Panorama

09.05.2018

Wie objektiv ist Journalismus?


Im Gespräch mit Schülern der KGS Bad Lauterberg über unabhängige Presse, Recherche und Voraussetzungen für diesen Beruf

von Christian Dolle

„Schreibt ihr immer zu 100 Prozent die Wahrheit?“ Diese Frage stellte ein Schüler des neunten Jahrgangs der KGS als es im Wahlpflichtkurs um Journalismus ging. Meine Kollegin Nora Garben vom Harzkurier und ich waren vom Fachlehrer Thomas Böhlendorf eingeladen worden, um über unseren Beruf zu sprechen und den Schülern Fragen zu beantworten.

Die Frage nach der Wahrheit ist eine einfache – zumindest auf den ersten Blick. Grundsätzlich bemühen Journalisten sich natürlich, immer die Wahrheit zu schreiben, das nötige Handwerkszeug zur Recherche lernt man und ein Bericht sollte Leser nie in eine bestimmte Richtung drängen wollen. Andererseits sind auch Medienschaffende Menschen und haben somit eine subjektive Wahrnehmung. Mit einem Seitenblick auf Nora antwortete ich schließlich: „Wenn Nora und ich auf dem gleichen Termin sind und darüber schreiben, dann können durchaus unterschiedliche Texte dabei herauskommen.“

Kluge Schülerfragen

Objektivität gibt es im Journalismus nicht und wohl auch nirgendwo sonst. Doch kluge, spitzfindige und gut durchdachte Schülerfragen, die gibt es zum Glück. Und von denen stellten die Kursteilnehmer eine ganze Menge. Mal waren es jene Fragen, mit denen ich gerechnet hatte, etwa welche Ausbildung nötig ist, um im Journalismus Fuß zu fassen und wie wichtig Praktika und überhaupt Erfahrungen sind. Das lässt sich relativ einfach beantworten, denn neben den klassischen Studiengängen bieten sich gerade für Quereinsteiger immer wieder spannende Möglichkeiten, vor allem, wenn diese besondere Qualifikationen vorweisen können.

Es kamen aber immer wieder auch Fragen, an denen wir merkten, wie gut die Schülerinnen und (der eine) Schüler sich auf das Thema vorbereitet hatten. „Wer liest einen Text, bevor ihr ihn veröffentlicht?“ In der Regel bei mir niemand, doch es gibt Ausnahmen. In manchen Fällen hole ich eine zweite Meinung eines Kollegen ein, bei manchen fachlichen Dingen lasse ich den Text durchaus gegenlesen und selbstverständlich gibt es auch immer mal wieder Menschen, die gerne Einfluss nehmen möchten, denen man dies mit dem Hinweis auf die – angestrebte – objektive Berichterstattung aber verweigert.

Keine pauschalen Antworten

„Und wieviel Zeit nimmt das eigentliche Schreiben im Vergleich zur Recherche ein?“ Auch das lässt sich pauschal schwer sagen, da sich ein Bericht über ein Event wie das Frühlingshappening im Aufwand nun einmal ganz erheblich von einem beispielsweise über die mögliche Fusion der Kommunen Bad Sachsa und Bad Lauterberg unterscheidet. Und ehrlich gesagt auch, da kein Mensch auf Knopfdruck kreativ sein kann und manches nun einmal mehr Zeit braucht als anderes.

Zwischendurch wurde es dann auch immer mal wieder relativ persönlich, beispielsweise in der Frage, ob es besser ist, im Angestelltenverhältnis oder als freier Journalist zu arbeiten (überraschenderweise hat Nora dazu eine etwas andere Meinung als ich) oder ob ich mir heute noch einen anderen Beruf vorstellen könnte. „Nein, kann ich ehrlich gesagt nicht, denn auch, wenn es manchmal schwer fällt, die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben zu ziehen, ist das, was ich mache, so abwechslungsreich und füllt mich so aus, dass ich mir nichts anderes wünsche.“

 

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