Kultur

07.03.2017

Flower Power und Zukunftsmusik


Das neue Musical des Pädagogiums Bad Sachsa „Virtual Love“ sorgte für Begeisterung

von Christian Dolle

Um die Welt im Jahr 2052, um Flower Power, um moderne Kommunikation und um Liebe, die die Zeiten überdauert geht es im neuen Musical des Pädagogiums Bad Sachsa, das am vergangenen Wochenende aufgeführt wurde. Bereits in den vergangenen Jahren setzte das Internatsgymnasium musikalische und darstellerischen Maßstäbe, die mit einer angestaubten Schulaufführung nichts mehr zu tun haben.

So wundert es auch nicht, dass „Virtual Love“ in Bad Sachsa und Bad Lauterberg dreimal für ausverkauftes Haus sorgte.

Doch kann das neue Stück den inzwischen sehr hohen Erwartungen auch gerecht werden? Im Musical geht es um Ben, dem aufgrund eines drohenden Burnouts ein Urlaub in der Vergangenheit verordnet wird. So reist er vom Jahr 2052 in die 1970er und erlebt eine Zeit, in der nicht Technik, sondern Liebe die Welt zu bestimmen scheint. Außerdem trifft er Gaby, die er auch nach seiner Rückkehr nicht vergessen kann. Allmählich reift in ihm der Plan, ein Smartphone aus dem Jahr 2017 in die die Vergangenheit zu schicken und so mit ihr Kontakt aufzunehmen.

Allein die Zeitsprünge in der Geschichte erwiesen sich als weiter Spielraum für die Kreativität der Macher. Zum einen ist es eine durch und durch abgesicherte und nach von Computern errechneten Wohlstandsmaßstäben bestimmte Zukunft, zum anderen die wilden 70er, die musikalisch, aber auch in pointierten Werbespots zum Leben erweckt werden und dann natürlich die feinsinnige Kritik an Social Media und unserem heutigen allmählichen Verlust echter zwischenmenschlicher Kontakte, die durch Emoticons ersetzt werden.

All das ist ein Zusammenwirken des inzwischen erfahrenen Lehrerteams, das hinter den Musicals des Päda steht, und all jenem, was Jugendliche heute bewegt und ihnen vielleicht auch Sorgen bereitet, wie unsere Welt sich entwickeln könnte. Das alles verpackt in mitreißende Musik, unverbrauchte Chorografie und eine zu Herzen gehende Liebesgeschichte lässt manch professionellere Produktion geradezu blass aussehen.

Bei der Aufführung war deutlich zu spüren, dass dieses Musical tatsächlich etwas zu sagen hat und ebenso, dass hier sehr viele Macher am Werk sind, die ihre individuellen Stärken einbringen und sich mit überbordender Spielfreude auf der Bühne präsentieren. Ben und Gaby – so viel darf inzwischen verraten werden – begegnen sich am Ende tatsächlich, sie als Rentnerin und er als kleines Kind, was der Liebesgeschichte eine gleichermaßen rührende wie traurige Note gibt.

Überhaupt ist das die Stärke von „Virtual Love“, dass es vordergründig eine großartige Show mit Orchester, Chor, Akrobatik und tollen visuellen Ideen bietet, dahinter aber eben auch Anstöße, die zum Denken anregen und die im Jahr 2017 Erwachsenen und Heranwachsenden überlegen lassen, welche Welt sie den kommenden Generationen hinterlassen wollen.





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