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01.08.2018

Die Sütterlinschrift hält Einzug in Hattorf


Sigurd Hille verteilt Lehrmaterial an die „Schulklasse“, die sich mit der Sütterlinschrift befasst hat

...von Petra Bordfeld

Es waren eine Taufurkunde, wo Wilhelm Busch als Taufpate in der Sütterlinschrift geschrieben steht und zum teil noch in Kurrentschrift verfassten Briefe des wohl einflussreichsten, humoristischen Dichters und Zeichners, die bei Sigurd Hille, dem ersten Vorsitzenden des Wilhelm-Busch-Vereins Hattorf, die Idee aufkeimen ließ, an dieser deutschen Schrift interessierte Menschen zu einem Treffen einzuladen. Und er staunte nicht schlecht, wie viele Frauen und Männer mit ihm auf die Erkundungsreise gehen wollten.

Zuerst stellten sich alle in einer Räumlichkeit des Gasthauses „Zum Eichenkrug“ umfunktioniertem Klassenzimmer vor. Dabei verrieten sie auch, warum sie lernen wollten, diese Schrift zu schreiben und zu lesen. Während der eine und die andere alte Werke beim Aufräumen des Dachbodens gefunden haben, die ihnen Rätsel aufgeben, wollten andere ihr vor langer Zeit erhaltenes Wissen auffrischen. Es waren aber auch Spezialisten dabei, die einfach mal schauen wollten, was Sigurd Hille unterrichten wird. Der freute sich in jedem Fall riesig, Neulinge und alte Hasen begrüßen zu können.

Er erinnerte daran, dass heute die Kinder – abgesehen von Arbeitsgemeinschaften oder Wahlpflichtkursen – nicht mehr diese Schriften erlernen. Der Hauptgrund bestünde aber darin, dass heute äußerst selten noch Karten oder Briefe auf Papier festgehalten werden, denn auch in diesem Bereich hat das Internet das Ruder übernommen.

Dann gewährte er Einblicke in die Geschichte der beiden Schriftarten, um dann „Unterrichtsmaterial“ zu verteilen. Am Ende waren sich alle einig, dass sie weitermachen möchten. So treffen sich alle am 29. August um 17 Uhr wieder im „Eichenkrug“. Wer noch dabei sein möchte, ist herzlich willkommen.

GESCHICHTE DER BEIDEN SCHRIFTARTEN

Die deutsche Kurrentschrift war etwa seit Beginn der Neuzeit bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts die allgemeine Verkehrsschrift im gesamten deutschen Sprachraum. Sie wird auch deutsche Schreibschrift oder deutsche Schrift genannt.

Die Sütterlinschriften sind zwei im Jahr 1911 im Auftrag des preußischen Kultur- und Schulministeriums von Ludwig Sütterlin entwickelte Ausgangsschriften für das Erlernen von Schreibschrift in der Schule. Neben der deutschen Sütterlinschrif entwickelte er auch eine stilistisch vergleichbare lateinische Schreibschrif
1915 wurde diese Schrift in Preußen eingeführt. Sie begann in den 1920er Jahren die bis dahin übliche Form der deutschen Kurrentschrift abzulösen und wurde 1935 in einer abgewandelten Form als Deutsche Volksschrift Teil des offiziellen Lehrplans. In der Folge des Normalschrifterlasses wurde allerdings auch sie mit einem Rundschreiben vom 1. September 1941 verboten, nachdem bereits mit Rundschreiben von Martin Bormann (Kanzleichef der NSDAP) vom 3. Januar 1941 die Verwendung gebrochener Druckschriften untersagt worden war.
Als Ausgangsschrift wurde nach dem Verbot der deutschen Schrift ab 1942 in den Schulen die lateinische Schrift in einer Variante, die Deutsche Normalschrift genannt wurde eingeführt. An west- und ostdeutschen Schulen wurde nach 1945 außer der lateinischen Ausgangsschrift die deutsche Schreibschrift teilweise bis in die 1980er Jahre zusätzlich gelehrt. 

 

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