Kultur

23.10.2017

„Krimis sind nicht nur Unterhaltung“


Arne Dahl zu Gast in der Stadthalle Osterode

von Christian Dolle 

In erster Linie sei er Schriftsteller. Daher gehe es ihm erst einmal nicht darum, den Erwartungen seiner Leser oder gar dem Wunsch der Verlage zu entsprechen, sondern die Bücher zu schreiben, die er schreiben möchte. Das antwortete Krimiautor Arne Dahl am Samstag in der Osteroder Stadthalle auf die Frage, unter welchem Druck man steht, nachdem man einige weltweite Bestseller veröffentlicht hat.

Hintergrund der Frage des Journalisten und Moderators Günter Keil ist der, dass Arne Dahl mit seiner neuen Reihe, die mit „Sieben minus eins“ begann und jetzt mit „Sechs mal zwei“ fortgesetzt wird, ganz neue Wege beschreitet. In seinen vorherigen Büchern war Dahl sehr politisch, packte Stoffe an, die international brisant waren und verfasste Thriller, die einigen gesellschaftlichen Sprengstoff beinhalteten.

"Ich wollte mich selbst ein wenig überraschen"

In den neuen Krimis um die Ermittler Sam Berger und Molly Blom geht er sehr viel mehr auf seine Figuren ein und schreibt damit intensiver und in gewisser Weise intuitiver als früher. Auch diesen Eindruck bestätigte Dahl im Gespräch. Bei seinen früheren Büchern habe er sich vorm Schreiben einen sehr genauen Plan ausgearbeitet, verriet er, den es bei der neuen Reihe in dieser Form nicht mehr gibt. „Ich wollte mich selbst ein wenig überraschen“, sagte er.

Wie dieser neue Stil des Bestsellerautors Arne Dahl aussieht, bewies Günter Keil, indem er zunächst die Anfangsszene aus „Sechs mal zwei“ las, in der Sam Berger ohne Erinnerungen in einer Klinik erwacht und aus dieser hinaus in die verschneite schwedische Landschaft flieht. Der Schnee, die weiße Leere sei hier durchaus symbolisch für die Innenwelt seines Helden zu verstehen, erläuterte der Autor.

Das gilt ebenso für die zweite gelesene Szene, in der Berger und Blom in einen dunklen Keller hinabsteigen. Eine Handykamera filmt, wie die Dunkelheit die beiden bald verschluckt und schließlich eine Gestalt auftaucht, die die Ermittler überwältigt. Der Schrecken wird durch die distanzierte Perspektive noch verstärkt, während die literarische Qualität im Vergleich zu früheren Büchern keinesfalls leidet.

"Man glaubt, man träumt nur"

Überhaupt sieht der Schwede nicht jene unter deutschen Literaturwissenschaftlern immer noch verbreitete Diskrepanz zwischen Krimi und literarischem Anspruch. Mit seinen früheren Büchern arbeitete er durchaus gesellschaftlich und politisch relevante Themen auf. Das möchte er im Moment nicht mehr, da ihm die Entwicklung in Europa und der Welt Angst macht und „manchmal so merkwürdig ist, dass man glaubt, man träumt das nur.“ Dennoch ist er überzeugt, dass die Literatur und die Welt den Krimi braucht, um das Unmenschliche im Menschen zu verstehen und damit umzugehen oder es zumindest ertragen zu können. „Krimis sind nicht nur Unterhaltung“, stellte er nicht nur als Krimiautor Arne Dahl, sondern auch als Literaturwissenschaftler Jan Arnald fest.

Dass „Sieben minus eins“ zu seinem bisher erfolgreichstem Roman wurde und auch der aktuelle Nachfolger auf dem besten Weg zum Weltbestseller ist, zeigt ja, dass er alles richtig gemacht hat. Dazu passt dann auch, dass Arne Dahl sich bei dieser Veranstaltung wie generell völlig entspannt und als lockerer Gesprächspartner – er spricht tatsächlich sehr gut deutsch – erweist.

Gelesen hat Dahl selbst an diesem Abend nur einige Absätze der schwedischen Ausgabe seines Buches und die auch noch vom Smartphone. Seinen Zuhörern gab er dennoch eine Menge mit und machte vor allem Lust auf den neuen und hoffentlich noch viele weitere spannende Krimis.





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