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22.08.2019

Was die Gesellschaft im Inneren zusammenhält


Die Osteroder Tafel leistet Dienst am Menschen und in Sachen Nachhaltigkeit

...Christian Dolle - KKHL

Die Tafeln sind in Deutschland inzwischen kaum mehr wegzudenken. Für viele Menschen mit geringem Einkommen sind sie die einzige Chance auf eine ausgewogene Ernährung. Doch umgekehrt sind es auch die Tafeln, die dafür sorgen, dass viele Lebensmittel nicht vorschnell weggeworfen, sondern noch genutzt werden. Die Einrichtungen gleichen aus, was in der Konsumgesellschaft nicht lukrativ genug ist und daher gründlich schiefläuft.

Möglich ist das nur mit sehr viel ehrenamtlicher Arbeit und mit Hilfe von geringfügig Verdienenden. Und auch, weil hinter den weit verzweigten Ausgabestellen ein durchdachtes logistisches Netz steht, in dem jeder Handgriff genau geplant sein muss. Das gilt auch für die Osteroder Tafel, wie Dr. Hartmut Herrmann und sein Team erläutern.

Ihre größte Schwierigkeit ist es derzeit, genügend Mitarbeiter für eben diese Arbeiten zu finden. Die geringe Entlohnung ist das Problem, verlässliche Mitarbeit hingegen die Voraussetzung, betonen Dr. Herrmann, seine Stellvertreterin Rosemarie Münnich und Schatzmeisterin Luise Schrader. Immerhin gilt es, die Lebensmittel bei den Supermärkten abzuholen, sie zu sortieren und für die Ausgabe bereitzustellen bzw. die Kisten für die Außenstellen zu packen und dabei stetig die Kühlkette einzuhalten. „Das ist logistisch durchaus komplex, doch Qualität hat bei Lebensmitteln nun einmal höchste Priorität“, sagen sie.

Über 120 ehrenamtliche Mitarbeiter und 15 gering Verdienende gibt es derzeit, um die 350 gut gefüllte Kisten werden pro Woche ausgegeben, in Spitzenzeiten um das Jahr 2015 waren es sogar bis zu 550 Kisten. Im Osteroder Laden können die Kunden selbst auswählen, was sie benötigen. Aber gut die Hälfte der Kisten wird zu den Außenstellen gebracht und geht von dort an die Kunden. Die Zusammenarbeit mit den meisten Supermärkten und vielen Geschäften in der Region sei sehr gut eingespielt, auch seitens der Kommune will sich der Vorstand nicht über mangelnde Unterstützung beklagen, es wurde und werde alles getan, was für einen Verein und eine Stiftung eben möglich ist. Auch die Kirche ist mit im Boot, denn die Ausgabestellen in Bad Lauterberg, Herzberg, Duderstadt, Gieboldehausen, Hattorf, Gittelde und Eisdorf befinden sich in den Gemeindehäusern. Und auch Spenden rund um das Erntedankfest spielen in den Gemeinden immer eine große Rolle.

Herzstück der Osteroder Tafel ist aber das Gebäude in der Abgunst 9 in Osterode, das laut Dr. Herrmann vor inzwischen über zehn Jahren ganz bewusst ausgewählt wurde, weil es eben auch einladend aussieht und damit die Hemmschwelle für manche, die sich trotz Berechtigung scheuen, zur Tafel zu gehen, herabsetzen soll. Lebensmittel, die sonst weggeworfen würden – das seien in Deutschland immerhin 30 Prozent – werden hier an den Mann bzw. die Frau gebracht. „Natürlich nur diejenigen, die qualitativ noch einwandfrei sind“, unterstreicht Rosemarie Münnich. Anderes wird aber immer noch als Futtermittel etc. verwendet.

„Wir könnten durchaus noch mehr Menschen glücklich machen“, sagt Luise Schrader, denn im Vergleich zu 2015, als vor allem viele Flüchtlinge als neue Kunden hinzukamen, ist die Zahl derer, die kommen, deutlich zurückgegangen. Besonders ältere Menschen, die aufgrund der sogenannten Altersarmut berechtigt sind, hält häufig die Scham zurück, auch die Verkehrsanbindung sei für sie manchmal ein Problem.

Dennoch sind alle, die formal berechtigt sind, herzlich willkommen und ebenso jeder, der ehrenamtlich oder gegen geringe Entlohnung bei dieser wichtigen Institution mitarbeiten möchte. Immerhin, so sagen die drei vom Vorstand, sehen sie ihre Aufgabe sowohl im Dienst am Menschen als auch darin, der schon seit Jahrzehnten währenden Verschwendung von Lebensmitteln entgegenzuwirken. Alle hier Tätigen verstehen sie damit als wichtigen Faktor in Sachen Nachhaltigkeit. Tatsächlich – und das sei an dieser Stelle durchaus wertend angemerkt – sind es diese Institutionen, die unsere Gesellschaft im Inneren zusammenhalten.







 

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