Panorama

08.03.2017

Wenn alle den Täter jagen was bleibt dann für die Opfer


40 Jahre WEISSER RING

von Corina Bialek

Die Ausstellung zur Goslarer Zivilcouragekampagne des WEISSEN RINGs zieht derzeit in der Hauptgeschäftsstelle der Sparkasse Osterode in der Eisensteinstraße die Blicke auf sich. Viele Prominente fordern hier auf ihre Art zum Hinsehen und Haltung zeigen auf.

 

Anlässlich der Eröffnung der Ausstellung galt es aber nicht nur die seit 40 Jahren kontinuierliche Arbeit für die Opfer von Verbrechen zu würdigen, sondern auch den scheidenden Außenstellenleiter des WEISSEN RINGS Osterode Walter Röhl zu verabschieden und seinen Nachfolger im Amt zu begrüßen.

So konnte Hausherr Thomas Toebe zahlreiche Gäste begrüßen und zeigte sich beeindruckt von der nachhaltigen Arbeit des Vereins, die vermutlich maßgeblich die Verbesserung der staatlichen Unterstützung, mehr Rechte für die Opfer in Strafprozessen, die Ausweitung der Traumabehandlung und die hauptamtliche Betreuung von Gewaltopfern vorangetrieben hat. Und davon, dass inzwischen mehrere tausend Mitarbeiter, die Kriminalitätsopfer ehrenamtlich und unermüdlich materiell und immateriell unterstützen.

„Ein Überfall oder eine Gewalttat kann leider jeden Menschen treffen, immer und überall. Dass es mit dem WEISSEN RING eine Anlaufstelle gibt, bei der sich Opfer jederzeit Hilfe holen können, ist ein wertvolles Angebot, welches wir als Sparkasse gerne unterstützen. Ich freue mich sehr, im Rahmen dieser Ausstellung dem WEISSEN RING eine Spende in Höhe von 400,00 € - in Anspielung auf das 40-jährige Jubiläum - überreichen zu können“, so Toebe.

Auch in weiteren Grußworten wurde die unermüdliche Arbeit des Vereins hervorgehoben. Dr. Roy Kühne zeigte auf, dass der WEISSEN RING vielen noch völlig unbekannt sei. Dass Opferhilfe erforderlich sei, sei allen klar Doch wie geholfen werde sei oft unklar. „Tu gutes und rede drüber. Mit viel Energie und Nachhaltigkeit bleiben Sie dran am Thema. Sie sind nervig und darin sind sie gut.“

Günter Koschig Initiator der Goslarer Zivilcouragekampagne erläuterte den Gästen noch einmal das Ziel der Kampagne. Dass er für sein Projekte bei der Opferhilfe brennt wurde dabei mehr als deutlich und so erklärt sich auch wie er so viele Prominente und Ehrenamtlich dafür gewinnen konnte und kann. Mit Zeitungsanzeigen, Kinospots, Videofilmen und Comics wird über das Thema aufgeklärt und man geht auch in Schulen u.a. mit Fitboxkursen und einem Quiz der "Aktion-Tu-Was" der Polizei. „Wir wollen Mut machen zum Hinsehen und Helfen“, so Koschig und ein einfaches Mittel um Flagge zu zeigen sei der Zivilcourageschal den er gleich an die Gastgeber Thomas Toebe und Ralf Kröger überreichte.

Die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz war der Einladung nach eigener Aussage gerne gefolgt. Es ginge darum Haltung zu zeigen. „Für welche Werte wollen wir eintreten, wie gerecht und menschenfreundlich wollen wir miteinander umgehen? Diese Werte kann man nicht staatlich verordnen.“ Daher sei sie Dankbar für solche Initiativen und zeigte sich beeindruckt von der Tatkraft, dem Engagement und der Kreativität Koschigs, der das Aushängeschild dieser Kampagne sei. „Sie haben den Anfang gemacht, sind ein Vorreiter, solche Menschen brauchen wir.“

„Kriminalität hat sich verändert“, führte die Ministerin aus. Hasskriminalität, Mobbing, Verrohung des sozialen Miteinanders in den sozialen Medien. „Oft richtet sie sich gegen Fremde und Flüchtlinge, aber auch gegen Nachbarn und Ehrenamtliche. So etwas ist beängstigend und es wichtig sich davon nicht verängstigen zu lassen.“

Daher sei die Devise: „Gefährde dich nicht selbst!“ Es brauche keinen falsch verstandenen Heldenmut, aber Achtsamkeit. Rassistisches Denken sei kein Randgruppen Phänomen mehr. Zivilcourage fange schon im Kleinen an. Man müsse nicht streiten, aber klarmachen dass man diese Auffassung nicht teile.

„Die Perspektive des Opfers, davon müssen wir uns leiten lassen. Sie beraten und sie begleiten.“ Hierbei arbeiten der WEISSEN RING und die Stiftung Opferhilfe zusammen. Der beste Schutz sei aber, es kommt erst gar nicht zu einer Straftat. Deshalb müsse die Präventionsarbeit bereits in der Kindheit beginnen.

Der Landesvorsitzende des WEISSEN RINGs, Rainer Bruckert dankte Walter Röhrl für seine hervorragende Arbeit in der Außenstelle Osterode, die 1993 gegründet wurde. Walter Röhrl übernahm am 08. April 2002 die Leitung der Außenstelle. Den Opfern werde zu wenig Beachtung geschenkt und daher sei dies die richtige Aufgabe für einen pensionierten Polizeibeamten, war seine damalige Intention diesen Posten zu übernehmen. Aktuell hat die Osteroder Außenstelle 5 Mitarbeiter und 80 Unterstützer. An erster Stelle stehe zwar die menschliche Zuwendung – doch auch Geld ist in vielen Fällen wichtig.

Es kursiere das Gerücht, so Bruckert augenzwinkernd, die Mitarbeiter des WEISSEN RINGs rekrutierten sich überwiegend aus ehemaligen Polizisten. „Ich kann ihnen versichern, dem ist nicht so. Vielleicht auf Leitungsebene, aber es ist unsere Aufgabe Netzwerke zu knüpfen und ein guter Draht zur Polizei vor Ort kann ja nicht zum Nachteil sein.“ Wichtig sei es Spender und Unterstützer zu finden, denn man arbeite ohne staatliche Unterstützung.

Das Amt Walter Röhls als Außenstellenleiter des WEISSEN RINGs in Osterode wird demnächst von Hans-Dieter Wode übernommen. Der Jugendsachbearbeiter im Polizeikommissariat Osterode geht in Kürze in Rente. Er begann seine Rede mit einem Zitat von Kofi Annan: Die Stärke des Bösen ist das Schweigen der Mehrheit.

„Ich freue mich auf die Zusammenarbeit“, so Wode. Nicht überall funktioniere diese zwischen dem WEISSEN RING und der Polizei so gut wie hier, aber man arbeite dran, das sei ein Versprechen an alle Opfer von Verbrechen. „Walter Röhrl hat tiefe Spuren hinterlassen. Ich werde darum nicht versuchen in diese zu treten, aber hoffentlich daneben ähnlich tiefe hinterlassen“, würdigte Wode das Wirken seines Vorgängers.

Die Ausstellung kann noch bis 15.03.2017 in der Sparkasse besucht werden.

Online finden Interessierte unter www.zivilcourage-goslar.de Tipps, wie sie helfen können, ohne sich selbst zu gefährden.


KMS Querflötenensemble unter der Leitung von Martina Huff

Thomas Toebe


Walter Röhrl führte durch die Veranstaltung

Dr. Roy Kühne

Günter Koschig


Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz

Rainer Bruckert

Hans-Dieter Wode

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:


















 

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