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10.04.2018

Vom Beifahrersitz an das Steuerrad seines Lebens


Handwerker, Missionar, Pastor: Bernhard Sulimma wird in den Ruhestand verabschiedet

...Mareike Spillner / KKHL

Seit zwei Wochen sortiert er im Martin-Luther-Pfarrhaus in Herzberg Privates und Berufliches aus: Pastor Bernhard Sulimma. Und in 24 Jahren hat sich da so einiges angesammelt. Doch so wie heute, unrasiert und in legeren Handwerker-Jeans beim Sortieren und Kartonpacken, haben ihn Gemeindeangehörige wohl selten gesehen.

„Der Beginn des Ruhestandes bedeutet für mich den Abschluss meiner kompletten beruflichen Laufbahn und eines wichtigen Lebensabschnittes in Herzberg“, blickt Bernhard Sulimma zurück.

Handwerker, Missionar, Pastor: Schon als Kind wollte Bernhard Sulimma Elektriker werden, begann nach der Schule seine Ausbildung als Elektromechaniker in Frankfurt. Und hinsichtlich der handwerklichen Anfänge schließt sich der Kreis in Kürze wieder: Als „Hausmeister“, wie er sagt, in seinen eigenen vier Wänden in der Goethestraße in Herzberg.

Seine zweite Laufbahn begann mit zwei Büchern in seiner Jugend, als Bernhard Sulimma 10 und 12 Jahre alt war: Joy Adams mit „Frei geboren, eine Löwin in zwei Welten“ und Bernhard Grzimek mit „Serengeti darf nicht sterben“. Denn später hat Bernhard Sulimma fast zehn Jahre unter den Zulus als Pastor in Afrika gelebt. „Eine Zeit, die mich sehr geprägt hat und die mir so wertvoll ist, dass ich darüber nicht gerne rede. Vor allem auch deshalb, weil europäische Menschen früher 'fremden' Kulturen gegenüber menschlich gesehen völlig versagt haben und sich heute leider immer noch so verhalten“, wirft er kritisch ein.

Sowieso ist es schwer, aus Bernhard Sulimma etwas Privates herauszukitzeln. Er hat drei erwachsene Kinder, erfahre ich. Zwei Töchter und einen Sohn. Und er lebt mit seiner Frau in Herzberg. Er ist Frühaufsteher, geht dann gerne spazieren und als er nach seinen Hobbys gefragt wird, antwortet er: „Wir haben viele, viele Pläne. Dadurch, dass ich als Pastor viel alleine unterwegs war, möchte ich die sozialen Kontakte innerhalb der Familie wieder vertiefen“, erklärt er. Und er möchte noch viel von der Welt sehen.

Nach seiner Verabschiedung als Pastor am Sonntag, 15. April, um 15 Uhr in der Nicolai-Kirche in Herzberg wird er erst einmal seine Schwester in Kalifornien besuchen. Auch geschichtlich ist Bernhard Sulimma sehr interessiert: „Ich gehe einfach los und entdecke irgendetwas – wie zum Beispiel neulich in Berlin. Auf einem früheren Friedhof, heute ein Park in Neukölln. Nach dem Krieg war er die Einflugschneise der 'Rosinenbomber' und die Berliner haben die Flugzeuge auf den Gräbern tanzend begrüßt. Eine solche Missachtung des Todes hat für mich etwas mit Ostern und christlicher Hoffnung zu tun.
Solche Dinge einfach zu entdecken, dafür möchte meine Augen weiterhin offenhalten.“

Mit einem Abschied sind oft Wehmut und gleichzeitig Zuversicht verbunden: „Ich setze mich jetzt an das Steuerrad meines Lebens, während ich vorher mehr auf dem Beifahrersitz saß. Jetzt aber werde ich erst einmal darauf achten, dass mir niemand ins Lenkrad greift.“ Die Herzberger Nicolaigemeinde sei dadurch, dass sie früher eine Superintendenturgemeinde war und oft von starken Persönlichkeiten geleitet wurde, mehr fremdbestimmt gewesen. „Die drei Pfarrbezirke lebten wie drei kleine Dörfer nebeneinander. Das ist heute nicht mehr so: Jetzt ist es einheitlicher geworden und die Nicolaigemeinde ist auf dem Weg, sich selbst zu finden. Dazu wünsche ich ihr alles Gute und mache ihr Mut, auf diesem Weg weiterzugehen.“

Seit dem 1. April hat Pastor Klaus-Wilhelm Depker die pastoralen Aufgaben in der Nicolaigemeinde übernommen, bis die Pfarrstelle wieder neu besetzt wird. Die Vakanzvertretung teilen sich ab dem 1. Mai Superintendent Volkmar Keil und Pastor Dr. Brinkmann.

 

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