leider ziemlich gut im Blick.“

Anke Tilhein-Engelke weist noch einmal darauf hin, dass mit den Fachlehrern für mündliche Prüfungen immer auch Telefonate vereinbart werden können, denn nicht alles lasse sich nun einmal per Mail klären. Und dann sagt sie noch einmal ganz deutlich: „Wir sind auf eurer Seite.“

Insgesamt sind es aktuell 112 Schüler der Jahrgänge 9 und 10, die wieder Unterricht haben. Inwieweit das eine richtige oder sinnvolle politische Entscheidung war, möchte Inger Schweer gar nicht beurteilen, sie sieht ihre Aufgabe jetzt darin, dass es verantwortungsvoll umgesetzt wird. Großes Lob gilt ihrem Kollegium, sagt sie, die sie die Schulleitung ja erst im Februar übernommen hat, denn vieles wurde gemeinsam und sehr konstruktiv entschieden und in die Wege geleitet. Eine ebenfalls positive Erfahrung, die sie aus der Zeit der Schulschließungen mitnimmt, ist die der Online-Möglichkeiten. Um einen durfte sie feststellen, dass vieles bereits genutzt wurde und so keine großen technischen Hürden darstellte, zum anderen ist sie durchaus zuversichtlich, dass manche Aufgabenstellungen auch nach Corona durchaus online erfolgen werden.

Während sie jetzt im Grunde schon bei den Planungen fürs nächste Schuljahr ist, stellt sie fest: „Wir wollen nicht meckern, es klappt bis jetzt alles gut.“


Mit Mindestabstand geht es in die Klassenräume

Händewaschen muss sein

Auch in den Pausen muss Abstand gehalten werden

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:




Schulleiterin Inger Schweer




 

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