Kultur

12.11.2018

Mit dem Fanbus zum Finale


Minuspol traten beim local heroes-Contest für Niedersachsen an

von Christian Dolle

Der local heroes-Contest ist einer der bekanntesten Wettbewerbe für Nachwuchsbands und in Deutschland nicht selten ein wichtiges Sprungbrett für Newcomer. Die Osteroder Band Minuspol konnte vor drei Wochen das Landesfinale in Hannover für sich entscheiden und durfte damit am vergangenen Samstag im Bundesfinale für Niedersachsen antreten.

Da beim Contest einen Jury- sowie einen Publikumspreis verliehen wird, wurden kurzerhand zwei Busse organisiert und Fans eingeladen, die Band nach Salzwedel zu begleiten. Viele Freunde, Eltern und bei Joschka und Jeremias sogar auch die Großeltern waren mit von der Partie, aber auch etliche Jugendliche, die sich das Event nicht entgehen lassen wollten. Die Chance, dass eine Band aus dem Südharz sich mit Teilnehmern aus noch 13 anderen Bundesländern in einem großen Wettbewerb misst, gibt es schließlich nicht so häufig.

Julian, Marc, Marco, Jeremias und Joschka mussten schon früher vorfahren, für die bunte Osteroder Truppe mit ein wenig Verstärkung aus Göttingen ging es am frühen Nachmittag auf die Autobahn Richtung Braunschweig uns dann über Land nach Sachsen-Anhalt und ins Herz des Vereins, der hinter local heroes steht, nach Salzwedel. Die Stimmung an Bord war gut, ging es doch gar nicht in erster Linie ums Gewinnen, denn schon das Dabeisein war schließlich ein unglaublicher Erfolg für Minuspol.

Jeremias' und Joschkas Oma und Opa waren ebenso aufgeregt wie die Jugendlichen, sahen alles aber vielleicht etwas abgeklärter. „Früher war ich ja auch Musiker und wir haben auch an Wettbewerben teilgenommen“, sagt Manfred Fiedler, „allerdings bin ich im Nachhinein doch froh, dass ich es nicht zum Beruf gemacht habe. Das würde ich eigentlich auch unseren Enkeln raten, aber jetzt sollen sie erst einmal genießen, was gerade passiert.“

Dass sie es genossen, davon konnte sich die Reisegruppe bei der Ankunft an der schon gut gefüllten Halle überzeugen. Die fünf Jungs stürmten gleich auf ihre Fans zu, bedankten sich für die Unterstützung und forderten erst einmal dazu auf, den Abend über fair zu bleiben, alle Bands anzuhören und auch bei denen vor der Bühne zu jubeln. Dass sie Unterstützer aus der Heimat vor Ort hatte, hieß nämlich noch gar nichts. Zum einen waren an diesem Abend etwa 1000 Besucher dort, zum anderen sieht das Wahlverfahren eine Erst- und eine Zweitstimme vor, so dass jede Band eben auch auf die Wertung anderer Zuschauer angewiesen war.

Auf der Bühne ging es inzwischen mit dem Contest los, The Atrium, Landessieger aus Nordrhein-Westfalen, sorgten schon einmal für einen starken Auftakt. Selbst den engen Freunden der Minuspol-Jungs dämmerte jetzt, dass hier tatsächlich die Besten aus insgesamt 14 Bundesländern antreten und es damit ein hochkarätiges Line-Up ist, das sich da die Ehre gibt. Unterstrichen wurde das übrigens auch vom Special Guest Madsen, die nach den Wettbewerbern als Support auftreten sollten.

Auf der Hauptbühne lieferte nun eine Band nach der anderen ihr 20-minütiges Set ab, in den 10-minütigen Umbaupausen wurden sie dann im Foyer interviewt und durften noch einen Song akustisch spielen. Das sorgte zum einen für ein lückenloses Programm, zum anderen eben auch dafür, dass die Besucher sich trotz der knapp bemessenen Zeit relativ intensiv mit den Bands auseinandersetzen konnten. Das durchweg hohe musikalische Niveau und die völlig unterschiedlichen Stile, die eigentlich kaum vergleichbar sind, machten eine Entscheidung nicht eben leichter.

Minuspol ließen sich davon allerdings äußerlich kaum aus der Ruhe bringen, sondern fanden sogar noch Zeit für eine Partie Kicker und viele Gespräche mit ihren Fans oder denen, die es werden sollten. Gegen 21 Uhr war es dann schließlich soweit. Die Jungs mussten auf die Bühne, vier ihrer Songs abliefern und dazu eine möglichst gute Bühnenshow, die das Publikum im Saal zum Kochen brachte.

Wer Minuspol allerdings kennt, der weiß auch, dass gerade die Bühnenshow eine ihrer großen Stärken ist. Die ist energiegeladen, mitreißend, authentisch und schwappt nicht nur von der Bühne, wenn Julian ein Stagediving einlegt und sich vom Publikum tragen lässt. All das gab es auch diesmal und nur, wer die Band wirklich gut kennt, konnte ihnen ein bisschen mehr Anspannung anmerken als bei Gigs in Osterode und Umgebung.

Ihre Show kam jedenfalls toll an, ebenso der Auftritt auf der kleinen Bühne und plötzlich kam bei allem „Dabeisein ist alles“ doch ein wenig Hoffnung auf. Doch erst einmal waren da noch sieben weitere Bands, die ebenfalls einiges zu bieten hatten. Zwischen HipHop und Metal gab es immer wieder überraschende Tanzeinlagen, schrille Kostüme und wirklich gute Sänger und Instrumentalisten. Fast ein bisschen wie beim Eurovision Song Contest, nur ohne den Trash.

Irgendwann waren dann alle Teilnehmer durch und die Zuhörer freuten sich auf Madsen, die den Contest vor etlichen Jahren selbst einmal für sich entscheiden konnten und dann eine große Karriere hinlegten. Dass sie es immer noch könnten, zeigten sie vor begeistertem Publikum und durchaus auch als Ansporn für all die Nachwuchsbands.

Es war schon weit nach Mitternacht als die Jury endlich die Bühne betrat um die Sieger zu verkünden. Als bester Instrumentalist wurde der Pianist von OQmanSolo ausgezeichnet, als beste Sängerin die Backgroundsängerin von Kesh. Dritter Platz der Jury wurden die Reichen Söhne aus Sachsen-Anhalt, dritter Platz in der Publikumswertung Kesh aus Brandenburg. Den zweiten Platz der Jury belegte Kesh, während die Reichen Söhne den zweiten Platz beim Publikum machten. Als Sieger kürte die Jury Perez aus Baden-Württemberg und dann brach nicht nur bei den Harzern der ungehemmte Jubel los als Minuspol als Publikumssieger bekannt gegeben wurden.

Damit hatte kaum jemand wirklich gerechnet und diesmal war den Jungs deutlich anzusehen, dass sie erst einmal einen Augenblick brauchten, um die Nachricht zu realisieren. Ihre Freude und die aller Mitgereisten war jetzt umso größer, denn besser kann eine gemeinsame Busreise nicht enden, oder? Ach doch. Mit einer dreistündigen Fahrt durch die Nacht, auf der alle dank Handyfotos und -videos alles noch einmal in aller Ruhe nachvollziehen konnten.






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