Regionales / Stadt Osterode / Schwiegershausen

07.10.2017

In Schwiegershausen hält ein Zirkuswagen alle auf Trab


...von Petra Bordfeld

Dass die Bühne im Saal des Gasthaues „OhneSorge“ in Schwiegershausen zu einem Wagen des Staatszirkus der DDR mutiert war, machten die Felgen zweier großer Reifen sehr deutlich. In diesem „Artistengefährt“ wusste die Schwiegershäuser Dorfbühne den charmanten Dreiakter von Beate Irmisch „Die zauberhafte Glaskugel“ wahrhaft zauberhaft in Szene zu setzten.

Alle Darsteller brachten nicht nur eine Person auf die Bühne, sondern ganz überzeugend sehr interessante Persönlichkeiten. Dass sie damit voll ins Schwarze getroffen hatten, machte ihnen das Premierenpublikum deutlich, das, von Begeisterung getragen, voll mitmachte.

Im Mittelpunkt des turbulenten Hokus-Pokus-Geschehens lag eine überdimensionale, halbe Glaskugel. Denn sie sorgte mit ihren nicht unbedingt berechenbaren „Wahrsagungen“ dafür, dass alles anders kam, als von dem einen oder anderen berechnet wurde.

Ob das nun die beiden mit allen Zauberwassern gewaschenen Schwestern Lisa und Theresa, der leichtgläubige Postobersekretär Thomas, der sich nach einer Haarmähne sehnende Georg, die schier liebestolle Gerlinde, der nicht sehr treue Bürgermeister Helmut, dessen misstrauische Frau Christel, oder die Chefin vom geplanten Wellnesscenter Sylvia waren, sie alle kamen weder von den erstaunlich magischen Kräften der Glaskugel, noch von den hausgemachten Wunderheilmitteln frei.

Bei all dem Tohuwabohu kamen aber auch Wortspiele und Weisheiten des Alltags nicht zu kurz. Sie waren mindestens ebenso köstlich, wie das Plattschnacken. Als ganz besondere Leckerbissen sollte sich die immer wiederkehrende Situationskomik herausstellen. Gewürzt wurde diese mit dem heimlichen Vernaschen von „Hasch-Keksen“ oder dem Auftragen von Hühnermist, der auch als Haarfärbemittel hätte dienen können. Außerdem sorgten die realen Köpfe von Manfred Wode und Marcel Sonntag für eine schemenhafte Situation in der Glaskugel. Da dürfen bestimmt nicht nur die Seance-Kunden im Zirkus-Wagen gestaunt haben.

Für die besonderen i-Tüpfelchen sorgte aber jeder Darsteller selbst. Ob das nun als die beiden charmanten Gauklerinnen (Melanie Wode und Jessica Kamps) waren, die anderen Menschen gut bezahlte Träume ermöglichten, oder der Postbote (Marcel Sonntag), der gar nicht so dumm war, wie die beiden Schwestern meinten, die wenig von dem Postgeheimnis hielten.

Georg Klapproth (Manfred Wode), war nicht bloß ein verkappter Casanova, sondern auch ein ungewolltes Chamäleon. Denn seine Glatze verfärbte sich nicht nur von hautfarben in grün, ihm wuchs letztendlich sogar eine Beatle-Mähne. Bürgermeister Helmut Köhler (Hans-Dieter Wode) ließ zu gerne durchblicken, dass er das Dorfoberhaupt war. Doch all seine nicht gerade korrekten Geschäfte, sein unehelicher Sohn und die Glaskugel brachten ihn und sein Leben durcheinander. Seine Frau (Jutta Fichtner) überzeugte, als sie sich nur ein klein wenig von den Eskapaden ihres Mannes aus der Ruhe bringen ließ.

Die liebestolle Gerlinde (Anita Bierwirth) dahingegen verließ den Zirkuswagen so spontan, dass sich der Zuschauer fragte: „Wird sie ins Wasser gehen, oder wird die lustige Witwe sich lieber weiter auf die Suche nach einem neuen Mann machen?“ Da war aber auch Sylvia Renner (Miriam Waßmann), die ein Wellnesscenter eröffnen wollte. Nach einigen kurzen, inhaltsreichen Umwegen hatte sie ein Ziel vor Augen, das durchaus ein Happy End für fast alle bedeuten könnte.

Dafür, dass alles auf und hinter Bühne ganz real funktionierte, sorgten übrigens Ilse Bringmann, Anja Kreinacke, Rainer Kaisner, Klaus Schreiber, Irene Ehrhard, Heinz Ehrhard und Jürgen von Einem. Anita Bierwirth war nicht „nur“ auf der Bühne, sondern auch als Spielleitern aktiv. Und Karin Froböse sorgte dafür, dass niemandem auch nur ein Wort im Halse stecken blieb.

Wer wissen möchte, womit dieses Durcheinander beginnt und womit es endet, und was sich zwischen Schönheitstinktur und Glaskugel so zutragen hat, der sollte sich merken, dass es – mit Ausnahme der 13ten Vorstellung – noch Karten im Gasthaus Ohnesorge gibt.






 

Anzeige