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11.11.2017

„Radikale Ansichten verhindern oft eine sachgerechte Lösung“


Gottesdienst zum Reformator Thomas Müntzer

...KKHL - Christian Dolle

Um Thomas Müntzer ging es in einem gemeinsamen Gottesdienst der Osteroder Gemeinden. Thomas Müntzer, der ein wichtiger Wegbereiter der Reformation und zunächst enger Weggefährte Martin Luthers war.

In Stolberg im Harz geboren wurde er später in Halberstadt zum Priester geweiht, traf Luther in Wittenberg und sah sich selbst als Kämpfer für die Wahrheit und Reformator, nicht nur in kirchlicher, sondern auch in gesellschaftlicher Hinsicht. Anders als Luther prangerte er auch die sozialen Probleme seiner Zeit an und rief offen zum Aufstand gegen die Obrigkeit auf.

Luther nannte seine Theologie Raserei, weil er sehr radikal wurde, der Obrigkeit den Tod wünschte und seinen Wunsch einer Revolution nicht teilte. Dabei war Müntzer überzeugt, dass die Bauern, die von den Fürsten ausgenutzt und geschröpft wurden, sich wehren und von diesem Joch frei machen mussten. Dadurch brachte er natürlich auch sich selbst in Gefahr, musste fliehen, wurde schließlich gefangengenommen und öffentlich enthauptet.

So wurde Thomas Müntzer zu einer umstrittenen Figur der Geschichte. Dieser Ambivalenz trug das Team, bestehend aus Tanja Grüneberg, Julia Wedemeyer, Klaus-Peter Seifarth, Wolfgang Wiedemann, Pastorin i.R. Roswitha Ubbelohde und Pastorin Heidrun Gunkel, Rechnung, indem sie im Gottesdienst keine Antworten gaben, sondern Fragen an Müntzer stellten. Fragen nach seinen Beweggründen, nach seinen Überzeugungen und ob es denn so kompromisslos hatte sein müssen.
Im Streit mit Luther ging es sicherlich auch um theologische wie gesellschaftliche Inhalte, merkte Pastorin Ubbelohde an, vielleicht aber auch um persönliche Machtinteressen. Neues zu denken, erfordert Mut, betonte Pastorin Gunkel, aber es gehöre immer auch dazu, Kompromisse einzugehen. „Radikale Ansichten verhindern oft eine sachgerechte Lösung“, sagte sie auch im Hinblick auf die Gegenwart. Reformen sind immer wieder nötig, aber Fundamentalismus ist selten der richtige Weg.




 

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