Kultur / Federkiel

29.12.2017

Else und der Lichtenstein


In Elvershausen erzählt man sich die Geschichte von der Schönen Else, die sich wohl um 1330 oder 1350 zugetragen haben soll.

(cb) Waltraut Weber hat uns die Sage, die in den Dörfern Elvershausen und Marke mündlich weitergegeben wurde zugeschickt mit der Frage, ob diese Sage so oder ähnlich auch in Förste und Dorste bekannt ist. 

L. Rien aus Marke hat die Sage von der „Schönen Else“ um 1900 in seinem Büchlein „Heimatklänge“ in etwa so aufgeschrieben:


Oberhalb des alten Friedhofes von Elvershausen soll einmal eine Burg gestanden haben. Der Graf von Elvershausen hatte eine Tochter namens Else, die mit dem jungen Grafen von Lichtenstein, dessen Burg auf der markanten Anhöhe zwischen Förste und Dorste stand, verlobt war.

Da der Graf von Elvershausen aber mit dem Lichtensteiner in Fehde geriet, hob er die Verlobung auf und verbot seiner Tochter bei schwerer Strafe jeden Umgang mit dem Lichtensteiner. Aber das Mädchen wollte ihren Verlobten nicht vergessen. - So trafen sich die jungen Leute heimlich am Klosterholze vor der Marke.

Der „Vierämterstein“ (Schnittpunkt der Ämter Brunstein, Katlenburg, Westerhof und Herzberg) diente dem Mädchen als Sitz, wenn es auf den Grafen von Lichtenstein wartete.

Der alte Grenzstein, der auch „Else-Stein“ genannt wird, und ein 1988 von den Markern errichteter neuer bzw. restaurierter Vierämterstein mit den Buchstaben B für Brunstein, C für Katlenburg, H für Herzberg und W für Westerhof sind heute noch bei Marke zu sehen.

Der Vertraute von Else war Bauer Finke auf der Marke. Er war ein armer Mann und hatte 19 Kinder zu ernähren. Der Ertrag seiner Ländereien war nur gering und oft mangelte es sogar an dem nötigen Saatkorn. Er tat manchmal im Frühjahr so, als ob er etwas auf seinen Acker säe, hatte aber keine richtige Saat. Als Else davon erfuhr, säte sie heimlich Roggen auf Finkes Acker, und der wunderte sich, als auf seinem Acker etwas aufging und Frucht trug. Er kam hinter das Geheimnis, hörte von der heimlichen Liebe Elses zu dem Lichtensteiner und bot ihr seine Hilfe an.

Er holte sie nun mit dem Pferd unten im Taakengrund bei Elvershausen ab und begleitete sie zum Klosterholze zu den nächtlichen Treffen.

War sie oben angekommen, stieß Else ins Horn, und dieser Ton drang hinüber zum Lichtenstein. Es dauerte nicht lange, so wurde der Gruß von dort erwidert. Dann donnerte die Sösebrücke unter den Hufen eines Pferdes. Der Graf sprengte den Berg hinauf und umfing die Wartende. Es wurde ein halbes Stündchen geplaudert, dann begab sich ein jeder wieder an seinen Ort.

Eines nachts waren Bauer Finke und Else gerade angekommen, da kam ein Reiter mit schweißgebadetem Pferd hinter ihnen her. Es war der Graf von Elvershausen, der rief: „Eine Tochter, die mir solche Schande antut, verdient nicht zu leben!“

Else brach zusammen und Bauer Finke brachte sie eilends in sein Haus. Der Graf folgte ihm und verlangte die Herausgabe seiner Tochter. Bauer Finke wollte den erzürnten Grafen beruhigen und versprach ihm, seine Tochter am nächsten Tag auf die Burg zu begleiten, wenn er sich beruhigt hätte.

Else konnte nicht schlafen, erkannte aber auch, dass sie Unrecht getan hatte und betete, Gott möge das Herz ihres Vaters zum Frieden lenken. Als sie sich am nächsten Tag reuevoll ihrem Vater zu Füßen warf, traten dem die Tränen in die Augen. Er vergab ihr, aber sagte, er müsse gegen den Lichtensteiner ziehen. Das Unrecht erfordere Sühne und er wolle mit ihm kämpfen.

So zog er dann mit seinen Mannen gegen die Burg Lichtenstein. Auf beiden Seiten wurde mit großer Tapferkeit gekämpft. Als der junge Lichtensteiner einmal seinen Helm lüftete, holte der Elvershäuser aus und spaltete ihm den Kopf. Die Seinen aber rächten ihn und bald färbte auch das Blut des Elvershäusers die Erde.

Als nun die schlimme Kunde zu Else drang, beschloss sie, ins Kloster nach Katlenburg zu gehen.

Auch hinter den Klostermauern vergaß sie Bauer Finke nicht. Sie traf die Bestimmung, dass ihm jährlich einige Malter Saatkorn gebracht werden sollten.

Nach einigen Jahren kränkelte sie und bat die Oberin, man möge sie noch einmal zum Klosterholze hin führen. Sie setzte sich auf den Stein, betrachtete die schöne Gegend und gedachte alter Zeiten. Tränen rannen aus ihre Augen. Sie blies noch einmal matt ins Horn und es war ihr, als ob der Gruß erwidert würde. Dann hauchte sie ihre Seele aus.

Noch heute soll man sie im hellen Mondlicht auf dem Stein sitzen sehen.

Anmerkung: Angeblich sollen beide Blutlinien nach diesem Ereignis ausgestorben sein.


Der alten verwitterten "Elsestein" und den 1988 aufgestellten neue Vierämterstein


Blick von der Marker Feldmark auf den Lichtenstein.

 

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