Panorama

18.08.2018

Berufsziel „irgendwas mit Medien“ heute


Luran Engelhardt dreht einen Film für seinen Start an der Uni

von Christian Dolle

Zuerst fragte mich Luran, ob ich Locations kenne, an denen er einen Film drehen kann. Für seinen Film brauche er eine medizinische Kulisse und eine, die asiatisch wirkt. So richtig weiterhelfen konnte ich ihm leider nicht. Dabei hätte ich es gerne getan, denn den Film, den er dreht, reicht er an der Uni ein und bewirbt sich damit in Berlin für den entsprechenden Studiengang.

Luran Engelhardt ist einer von jenen Abiturienten aus der Region, die derzeit die Weichen für ihr kommendes Leben stellen. Für ihn ist das die Medienbranche und insbesondere die Arbeit hinter der Kamera bzw. am Set. Nachdem er sich als Mediengestalter schon neben der Schule etwas Zukunftsweisendes aufbaute, setzte er für manche Aufträge auch immer wieder die Kamera ein, fand Spaß daran und brachte sich auch viel technisches Knowhow bei. Das will er im Studium professionalisieren.

Als erster Schritt an die Uni dreht er aktuell einen Film, der ein medizinisches Netzwerk bewerben und erläutern soll. Eine klare Aufgabenstellung, doch bei näherer Betrachtung leider gar nicht so einfach. Nachdem ich ihm bei den Locations nur mäßig weiterhelfen konnte, spricht er mich dennoch erneut an. Er habe inzwischen einen Zahnarzt gefunden, der ihm an einem Sonntag seine Praxis für Dreharbeiten zur Verfügung stellen würde.

Statisten gesucht

Zwei Szenen sollen hier entstehen, eine, in der ein Arzt medizinische Daten in jenes zu bewerbende Netzwerk eingibt und eine weitere, in der anderswo während einer Behandlung eine Nachricht ankommt und dem Kollegen für den Zuschauer ersichtlich weiterhilft. Zwei Freunde von Luran sind gerne bereit, als Statisten im Film mitzuspielen. „Aber eigentlich brauche ich auch noch jemanden, der nicht mehr zwanzig ist und dem man den Doktortitel auf den ersten Blick auch abnimmt“, erläutert er mir.

„Und da denkst du ausgerechnet an mich?“, ist meine erste Reaktion, doch natürlich bin ich gerne bereit, ihn zu unterstützen. Zu viert und mit einem Equipment im Kofferraum geht es also am Sonntagmorgen los zu jener Praxis, von der Luran während der Fahrt nur hofft, dass sie wenigstens annähernd seinen Vorstellungen entspricht. Der Hausherr jedenfalls ist schon einmal sehr nett und freut sich sogar über die ungewöhnliche Anfrage, da er sowas eben auch nicht alle Tage in seiner Praxis hat.

Was dann passiert wundert mich, denn plötzlich geht alles sehr schnell. Luran baut Licht und Kamera auf, schnell werden noch ein paar Requisiten zusammengesucht und schon gibt er uns drei Statisten Anweisungen, was wir wie genau zu tun haben. Als Regisseur hat er seine Szenen natürlich grob im Kopf, doch schnell auch auf die Räumlichkeiten zugeschnitten und weiß genau, was er von wo filmen will.

Klare Regieanweisungen

Zuerst eine Szene im Zahnarztstuhl, bei der die Arzthelferin während der Behandlung auf eine Nachricht auf dem Laptop aufmerksam wird. Luran erklärt seinen Schauspielern jeden Handgriff und gibt genaue Anweisungen. „Also ich könnte auch noch den großen Bohrer holen“, wirft der Zahnarzt ein, doch das wollen die Darsteller seltsamerweise nicht.

Dann bin ich an der Reihe, soll aus der Kaffeeküche mit einer Tasse in der Hand zum Empfang gehen und dort etwas in den Computer tippen. Also Gehen und Tippen, das kann ich, denke ich mir, doch wenn der Regisseur dafür exakt dreißig Sekunden vorgibt, erhöht sich der Schwierigkeitsgrad durchaus. Tatsächlich gelingt es mir dann aber doch und auch diese Szene ist überraschend schnell im Kasten.

Zur Sicherheit wird noch eine weitere mit der Tochter des Zahnarztes gedreht, um Ersatzmaterial zu haben, dann ist unser Regisseur zufrieden und wir können auch schon wieder abbauen.

Auf der Rückfahrt gehen mir mehrere Gedanken durch den Kopf. Viele kreisen darum, wie zielstrebig und professionell doch junge Leute schon sein können, wenn sie genau wissen, was sie mit ihrer Zukunft anstellen wollen. Auch wir hatten damals das klassische Berufsziel „irgendwas mit Medien“, doch so konkret hatten nur wenige von uns vor Augen, was sie wollten und die meisten erkannten erst sehr viel später, wohin ihr Weg führen könnte. Vielleicht liegt es auch daran, dass der Einstieg in die Branche noch schwieriger geworden ist, ganz sicher dürfen wir uns aber nicht generell über mangelnden Ehrgeiz heutiger Schulabgänger beklagen.



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