Kultur / Rezensionen

14.02.2019

Endzeitroman mit Tiefe


Warum „Metro 2033“ ein literarisches Meisterwerk ist

von Christian Dolle

Im Jahr 2033 ist die Menschheit durch einen Atomkrieg von der Erdoberfläche regelrecht weggefegt worden. Nur einige Überlebende konnten sich in die Moskauer Metro retten und an den einzelnen U-Bahn-Stationen eine neue Zivilisation aufbauen. Doch sie leben ohne Tageslicht, von wenigen verbleibenden Überresten der Zivilisation und vor allem in ständiger Angst vor den Kreaturen, die jetzt den Planeten bevölkern und allmählich auch in den Untergrund eindringen.

Das ist die dystopische Welt, die der russische Autor Dmitry Glukhovsky für seinen Roman „Metro 2033“ und dessen Fortsetzungen entwarf. Auch andere Autoren haben inzwischen Bücher geschrieben, die in dieser Postapokalypse spielen und es gibt eine sehr erfolgreiche Videospielreihe, die Metro zudem beeindruckend visualisiert und für den Spieler erlebbar macht.

Nun ist die Grundidee der zerstörten Welt mit nur wenigen Überlebenden, die sich lebensbedrohliche Gefahren ausgesetzt sehen, sicher nichts Neues. Was „Metro 2033“ so besonders macht ist tatsächlich dieser erste Roman und die Erzählkunst des Autors, der in seiner Heimat als scharfer Analytiker und Kritiker Putins gilt. Auf den 800 Seiten des Buches gelingt es ihm, eben nicht nur mit einer düster-spannenden Geschichte zu fesseln, sondern auf einer zweiten Ebene auch noch viele Fragen aufzuwerfen, die sich fast schon wie ein kulturphilosohisches Untergrundnetz durchs Buch ziehen.

Reise durch den Untergrund

Vordergründig geht es um den jungen Artjom, dessen Station sich von den sogenannten „Schwarzen“ bedroht fühlt und der von einem Durchreisenden namens Hunter einen Hinweis erhält, wie er die Station und vielleicht die gesamte Metro retten könnte. Daraufhin macht sich Artjom auf den Weg durch die unterirdischen Tunnel, in denen unvorstellbare Bedrohungen lauern und begegnet an den Stationen unterschiedlichsten Menschen, die ihm nicht immer unbedingt wohlgesonnen sind.

Es ist die spannende Reise, auf die wir als Leser geschickt werden und der Horror, der fesselt und zumindest mich oft so sehr packte, dass ich nicht aufhören konnte. Auf einer anderen Ebene aber wirken all diese Begegnungen metaphorisch und zeigen geradezu exemplarisch viele Facetten des Menschen und von Zivilisation auf. Da gibt es die verschiedenen politischen Ideologien, die dazu führen, dass selbst die ums Überleben ringenden Stationen dieser dem Tode geweihten Welt einander bekämpfen. Weiterhin die religiösen Fanatiker, die alles für sich zu deuten versuchen, diejenigen, die sich dem Schicksal ergeben und andere, die unbedingt unsere Kultur bewahren und eine neue Zivilisation aufbauen wollen.

Metro Exodus wird sehnsüchtig erwartet

All das ist für mich noch einmal auf eine ganz andere Art spannend, vor allem, wenn Artjom immer wieder reflektiert und sich wundert, dass es auf viele Fragen so grundverschiedene Antworten – also nicht bloß Schwarz und Weiß oder Gut und Böse – gibt. Noch dazu verliert sich der Autor manchmal in Betrachtungen über den Wert von Literatur, die mir das Herz aufgehen lassen und auch sprachlich weit über den Stil vieler typischer Endzeitstorys hinausgehen.

Dadurch wird „Metro 2033“ nie langweilig, vor allem, weil auch immer wieder, und gerade zum Ende hin, Wendungen herbeigeführt werden, die auch die Reise Artjoms in einem neuen Licht erscheinen lassen. All das macht diese Schwarte wahnsinnig unterhaltsam, unbedingt lesenswert und für viele tatsächlich zu einem Meisterwerk. Auch die Fortsetzungen „Metro 2034“ und „Metro 2035“ fanden ihre Fans und auch das neue Computerspiel „Metro Exodus“, das in dieser Woche erscheint, wird schon sehnsüchtig erwartet.

 

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