Panorama

04.01.2019

Was uns Angst macht


Debatte über Gewaltbereitschaft schlägt oft seltsame Wege ein

Kommentar von Christian Dolle

Die Polizei in der Region gab in diesem Jahr an, dass es in der Silvesternacht zwar durchaus etwas zu tun gab, zumeist aber friedlich gefeiert wurde. Dennoch erschrecke ihn, so teilte ein Beamter zwischen den offiziellen Aussagen mit, wie stark die Gewaltbereitschaft bei manch einzelnen Einsätzen gestiegen sei. Natürlich ist das erst einmal ein subjektiver Eindruck, doch den teilen offenbar viele Menschen.

Nun ist unsere ländliche Region, was wirklich erschreckende Taten angeht, zum Glück relativ selten in den überregionalen Schlagzeilen. Die berichteten bei diesem Jahreswechsel aus der Kleinstadt Amberg, wo vier stark alkoholisierte Jugendliche auf Passanten einschlugen. Da die Täter aus Afghanistan, Syrien und Iran stammen, machten am folgenden Tag Berichte über angebliche Patrouillen besorgter Bürger die Runde und der Bundesinnenminister höchst persönlich äußerte sich zu den Gewaltexzessen, die wir nicht dulden können.

Offenbar ging es da aber nicht um den starken Alkoholeinfluss oder jugendliche Gewaltbereitschaft, sondern vielmehr um zu lasche Gesetze, die es verhindern, dass Asylsuchende schneller in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden können. Nun gut.

Gezielter Anschlag

Andere erschreckende Schlagzeilen kamen aus Bottrop und Essen, wo ein Mann mit dem Auto mehrfach in Menschenmengen fuhr, was aufgrund polizeilicher Ermittlungen eindeutig als rassistischer Anschlag gewertet wurde. Mehrere Menschen, darunter auch Kinder, wurden verletzt, bei den Opfern handelte es sich um Menschen ausländischer Herkunft, die sich der Täter gezielt aussuchte, so dass hier wegen versuchten Mordes ermittelt wird.

Hier sprach der Innenminister laut Medienberichten nicht von einem Gewaltexzess, sondern stellte fest, dass es für ihn zur politischen Glaubwürdigkeit gehöre, auch diesen Fall mit Entschiedenheit und Härte zu verfolgen. Einen Hinweis auf zu lasche Gesetze gegen Rassismus gab es – wen wundert's – nicht.

Schreckensnachrichten werden instrumentalisiert

Selbstverständlich sind Gewalttaten immer tragisch und es sollte immer zuerst um die Opfer gehen. Allerdings bekomme ich in den letzten Jahren mehr und mehr den Eindruck, dass eben diese Schreckensnachrichten instrumentalisiert werden, bevor die nüchterne Meldung überhaupt auf dem Presseportal der Polizei auftaucht. Und leider bekomme ich auch mehr und mehr den Eindruck, dass da ein Ungleichgewicht herrscht, wenn selbst Politiker vom Range eines Bundesministers in eindeutig rechtspopulistische Rhetorik verfallen.

Um nun doch wieder auf unsere Region zurückzukommen, so habe ich hier in den letzten Jahren mit Asylsuchenden, Ausländern etc. keine schlechten Erfahrungen gemacht. Vielmehr habe ich immer wieder große Dankbarkeit erfahren, wenn die „Neu-Harzer“ merkten, dass sie mit offenen Armen empfangen werden, doch das ist eine andere Geschichte. Wohl aber wurde ich in den sozialen Medien schon dafür angegriffen, dass ich angeblich der „Mainstream-Presse“ angehöre und aus nationalistischer Sicht dementsprechend mit Vorsicht zu genießen sei.

Mir also und das betrachte ich zunehmend auch im Bekanntenkreis, machen keinesfalls jene Sorgen, von denen wir angeblich viel zu viele ins Land gelassen haben, sondern es wächst die Angst vor jenen, die oft lautstark und meiner Meinung nach deutlich gewaltbereit ein Vaterland verteidigen wollen, das sich vor Toleranz und Weltoffenheit verschließt und daher nicht meines ist.

 

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