Kultur

18.05.2018

Poetisches Märchen mit eindringlicher Botschaft


Figurentheater und Vivaldi im „Concertatio In Silva“ in der Stadthalle

von Christian Dolle

Im Laufe der Jahreszeiten streiten sich die Eiche, die Buche, die Fichte und die anderen Bäume, welcher von ihnen denn der beste sei. Dabei werfen sie sich zunächst Beleidigungen an die Krone, beschimpfen sich gegenseitig als „Flachwurzler“, bevor sie irgendwann gar nicht mehr miteinander sprechen. Als Steigerung beauftragen sie die Tiere des Waldes schließlich, ihre Samen nicht mehr alle durcheinander auszusäen, sondern jede Art für sich, weit weg von all den anderen.

Welche Auswirkungen das hat, konnten die Besucher in der Osteroder Stadthalle am vergangenen Mittwoch miterleben, wo das Figurentheater Favoletta die Geschichte vom Streit der Bäume auf der großen Bühne spielte und dazu vom European Union Baroque Orchestra und Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ begleitet wurde. Diese Mischung aus Figurentheater und live gespielter klassischer Musik gibt es nicht allzu häufig und macht somit erst einmal neugierig.

Liebevolle Details

Die wahre Stärke des musikalischen Märchens „Concertatio In Silva“ liegt allerdings noch ganz woanders. Es ist nicht die große Show auf großer Bühne, die beeindruckt, sondern viel mehr noch sind es die liebevollen Details, die sich in den Dialogen und in den handgemachten Figuren zeigen. Es sind die rollenden Augen der Bäume, die sich bewegenden Münder und die je nach Jahreszeit wechselnden Kronen, die einen ganz besonderen Charme versprühen, aber auch jedem, der sich ein wenig mit Figurentheater auskennt, klar machen, wie viel Aufwand hinter diesem Stück steht, welche Präzision und großartige Arbeit hinter der Bühne hier notwendig ist.
Die hervorragend gespielten Stücke der Musiker aus Kroatien, Spanien, Frankreich und Polen werden für manchen Zuschauer von nun an immer mit den Bildern der Eichhörnchen, Vögel und dem Hirsch, die zwischen den Bäumen herumtollen, verbunden sein. Die Puppenspieler Michael und Andrey Schneider und Bilal Alhaddad haben ein Stück so voller Poesie und voller Wortwitz geschaffen, das an diesem Abend jeden im Saal packte und begeisterte.

Wunderbar erzählt

Allerdings sind es nicht nur die Wortspiele und Details, die im Gedächtnis bleiben, darüber hinaus ist auch die Geschichte an sich wunderbar erzählt und eindringlich. Die geschaffenen Monokulturen nämlich werden alle von einem schrecklichen Sturm dahingerafft, dem sie jeder für sich nichts entgegenzusetzen haben. Erst nachdem alles kahl ist und die Bäume darüber erschrecken, was sie durch ihren Streit angerichtet werden, kann schließlich wieder ein gesunder Mischwald wachsen.
Die Botschaft dieser Parabel wird deutlich, ohne dass sie allzu plakativ oder gar kitschig daherkommt. Allein ein Bekenntnis der Darsteller am Ende – Ein Adagio für Liebe und Menschlichkeit – untermauert noch einmal, wie wichtig ihnen ihre Aussage ist. Und so, wie sie es formulieren, geht es ans Herz und wirkt (hoffentlich) noch lange nach.




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