Kultur / Rezensionen

25.01.2018

Tief im dunklen Wald lauert das Grauen


In „Dark Wood“ von Thomas Finn wird eine Fernsehshow zur tödlichen Bedrohung

von Christian Dolle

„Die Sendung war in der deutschen Fernsehlandschaft eingeschlagen wie eine Bombe. Offenbar hatte das Publikum genug von dritt- und viertklassigen Promis, die in Wahrheit keiner kannte und die sich nun zu Dschungelaffen machten, um ihr gesellschaftliches Unvermögen oder ihre Silikonbrüste zur Schau zu stellen.“ So heißt es im Horrorthriller „Dark Wood“ von Thomas Finn. Die Reality-Show, um die es im Buch geht, schickt Mitarbeiter einer Firma, die kurz vor der Insolvenz steht, in ein Survivalcamp. Dort müssen sie dann für den Erhalt ihres Arbeitsplatzes und vor allem gegeneinander kämpfen.

Für die aktuelle Staffel werden sechs Mitarbeiter einer Werbeagentur in die Norwegischen Wälder geschickt, doch dort lauert weit mehr auf sie als nur die Herausforderungen und Schikanen der Show. Zuerst lassen sich die Kandidaten noch gegeneinander aufhetzen, doch als sie feststellen, dass hier noch viel Schrecklichere Gefahren drohen, müssen sie sich entscheiden, ob sie sich gemeinsam der Bedrohung stellen oder nur einfach schneller als die anderen vor ihr fliehen wollen.

Filmisch erzählt

Thomas Finn ist ein in Chicago geborener und in Deutschland lebender Roman-, Drehbuch- und Spieleautor. Daher wundert es nicht, dass er auch diesen Roman filmisch erzählt, ein sehr gutes Gespür für Timing hat und seine Story auch durchaus an manch aktuelles Videospiel im Horror-Genre erinnert.

Das Grauen kündigt sich bei ihm langsam an, zunächst durch einige wenige Vorahnungen, dann durch erste mysteriöse Vorkommnisse und allmählich baut sich all das immer mehr auf. Die zunächst unerklärlichen Geschehnisse lassen zahlreiche Spekulationen zu, aber dem Leser kaum Zeit, über diese länger nachzudenken, weil die sechs Hauptfiguren um ihr Leben bangen müssen und immer rasanter durch den düsteren Wald und ein unerforschtes Höhlensystem und schließlich eine in Vergessenheit geratene Bunkeranlage fliehen müssen.

Spannung und Gänsehaut

„Dark Wood“ ist vielleicht keine hohe Literatur, doch als Horrorthriller will es und muss es das auch nicht sein. Hier geht es um Spannung und Gänsehaut und beides beherrscht der Autor. Er erzeugt die passende Atmosphäre, bewegt sich nie auf allzu ausgetretenen Pfaden und entwirft ein angenehm realitätsnahes oder zumindest plausibles Szenario. Noch dazu schafft er es, seine Figuren mit Stärken und Schwächen zu zeichnen, die die Konflikte innerhalb der Gruppe glaubhaft machen und ebenfalls für den Wunsch sorgen, das nächste Kapitel jetzt auch noch zu lesen und endlich mehr Geheimnisse zu lüften.

Damit hat das Buch deutlich mehr zu bieten als jene Fernsehshows, auf die am Anfang angespielt wird. Für alle, die keine Angst haben vor dem, was da in Norwegens Wäldern lauert, ist das Buch eine echte Alternative zum aktuellen TV-Programm.


 

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