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04.04.2019

Hurra die Grenze ist offen!


Norbert Arndt, Brigitte Maniatis, Andreas Nemeth

Erzählcafé im Osteroder Museum im Ritterhaus

von Wolfgang Böttner

Im kommenden November vor 30 Jahren war die innerdeutsche Grenze Geschichte. Die Menschen, die diesen emotionalen Moment damals erleben durften, sind auch heute noch in ihren Erinnerung davon berührt. Der "Versprecher" von Günter Schabowski auf der legandären Pressekonferenz am 9. November 1989 löste in Ost und West ganz unterschiedliche Reaktionen aus.

Zu diesem Thema hatte Brigitte Maniatis zwei Zeitzeugen ins Erzählcafé in der letzten Woche ins Museum eingeladen, die ihre Erlebnisse dem Publikum schilderten. Norbert Arndt aus Obergebra im thüringer Eichsfeld und Andreas Nemeth aus Osterode.

Norbert Arndt: Ich sah es im Fernsehen. Die Grenze ist offen. Meine Frau hatte schon geschlafen. Sie wollte es nicht glauben, als ich sie geweckt habe. Wir haben uns einen Tag später mit dem Auto zur Grenze begeben. Wir haben noch ein junges Paar, die mit dem Motorrad unterwegs waren, mitgenommen. Man durfte nur mit dem Auto rüber. Keiner wußte genau wo die Grenze war. Auf den DDR-Karten waren die Straßen und Orte in Grenznähe ausgeblendet. Eine lange Schlange von Trabis, Wartburg und Co. stauten sich schon Kilometer vor der Grenze. Wir haben uns in Duderstadt umgesehen, was es so gibt. Die Bananen waren ausverkauft. Im ganzen Ort herrscht Euphorie. Die Menschen klopften aufs Autodach und riefen, kommt wieder. Tage später fuhren wir nach Northeim. Mit dem Begrüßungsgeld haben wir eingekauft. Auch hier war alles euphorisch, positiv und spannend.

Andreas Nemeth: Auch auf der niedersächsischen Seite herrschte Euphorie. Mit Perso und Kamera ging ich am Sonntag nach der Öffnung von Braunlage nach Elend. Hier wieder die endlose Schlange von Autos. Die Menschen standen in Braunlage vor den Schaufenstern. Die B27 war schon gesperrt. Ich musste zu Fuß weiter. An der Grenze ein Tisch und Stuhl und ein Grenzsoldat, der nicht einmal ein Stempel für den Pass hatte. Ich ging in Richtung Elend. Die Leute, die mir entgegen kamen sagten: Du gehst in die falsche Richtung. Eine ganze Waldlichtung stand voller Autos. Ich wollte irgenwo einkehren und fand das FDGB Haus Heim Donbass. Musik und Tanz, die Menschen feierten. Aber es gab nichts mehr zu trinken. Weiter zum Bahnhof Elend. Hier gab es noch Bier vom Fass.  Zurück an der Grenze bekam ich meinen Stempel, der erst in Helmstedt/Marienborn besorgt werden mußte, in den Pass. Statt Braunlage/Elend stand Helmstedt/Marienborn darin.

Auch Osterode wurde von den Besuchern jenseits der ehemaligen Grenze "überrannt". Auf dem Parkplatz an der Kaffeemühle wurde zum Teil mit 5 Personen im Trabi übernachtet. Im Rathaus Kornmagazin zahlte Wieland Mücke das Begrüßungsgeld aus. Er mußte mehrfach in einer Plastiktüte Nachschub von der Sparkasse holen. Das Begrüßungsgeld wurde meist zu Einkäufen in der Stadt verwand. Die Osteroder Geschäftswelt erlebte in kleines Konjunkturprogamm.

Die Zuhörenden hatten an diesem Abend noch mit vielen Geschichten aus der Zeit der Grenzöffnung beigetragen. Im Heimat-und Geschichtsverein ist vor 10 Jahren zur 20jährigen Grenzöffnung eine Broschüre erschienen, in der viele interessante Erlebnisse aus dieser Zeit geschildert werden.


Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:



Brigitte Maniatis

 

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