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17.08.2019

Themen zur medizinischen Versorgung diskutiert


Wolfgang Lautenbach (Heimleitung St. Jacobi), Hans-Hermann Heinrich (Geschäftsführer St. Jakobi), Andreas Röthke, Dr. Manfred Eilts, Brigitte Käser und Dr. Roy Kühne (von links)

Bürgermeisterkandidat Andreas Röthke und der Bundestagsabgeordnete Dr. Roy Kühne hatten zur Diskussion in das Foyer der Stadthalle eingeladen

...von Herma Niemann

Auch wenn das deutsche Gesundheitssystem zu den besten der Welt gehört, weist es in der Praxis doch Lücken und Schwächen auf. Um darüber ins Gespräch zu kommen, hatte der CDU-Stadtverband mit dem Bürgermeisterkandidaten, Andreas Röthke, und dem Bundestagsabgeordneten, Dr. Roy Kühne, in das Foyer der Stadthalle Osterode eingeladen.

Als Vorsitzender des Ärztevereins Osterode betonte Dr. Manfred Eilts gleich zu Beginn, dass die ärztlich medizinische Versorgung im Altkreis Osterode gesichert sei. Auch kurz- und mittelfristig sei diese nicht gefährdet, jedoch sollte man in den kommenden zehn Jahren dieses Thema im Auge behalten. Laut Statistik der Krankenversicherungen gebe es bundesweit 3440 unbesetzte Arztstellen, in Niedersachsen würden rund 300 Hausärzte fehlen, im Altkreis Osterode sei jedoch keine vakant. In den kommenden zehn Jahren würden jedoch mindestens rund 20 Prozent der niedergelassenen Ärzte in den Ruhestand gehen, die ersetzt werden müssten. Die Geschäftsführerin des Gesundheitsmanagements der AOK, Brigitte Käser, betonte ebenso, dass man mittelfristig die Ärzteversorgung beobachten müsse, auch angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung.

Allerdings sei diese Tendenz nicht neu, sondern schon seit langem bekannt. „Man war nicht konsequent genug, hat sich nicht um den Nachwuchs gekümmert. Zudem muss die sektoral aufgeteilte Versorgung praktischer werden für den Patienten. Wir müssen neue Wege gehen, besonders in der professionellen Pflege“ so Käser, die aufzeigte, dass beispielsweise Krankenschwestern in anderen Ländern höhere Kompetenzen zugesprochen werden. In dem Zusammenhang erwähnte Käser, dass es früher in den Kommunen Gemeindeschwestern gab, die vieles abgefangen hätten. „Warum haben wir die Gemeindeschwestern abgeschafft und wieso sind wir nicht in der Lage, diese wieder einzuführen?“

Dass der Pflegenotstand nicht überraschend gekommen sei, betonte Dr. Roy Kühne, denn diese Entwicklung sei schon seit 20 Jahren absehbar gewesen. Als Bundestagsabgeordneter dränge er schon lange in Berlin darauf, vorausschauend zu handeln und die sozialen Berufe besser zu stellen. Seiner Meinung nach stünde die Industrie so sehr im Fokus, „dass ganz Niedersachsen auf dem Tisch steht, wenn VW hustet“.

Es gebe im Bereich der medizinischen Versorgung keinen Königsweg und auch kein Patentrezept, so Dr. Eilts. Durch die Reform des Bedarfsplans würden zumindest neue Anreizsysteme für Ärzte geschaffen sowie qualifizierte Studiengänge geschaffen. Im Publikum saß auch Dr. Andreas Philippi (stellvertretender Landrat), der trotz der guten ärztlichen Versorgung aufzeigte, dass zumindest eine weitere Psychologenstelle im Altkreis fehle.

Eine Mitarbeiterin der Diakonie betonte, dass, auch wenn im Altkreis Osterode die Versorgung zwar gesichert sei, diese jedoch je weiter man in den Harz käme, deutlich schlechter würde. Gerade im Bereich Clausthal-Zellerfeld gebe es kaum noch Ärzte, die Hausbesuche machen würden, obwohl es viele Menschen gebe, die Schwierigkeiten hätten, eine Praxis aufzusuchen. Dieser Umstand würde jedoch nicht zu regulieren sein, antwortete Dr. Eilts, da man dies keinem niedergelassenen Arzt als Verpflichtung aufdrücken könne. An dieser Stelle zeigte Käser Modelle auf, mit denen medizinische Angestellte vom Zuhause des Patienten aus bestimmte Daten telemetrisch übertragen können, ohne dass der Arzt vor Ort sein muss.

Deutlich wurde in der Gesprächsrunde auch, dass es trotz der zahlreichen Pflegeeinrichtungen und der Kurzzeitpflege sehr schwierig sei, einen schnell benötigten Platz zu erhalten. Zudem wurde thematisiert, dass es alternative Wohnformen im Alter gebe, die allerdings auch besser in der Öffentlichkeit publiziert werden sollten. Ein Angestellter in der Altenpflege betonte: „Wenn mehr Menschen im Alter in alternativen Formen leben und wohnen könnten, wäre vieles gar nicht nötig. Unsere Gesellschaft muss weg von der rein wirtschaftlichen Rechnung und hin zu dem, was die Menschen brauchen und was ihre Selbständigkeit fördert“.


 

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