Kultur / Rezensionen
25.04.2017
Von Klöstern und Kaugummiautomaten
111 Orte im Harz die man gesehen haben muss
von Christian Dolle
Seit einigen Jahren geht es mit dem Tourismus im Harz deutlich aufwärts. Gerade erst meldete Walkenried 6,3 Prozent mehr Übernachtungsgäste als im Vorjahr, in anderen Orten sehen die Zahlen ähnlich aus.
Wo immer mehr Besucher kommen, sprießen auch immer mehr Reiseführer aus dem Boden, die einerseits Erklärungen bieten, warum die Gäste kommen, nicht selten aber auch den Einheimischen Schätze ihrer Heimat zeigen, die sie vielleicht selbst noch nicht kennen.
Genau das erfüllt auch das gerade erschienene Buch „111 Orte im Harz die man gesehen haben muss“. Natürlich taucht hier auch das Kloster Walkenried auf, das wohl einer der Hauptgründe für die oben angesprochenen 6,3 Prozent sein dürfte. Vor allem aber sind in dem Buch allerlei Geheimtipps bzw. Sehenswürdigkeiten, die erst auf den zweiten oder dritten Blick als solche erscheinen, zusammengetragen.
Graffito aus Osterode
So ist aus Osterode das Trafohäuschen mit dem Bild Thomas Edisons vertreten, an dem viele Osteroder auf der Lasfelder Straße bzw. Petershütter Allee täglich vorbeifahren, ohne es wirklich wahrzunehmen. In der Beschreibung dazu lässt sich die Autorin Kirsten Elsner-Schichor über Graffiti im Allgemeinen und jene zum Thema Energie an verschiedenen Ecken in Osterode im Besonderen aus. Das ist definitiv mal etwas anderes als die immer gleichen Texte in anderen Reiseführern.
Ebenso tauchen ein Kaugummiautomat in Altenau auf, zu dem es heißt: „ich dachte ja, sie sind schon ausgestorben“ oder der erste Nacktwanderweg Deutschlands an der Talsperre Wippra. Als Gegenpol dürfen natürlich bekannte Touristenattraktionen wie die als „The Big Blue“ bezeichnete Clausthaler Marktkirche oder der „Harzer Eiffelturm“ – das Josephskreuz bei Stolberg – nicht fehlen. Sie alle mit Texten versehen, die ein wenig frischer, ein wenig persönlicher und damit ein wenig lesenswerter sind als übliche Beschreibungen.
Ausgerechnet mein tollster Ort ist nicht dabei
Nun ist das Problem solcher Bücher, dass es immer jemanden geben wird, der fragt: „Warum ist denn ausgerechnet mein tollster Ort nicht drin?“ Um das zu vermeiden hätte im Harz vermutlich auch ein Buch mit 1111 Einträgen nicht ausgereicht. Es muss eben eine Auswahl getroffen werden und die ist und soll auch sehr subjektiv sein. Dennoch ist natürlich bedauerlich, dass aus dem Landkreis Göttingen tatsächlich sehr wenige Tipps im Buch auftauchen. Darunter beispielsweise der Herzberger Juessee, die Hammerschmiede in Zorge, die Weidewiesen des Harzer Roten Höhenviehs bei Riefensbeek-Kamschlacken und der Stoffzauber in Badenhausen. In der Samtgemeinde Hattorf, in Bad Lauterberg und in Bad Sachsa entdeckte die Autorin so gar nichts ausreichend Sehenswertes.
Das stimmt so natürlich nicht, sollte aber auch kein Grund sein, der Autorin oder dem Emons-Verlag einen Vorwurf zu machen. Schließlich gibt es ja noch den Eseltreiber, der im Laufe der Jahre bestimmt schon mehr als 1111 Orte aus der Region vorgestellt hat, deren Besuch sich unbedingt lohnt. Viele Orte aus dem Buch – ja, sogar die Graffiti in Osterode – haben wir auch schon beschrieben, doch auch wir haben in „111 Orte im Harz die man gesehen haben muss“ so manches entdeckt, was bestimmt noch einmal eine lesenswerte Geschichte hergibt.