Panorama

26.03.2020

Corona, Kontaktsperre, keine Termine: Bangen um die Existenz


Wie viele Unternehmen bangen auch die freien Journalisten jetzt um ihre Zukunft / Unsere freie Mitarbeiterin Herma Niemann berichtet über ihre persönliche Situation

...von Herma Niemann

Wir befinden uns nicht im Krieg, und doch kämpft gerade die ganze Weltbevölkerung gegen eine unsichtbare Übermacht. Das Corona-Virus hält die Welt in Atem, lässt Menschen sterben und hat das normale Leben, das aus kulturellen, kommunalen und sozialen Zusammenkünften besteht, auf Eis gelegt.

Die Welt und das, was sie so lebenswert macht … angehalten. Stillstand. Notbremse gezogen. Für Firmen, Unternehmen, Unternehmer, Selbstständige, Künstler und auch für freie Journalisten steht gerade sehr viel auf dem Spiel, nämlich die blanke Existenz. Eine dunkle Vorahnung konnte den „Freien“ schon Anfang März überkommen.

Da fing es nämlich an, dass man nach und nach die Veranstaltungen und Jahreshauptversammlungen, die man zuvor noch selber in Textform angekündigt hatte, in Absagen und Ausfallmeldungen umwandeln musste. Nach und nach kam der Planer immer mehr zum Einsatz, aber leider nicht um Termine ein- sondern wieder auszutragen. Streichen, streichen, streichen war angesagt, womit auch der eigene Gemütszustand immer weiter „zusammengestrichen“ wurde. Zu der Zeit wurde noch seitens der Bundesregierung abgeraten, Versammlungen abzuhalten. Es dauerte nicht lange, da kam das Verbot von Versammlungen und anderen öffentlichen Veranstaltungen.

Zeilen zählen, Fotos berechnen. Als freier Journalist lebt man vom Scheiben von Texten und Berichten, und auch vom Schreiben der Honorarrechnungen. Durch das Wegbrechen der Aufträge geht es bei den freien Journalisten buchstäblich um die blanke Existenz. Jeden Tag hängt man an den Lippen der Virologen und Epidemiologen, liest und schaut die Nachrichten und die anschließenden Sondersendungen, auch in der Hoffnung, dass sich mal einer öffentlich traut zu sagen, zu welchem Zeitpunkt die Krise wieder vorbei sein könnte. „Hoffentlich ist dieser Spuk bald vorüber“, das ist der beherrschende Gedanke am Abend, am Morgen und in der Zeit dazwischen. Und das nicht nur auf die eigene, sondern auch auf die allgemeine Situation bezogen.

Die Corona-Situation ist gruselig. Es sind keine Termine mehr da. Das ist für einen Journalisten, der mit Leib und Seele dabei ist, der auch in seinem eigentlichen Urlaub gerne zu Terminen geht, wenn er spontan eingeladen wird, und für den das Besuchen dieser Termine ein Teil seines täglichen Lebens ist, wie eine Amputation oder ein kalter Entzug. Nicht über normale Alltagsthemen der Menschen, Vereine, Verbände, aus kommunalen Ausschüssen oder aus dem kulturellen Bereich berichten zu können, das ist ein so unwirkliches und unbeschreibliches Gefühl. Zusätzlich ist das noch das I-Tüpfelchen, das noch oben drauf kommt, zusätzlich zu der allgemeinen Kontaktsperre. Dazu kommen die Ängste, weil man weiß, dass man ab einem gewissen Zeitpunkt keine Einnahmen mehr haben wird. Das kann man sich ausrechnen, das ist abzusehen. Denn noch haben die Zeitungen und die zuarbeitenden Journalisten einen Nachlauf bei den Berichten, die nichts mit dem gefährlichen „C-Import“ zu tun haben.

Und ein Ende dieser Krise ist noch nicht in Sicht. Doch die monatlichen Fixkosten machen sich nichts aus dieser Krise, sie wollen trotzdem bezahlt werden. Steuerstundungen und die Herabsetzung des Beitrages zur Künstlersozialkasse sind da nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Arbeitslosengeld oder Hartz-IV werden wohl viele der freien Journalisten beantragen müssen oder sie erhalten mit Glück einen Zuschuss oder Mittel aus dem Notlagenfond für Kreative.

Dennoch bleibt für viele freie Journalisten das Gefühl, momentan überflüssig zu sein. Da ist noch einmal mehr Kreativität angesagt, um „Stoff“ für Berichte „an Land zu ziehen“. Viel bleibt da nicht, wenn man in der Lokalberichterstattung arbeitet.

 

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