Panorama

06.01.2018

Tage der Begegnungen in Kaolack


Schülerinnen der Grundschule im Stadtteil Sam

von Jörg Hüddersen

Der zweite Tag der Kaolack-Reise der Osteroder Delegation war ein Tag voller Begegnungen. Zuerst ging es in die Grundschule im Stadtteil Sam. Dort wurde bereits mit Unterstützung des Tilman-Riemenschneider-Gymnasiums ein Garten und ein EDV-Raum eingerichtet. Im Schulgarten bauen die Grundschüler etwa 20 verschiedene Gemüse an, die sie selbst ernten und verkaufen. Dazu müssen die 10 Schüler, die für die Betreuung des Gartens verantwortlich sind, dreimal am Tag Wasser aus einem 11m tiefen Brunnen pumpen und damit die Pflanzen gießen.

Geradezu überschwenglich wurden die Osteroder in den Klassen begrüßt. Über 50 Schüler lernen jeweils zusammen in einer Klasse. Die Gäste empfingen sie mit ganz großer Herzlichkeit und sangen ihnen Lieder vor, die ihre Schule und das Lernen preisen. Das geschah aber nicht etwa einstudiert: auf die vorher nicht abgesprochene Bitte einer Delegationsteilnehmerin, doch einmal ein Lied zu singen, meldeten sich einzelne Schüler und begannen solo ihre Lieder zu singen. Mit ihrer Herzlichkeit überwanden die Grundschüler schnell jede Sprachbarriere, stellten Fragen und freuten sich sicherlich auch über die kleine Abwechslung. Trotzdem zeigten sie eine Disziplin und Lernfreude, die sich deutsche Lehrer manchmal wünschen würden. Vielleicht hängt das aber auch damit zusammen, das nur etwa die Hälfte der Kinder überhaupt die Schule besucht. Direkt vor der Grundschule trafen die Osteroder dann auch gleich auf bettelnde Kinder, die sich einen Schulbesuch nicht leisten können, obwohl das Schulgeld umgerechnet nur etwa 3 Euro pro Jahr beträgt.

In der Nähe der Schule besuchte die Gruppe aus Osterode eine Sanitätsstation, wo mit einfachsten Mitteln Krankheiten behandelt werden. Dort konnten alle sehen, dass die vorhandenen Medikamente von Vitamin C bis Ibuprofen wirklich nur für nicht sehr schwierige Fälle reichen und die Behandlung schwerer oder gar chronischer Krankheiten für die Betroffenen ein großes, möglicherweise auch nicht lösbares Problem darstellt.

Der große offizielle Teil des Tages schloss sich beim Empfang der Delegation durch Baba Ndayie an. Er ist der Président de Conseil Departemental de Kaolak, was in etwa mit einem deutschen Landrat vergleichbar ist. Hier ging es um den Kern der Reise, nämlich die Anbahnung einer Zusammenarbeit der Kommunen. Die hochrangige Besetzung der Delegation der Gastgeber machte schnell deutlich, dass es Ndayie ernst meint mit einer Kooperation. Zusammen mit Bürgermeister Becker dachte er darüber nach, auf welchen Gebieten eine Zusammenarbeit Sinn macht. Welchen Stellenwert die Idee einer Zusammenarbeit hat, wurde auch durch die Anwesenheit eines lokalen Fernsehsenders und diverser Journalisten deutlich, die Ndayie und Becker im Anschluss an die offizielle Begegnung in einer Pressekonferenz befragten. Beide äußerten sich äußerst zufrieden über den Verlauf der ersten Begegnung und vereinbarten weitere Abstimmungen noch während der Anwesenheit der Osteroder Delegation im Senegal.

Am Nachmittag stand die Erkundung der Stadt Kaolack auf dem Programm. Auf den Straßen präsentierte sich ein emsiges Gewusel vieler kleiner und kleinster Gewerbe. In einer großen Markthalle, ähnlich einem Basar, präsentierten sie sich dicht gedrängt und nach Branchen sortiert. Dort gab es Bereiche mit Lebensmitteln ebenso wie Handwerker, die Schuhe und Kleidung offerierten. Die kleinen Stände sind gleichzeitig Verkaufsraum und Werkstatt und es wirkte so, als würde mancher fast dort leben. Die Erinnerung an Darstellungen aus frühindustrieller Zeit in Europa kamen dabei in Erinnerung und die Aussicht, das eigene Leben in diesen dunklen, dreckigen und stickigen Hallen zu verbringen mag sicher ein Auslöser sein, über eine Flucht nach Europa nachzudenken.

Überhaupt ist das Bild von Europa durchweg positiv besetzt. Oftmals ist es der Fußball, der das Bild prägt. Die Namen deutscher Vereine und ihrer Spieler kennt im Senegal so ziemlich jedes Kind. Ein differenziertes Bild des Lebens in Europa war dagegen oft nicht vorhanden.

Am dritten Tag ihres Senegal-Aufenthalts stand für die Osteroder Gruppe zunächst der Besuch eines privaten Gymnasiums auf dem Programm. Draußen vor der Tür bot sich das normale Straßenbild mit allen wirtschaftlichen Nöten der Menschen. Kaum im Gebäude wurde die Delegation von den Schülern mit Fahnen und dem Absingen der deutschen und senegalesischen Nationalhymne empfangen. Schulleiter Mathias Bassama empfing mit Tobias Rusteberg und Karin Thiele vom Tilman-Riemenschneider-Gymnasium alte Bekannte. Entsprechend herzlich fiel auch die persönliche Begrüßung aus. Im Empfangskomitee befanden sich auch viele Schüler, die bereits einmal zu Besuch in Osterode am Harz waren - Rusteberg kannte sie alle und konnte noch ihre deutschen Gastgeber zuordnen!

Die Privatschule präsentierte sich als eine Oase inmitten der staubigen Stadt, wo Schüler zwischen 5 und 18 Jahren in Ruhe lernen und ihr Abitur machen können. Auch hier überraschte die große Disziplin, die es erst ermöglicht, dass mehrere Klassen mit jeweils über 40 Schülern nebeneinander auf dem gleichen Flur bei offenen Türen ruhig arbeiten können. So ist es auch nicht verwunderlich, dass Disziplin eine der drei Haupttugenden der Erziehung dieser Schule ist. Schulleiter Bassama empfing die Osteroder in seinem Dienstzimmer und blickte auf die bereits fünfeinhalb Jahre dauernde Partnerschaft zurück. Der Baum sei gepflanzt, betonte er, jetzt gelte es, ihn zu einer stattlichen Pflanze heranzuziehen.

Ein Besuch bei Al Fayda Radio rundete das Vormittagsprogramm ab, wo die Osteroder zusammen mit Elhadj Diouf als lokalem Mitorganisator der Reise und senegalesischem Gegenpart zu Tobias Rusteberg über das Projekt berichten und so auch die Bevölkerung vor Ort erreichen konnten.


Wasser pumpen im Schulgarten


Grosse Klassen lernen in einfachsten Räumen mit großer Disziplin


Klaus Becker überreicht Baba Ndayie einen Bildband von Osterode am Harz

Baba Ndayie überreicht Klaus Becker einen senegalesischen Löwen als Geschenk

Senegalesisch-deutsche Pressekonferenz

Tobias Rusteberg im Gespräch mit Journalisten

Abschlussfoto vor dem Landratsamt

Straßenszene in Kaolack

Straßenszene in Kaolack

Mathias Bassama begrüßt Karin Thiele

Große Gegensätze: bettelnde Kinder vor dem Lycée

Empfangskomitee im Lycée

Schulklasse im Lycée

Herzlicher Empfang

Interview bei Al Fayda FM

v.l.n.r Bürgermeister Klaus Becker, Elhadj Diouf, Tobias Rusteberg, Schulleiterin Karin Thiele

Kurzer Fotostopp an der größten Moschee in Kaolack. Muslime und Christen leben im Senegal friedlich neben- und miteinander

 

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