Kultur / Rezensionen

09.02.2019

Das Riesenrad kommt einfach nicht in Fahrt


Jonas Winner – Murder Park

von Christian Dolle

Ein seit zwanzig Jahren verlassener Freizeitpark auf einer Insel. Jetzt soll er als Murder Park wiedereröffnet werden. Grund für die Schließung war nämlich ein Killer, der dort drei Frauen umbrachte. Zwölf Menschen reisen nun auf die Insel, auf der sie sich das Konzept dieses Parks zum Motto Serienmörder erläutern lassen. Dann findet einer nach dem anderen den Tod und die Übrigen wissen, sie können dem Killer nicht entkommen, wenn sie sich nicht mit der dunklen Vergangenheit auseinandersetzen.

Mit einem vielversprechenden Horrorsetting wartet der Roman von Jonas Winner auf. Ein Lost Place, bei dem sofort Bilder aus „The Park“ oder von realen vergessenen Freizeitparks wie in Prypjat in den Sinn kommen mögen. Dazu eine begrenzte Anzahl von Protagonisten, deren Zahl sich immer weiter dezimiert und der Mörder vermutlich mitten unter ihnen. Der Autor ein Journalist, der aber seit einigen Jahren erfolgreich Thriller schreibt. All das schraubt die Erwartungen an dieses Buch in die Höhe.

Am Anfang stand ein Videointerview, das ein Psychiater mit einem der Parkbesucher im Vorfeld führte. Auch der literarische Kniff, eine zweite Erzählebene einzubauen, die die Figuren vielleicht in einem anderen Licht zeigt, wirkt wohl überlegt und macht Lust aufs Lesen. Doch schon in diesem ersten Kapitel tauchte leider auch das erste Problem auf, das dieses Buch hat. Die Hauptfigur, der 24-jährige Reporter Paul, bleibt von Anfang an eher blass. Zu flach erscheint er, zu konstruiert auf diesen Einstieg hin geschrieben.

Leider gilt dies im weiteren Verlauf auch für alle anderen Figuren. Wirkliche Charaktere sind sie nicht, wirken durchweg nur geschrieben, um die Geschichte voranzubringen. Leider zieht sich dieser Eindruck dann auch durchs gesamte Buch.

Das führt nun zum zweiten Problem von „Murder Park“. Die eigentlich vielversprechende Story kommt einfach nicht voran. Natürlich wird ein klassisches Whodunit-Szenario aufgebaut, jeder ist verdächtig, doch statt mehrfach in die Irre zu führen, drehte sich im Grunde alles immer wieder im Kreis und kommt keinen Schritt weiter.

Das alte Riesenrad im Park dreht sich hingegen lange Zeit gar nicht, soll heißen die großartige Atmosphäre, die der Autor hätte aufbauen können, wird überhaupt nicht genutzt. Das alles wirkt unglaublich zäh, zumal auch noch die einzelnen Morde ungemein unspektakulär und beiläufig geschildert werden, unter den Überlebenden nie so richtig Angst aufkommt und alles nur auf ein großes Finale zuplätschert.

Na gut, ein durchdachter Plottwist kann das Ruder ja manchmal noch herumreißen. Tatsächlich hat der Autor es wohl auch gerade darauf angelegt und sich für die letzten Seiten einiges vorgenommen. Leider ist es auch nicht gut, wenn beim Herumreißen eines Ruders völlig übersteuert wird und genau das ist das dritte und wahrscheinlich größte Problem.

Die überraschenden Wendungen und Enthüllungen am Ende erschienen leider so gewollt, dass dabei keine Rücksicht mehr auf Logik genommen wird und es manchmal fast schon wie eine Parodie erscheint. Nur ist es dazu eben nicht lustig genug, sondern eigentlich eher traurig.

Damit ist „Murder Park“ leider eine große Enttäuschung. Nicht, da Erwartungen nicht erfüllt werden, denn das ist rein subjektiv. Aber weil die Geschichte völlig belanglos bleibt und außer dem vielversprechenden Setting so gar nichts hat, was positiv in Erinnerung bleibt. Schade, leider kein Buchtipp für den kommenden Sonntag.

 

Anzeige