Politik / Wirtschaft / Bildung

08.11.2017

Nicht die Schneekanonen gegen das Museum ausspielen


Ist es möglich, die kulturelle Infrastruktur im Harz aufrecht zu halten?

von Christian Dolle

Regelmäßig lädt Oliver Junk, Oberbürgermeister der Stadt Goslar, Kulturschaffende aus dem gesamten Harz ein, um Strategien für eine gemeinsame Vermarktung zu entwickeln. Hintergrund dabei ist, dass der Harz politisch gesehen auf drei Bundesländer und fünf Landkreise aufgeteilt ist, was es kulturellen Einrichtungen und Veranstaltern häufig schwer macht, ihre Angebote über diese Grenzen hinaus bekannt zu machen.

Bei der jüngsten Zusammenkunft mit Vertretern aus Wernigerode, Nordhausen, Goslar und Osterode im Goslarer Rammelsberg war auch der Direktor der Stiftung Braunschweiger Kulturbesitz Tobias Henkel zu Gast. Er hielt einen Impulsvortrag, in dem er auf die Probleme, aber auch auf eventuelle Wege aus dieser Misere sprach.

„Der Harz hat ein zerstückeltes Selbstverständnis“, stellte er zu Beginn fest. Die politischen Grenzen bestehen auch in den Köpfen der Menschen und machen es in vielen Bereichen schwer, den Harz als Ganzes zu begreifen und nach außen auch zu vermarkten. Den Begriff „Kirchturmdenken“ vermied er dabei, obwohl es letztlich genau das war, was er anprangerte. Später stimmte ihm auch Carola Schmidt, Geschäftsführerin des Harzer Tourismusverbandes (HTV), darin voll zu. Outdooraktivitäten und Naturerleben ließen sich deutlich besser vermarkten als Kultureinrichtungen, denn die agieren meist sehr lokal.

Ideen anderer anerkennen

„Kultur ist etwas sehr Lokales“, machte Henkel deutlich, das liege nicht nur an der früheren Teilung Deutschlands, durch die sie die Kultur in beiden Ländern unterschiedlich entwickelt habe. Dennoch müsse nicht jeder Ort alles selbst anbieten und auch nicht alles zwingend alleine stemmen. Man dürfte durchaus gute Ideen anderer anerkennen und dann eben kooperieren. Symptomatisch sei für ihn die Entwicklung auf Torfhaus, wo etwas von außen kommt, Erfolg hat und dann stark kritisiert werde. „Wozu brauchen wir im Harz eine bayrische Alm, fragen die Leute. Doch warum wurde dann vorher nichts Eigenes auf den Weg gebracht?“

Einfache Lösungen für den Harz gebe es nicht, so Henkel, aber in allen Regionen stehen Kulturschaffende vor den gleichen Problemen und die könnten durchaus übergeordnet gelöst werden. Wenn die Kommunen und auch die Einrichtungen kooperieren, so ist Henkel überzeugt, dann werde vieles einfacher. Mit der gemeinsamen Vermarktung des UNESCO-Weltkulturerbes, das sich von der Goslarer Innenstadt bis zum Kloster Walkenried zieht, versuche man genau das. Das müsse seiner Meinung nach auch in anderen Bereichen möglich sein. „Die meisten Menschen, mit denen man zu tun hat“, so schloss er, „sind keine bornierten Idioten.“

Andere von der eigenen Idee begeistern

Unter den Anwesenden wurde noch lange diskutiert, wobei vor allem deutlich wurde, dass sich die einzelnen Akteure im Harz eigentlich viel zu wenig kennen, damit Synergieeffekte entstehen könnten. Doch gerade diese Treffen sollen daran etwas ändern und es zeigen sich durchaus erste Erfolge. Auch bei dieser Zusammenkunft wurden ganz ungezwungen Gespräche geführt und manche Veranstalter konnten die Vertreter der Kommunen für ihre Idee begeistern. Abgesehen vom HTV gibt es ja durchaus auch andere, die den gesamten Harz und eben nicht nur den eigenen Kirchturm im Blick haben und genau die wissen diese Treffen zu schätzen.

Was sich daraus entwickelt, wird sich vermutlich erst in ein paar Jahren zeigen. Gastgeber Junk ist jedenfalls sicher, auf dem richtigen Weg zu sein. Er glaubt, dass es nun bergauf geht, vor allem, „weil Lebensqualität, zu der auch die Kultur gehört, wieder mehr geschätzt wird“, wie er sagt. Eine letzte Warnung gab Henkel den politischen Vertretern noch mit auf den Weg als er sagte: „Vielleicht können wir nicht die gesamte Infrastruktur aufrecht erhalten. Allerdings darf man nicht damit anfangen, die Schneekanonen gegen das Museum und das gegen den Kindergarten auszuspielen, wenn es um Finanzierungen geht.“


 

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