Panorama

18.01.2018

Dunkelster Winter seit 43 Jahren


In Deutschland schien die Sonne seit dem meteorologischen Winteranfang am 1. Dezember nur 42,3 Stunden

von Herma Niemann

Wenn man in diesen Tagen einen Sonnenstrahl erhaschen kann, sollte man ihn am Besten voll und ganz genießen, denn seit Monaten schon hat der Sonnenschein inzwischen Seltenheitswert. Grau und trüb ist es draußen, dazu wechseln Regen, Schnee oder Nebel sich ab.

Seit dem 1. Dezember, dem meteoroligischen Winteranfang, also seit knapp sechs Wochen, habe es deutschlandweit nur 42,3 Sonnenscheinstunden gegeben, so der Sprecher des Deutschen Wetterdienstes (DWD) Gerhard Lux. „Damit liegen wir momentan bei 27 Prozent, normal sind knapp 160 Stunden in den drei Monaten des meteorologischen Winters“. In Niedersachsen habe man bisher 37 Sonnenscheinstunden registriert, so Lux, das entspreche etwa 27 Prozent, normalerweise müssten es aktuell so um 60 Stunden sein.

Auf Nachfrage unserer Zeitung hat uns der DWD die aktuellen Werte der Stationen in Seesen und Göttingen zur Verfügung gestellt. In Seesen gab es im Dezember 25,1 Sonnenscheinstunden, was ungefähr dem urchschnitt der vergangenen Jahre entspricht. In Göttingen hingegen gab es nur 16,5 Sonnenscheinstunden, normal wären 34,5 Stunden. Mit 35,6 Sonnensteinstunden bricht im Dezember in der Harzregion Region jedoch die Stadt Bad Harzburg den Rekord, was einer Quote von 170 Prozent entspricht, so Lux. Zwischen Seesen und Göttingen war es jedoch überwiegend trübe. Das dunkle Wetter geht inzwischen wohl den meisten Menschen einfach nur auf die Nerven, denn es drückt bei dem ein oder anderen ganz schön auf die Stimmung.

Das stellt auch Tanja Harig aus Westerhof fast täglich fest. Die 37-Jährige arbeitet in der Altenpflege und merkt, dass das trübe Wetter gerade älteren Menschen doch sehr zu schaffen mache. Die Heimbewohner seien öfter mal sehr launisch, sagt sie. Auch beim Einkaufen mit ihrer fünfjährigen Tochter Aileen stelle sie oft fest, wie genervt viele Leute seien.

Da reiche es oftmals schon aus, dass ein Kind weine und schon würden die Menschen sofort sehr gereizt darauf reagieren. Sie selbst leide jedoch nicht unter dem Wetter. „Eigentlich versuchen wir uns wie immer die Tage so schön wie möglich zu machen, wir gehen Schwimmen oder basteln zusammen“, so Tanja Harig. Auch der 48-jährige Martin aus Katlenburg und die 43-jährige Tina aus Kalefeld lassen sich von den trüben Aussichten nicht herunterziehen. „Wenn man arbeitet, hat man eh keine Zeit um über das schlechte Wetter nachzudenken“, so Martin humorvoll. Das ständige Grau-in-Grau belastet auch die Bäckereifachverkäuferin Catrin Naumann aus Bad Grund nicht sonderlich. Sie selbst merke es nur an den Kunden, die teilweise offentlich genervt von dem Wetter seien und vielleicht etwas unfreundlicher als sonst sind. „Mir macht das dunkle Wetter nichts aus, aber natürlich wäre es schöner, wenn es mal wieder etwas heller würde“, so Naumann.

Das fehlende Sonnenlicht führt zu einer verstärkten Ausschüttung des Hormons Melatonin, das normalerweise nachts, wenn es dunkel ist, im verstärktem Maß produziert wird. Wird es tagsüber nicht richtig hell, bleibt der Melatonin-Spiegel erhöht. Als Folge davon können Müdigkeit, Schlafstörungen und Winterdepressionen auftreten. Nimmt das Auge zudem tagsüber zu wenig Licht auf, wird auch nur wenig von dem Wach-Hormon Serotonin gebildet.

Zu den bekanntesten Wirkungen des Serotonins auf das Zentralnervensystem zählen seine Auswirkungen auf die Stimmungslage. Es gibt uns das Gefühl der Gelassenheit, inneren Ruhe und Zufriedenheit und es dämpft eine ganze Reihe unterschiedlicher Gefühlszustände, wie Angstgefühle, Aggressivität, Kummer und das Hungergefühl.

Als Gegenmaßnahme wird deshalb empfohlen, die kurze Phase von Tageslicht für Spaziergänge zu nutzen. Also, auch wenn es einem schwer fällt, lieber runter vom Sofa, geeignete Outdoor-Kleidung anziehen und losmarschieren. So kann man der trüben Jahreszeit mit Sicherheit ein Schnippchen schlagen.

 

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