Kultur

12.03.2019

Begeisterung ist ansteckend


Volles Zelt beim Circus Busch auf der Osteroder Bleichestelle

von Christian Dolle

Die Musik wird leiser, das Licht dunkler, nur ein Spot ist auf Alfred Scholl auf dem Trampolin gerichtet. Alle Augen im großen, voll besetzten Zirkuszelt sind jetzt auf ihn gerichtet, denn gleich wird er den dreifachen Salto zeigen, auf den hier alle warten. Er springt, wirbelt in der Luft herum, dann landet er wieder und bricht die Nummer ab. Das Publikum hält den Atem an, denn an den Gesichtern der anderen Artisten ist deutlich zu sehen, dass das nicht geplant war.

Der Circus Busch aus Berlin war am vergangenen Wochenende in Osterode zu Gast und gab etliche Vorstellungen, die überraschend gut besucht waren. Woran das liegt, konnten sich auch die erfreuten Zirkusleute nicht erklären, vielleicht aber auch an den Gebrüdern Scholl, die mit ihrer Trampolin-Nummer schon im Fernsehen, bei der Sendung „Das Supertalent“, punkten konnten.

Nun sind sie mit eben dieser spektakulären Nummer im Südharz zu sehen, das Zelt ist voll und ausgerechnet jetzt patzt der Artist. Was ist da los? Ganz einfach, das hier ist kein Fernsehen, das hier ist live. Während beim Einlass draußen noch die Sonne schien, regnet es inzwischen Hunde und Katzen und ein Rinnsal bahnt sich auch den Weg ins Zelt, direkt in die Manege und in die Sägespäne. „Das Trampolin steht schief“, ruft Alfred Scholl seinen Kollegen zu, „können wir es ein Stück rüberschieben?!“

Schwerkraft? Was war das noch gleich?

Sofort wird seine Bitte in die Tat umgesetzt, das Trampolin auf trockenen Untergrund geschoben, der Spot geht wieder auf den Artisten, wieder springt er und wirbelt durch die Luft, diesmal wie geplant dreimal um die eigene Achse als habe er die Schwerkraft für einen Augenblick abgeschaltet, dann landet er sicher und begeisterter Applaus ertönt.

Diese kleine Szene zeigt vor allem eines: Während im Fernsehen und im Internet immer mehr Computertechnik zum Einsatz kommen muss, um Zuschauer bei der Stange zu halten, sind Zirkusleute allein auf ihr Können angewiesen. Zwar sind artistische Nummern auch immer ausgefeilter geworden, der Humor hat sich verändert und vor allem der Umgang mit Tieren ist heute ein grundsätzlich anderer als früher einmal, doch im Grunde sind es die Menschen in der Manege, die ihre tatsächlichen Supertalente so präsentieren müssen, dass sie die Blicke der Kinder und auch der Erwachsenen für die Dauer der Vorstellung bannen und sie in diese andere Welt eintauchen lassen.

Die Eiskönigin schwebte durchs Zelt

Genau das ist dem Circus Busch allerdings hervorragend gelungen. Weil das Herzblut zu spüren war, mit dem alle Beteiligten dabei waren. Ob Pferdedressur, Clownin, atemberaubende Artistik am Trapez, Kamele oder eine mit Zuschauern eingeübte Oper, immer war die Leidenschaft und das Herzblut zu spüren, mit dem das Publikum hier unterhalten wurde.

Besonderes Highlight für die Kinder war die durchs Zelt schwebende Eiskönigin Elsa, während es plötzlich zu schneien anfing. Großer Höhepunkt für die Eltern hingegen war, dass alle Kinder am Ende in die Manege gerufen wurden, sie alle gemeinsam tanzen und „Let it go“ singen durften, ein Moment, der tatsächlich ans Herz ging und den viele junge Besucherinnen wohl so schnell nicht vergessen werden.

„Wir sind völlig begeistert, dass so viele Leute da waren und auch so toll mitgemacht haben. Vor allem, weil wir noch nicht mal vollständig sind und einige Artisten noch an der Grenze auf irgendwelche Papiere warten müssen“, sagten Direktor Hardy Scholl und sein Team am Ende. Ja, Begeisterung ist eben ansteckend. Wenn die große Zeit der Zirkusse auch vorbei sein mag, hier wurde noch einmal gezeigt, dass er noch immer die Kraft hat, Kinder zu verzaubern und auch Erwachsene zu beeindrucken, mit großartiger Artistik, tollen Ideen und vor allem eben mit Leidenschaft.





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