02.06.2025
Der Tschappel hinter „Tschappel“
Interview mit Filmemacher Marc Philip Ginolas
von Christian Dolle
„Tschappel“ ist eine Serie, für die Marc Philip Ginolas das Drehbuch geschrieben und Regie geführt hat. Der Osteroder hat beim ZDF eine Ausbildung gemacht und dann studiert, er hat etwa 60 Musikvideos für Melanie Mau und Martin Schnella gedreht, Kurzfilme, die auch Preise gewonnen haben, und beispielsweise die Reihe „Mitarbeiter des Monats“ für Joyn. Gerade hat er die Serie „Tschappel“ realisiert, die ab dem 3. Juni auf ZDFneo läuft.
- „Tschappel“ ist ein Projekt von dir und Marius Beck, mit dem du schon im Studium zusammengearbeitet hast.
Ja, Marius ist mein „Partner in crime“, jetzt so seit vier bis fünf Jahren. Er hat Drehbuch studiert, ich Regie. Irgendwann kam er mit einem Drehbuch für einen Kurzfilm auf Schwäbisch zu mir und ich fand es unfassbar gut.
- Hast du es im Original oder in Übersetzung gelesen?
Ich hab es im Original gelesen, aber zweimal. (lacht) Dann haben wir daraus einen Kurzfilm gemacht, den Marius zusammen mit seinem Cousin Paul Beck produziert und dafür ne Produktionsfirma gegründet hat. Aus diesem Kurzfilm, der dann auf vielen Festivals lief und sehr gut ankam, erwuchs dann die Serie.
- Jetzt musst du uns Harzern erklären: Was bedeutet „Tschappel“?
Heute erst hab ich bei Instagram gesehen, dass jemand das mit „Dösbaddel“ für uns Norddeutsche übersetzt hat. Ansonsten haben wir immer gesagt, das ist ein Trottel, aber ein liebevoller, der das Herz am rechten Fleck hat. Unsere Hauptfigur Carlo ist ein absoluter Tschappel, weil er Ideen und auch Pläne hat, aber an der Umsetzung scheitert.
- Also auch jemand, der verpeilt ist? Ist das positiv ausgedrückt?
Ja, ein richtig guter Tschappel steht sich eigentlich immer selbst im Weg, das ist das Tragische eines Tschappels. Aber ich mag Tschappel. Ich mag solche Leute auf jeden Fall lieber als ...was ist das Gegenteil? ...als High Performer.
- Was passiert Carlo in der Serie, wie viel willst du uns verraten?
Es ist eine total universelle Geschichte, gerade für Leute, die auf dem Land großgeworden sind und aus der Provinz kommen und nach der Schule davon geträumt haben, in die weite Welt zu ziehen. So träumt Carlo davon, nach Australien zu gehen, denn er denkt sich, dass sich all seine Probleme, die man als 18-Jähriger eben so hat, zum Beispiel keinen Sex, durch den Ortswechsel lösen. Aber blöderweise fährt er in der Nacht des Abiballs den Oldtimer seines Vaters zu Schrott und wird dazu verdonnert, den Schaden in der Gastwirtschaft der Eltern abzuarbeiten.
- Du kannst dich also durchaus in die Figur hineinversetzen?
Es ist viel Autobiografisches von Marius und mir mit drin und gerade auch eine große Portion Nostalgie. Es ist ein sehr liebenswürdiger Blick auf die Figuren und auf eine Zeit, die einfach schön war.
- Also Humor, ohne sich nur über Figuren lustigzumachen und sie bloßzustellen?
Genau. Wir machen uns über alle Figuren lustig und gleichzeitig über keinen. Wir wollten einen liebevollen Blick auf die Figuren und die Welt, weil wir selbst auch eine positive Erinnerung an diese Zeit haben und auch an das Aufwachsen auf dem Land.
- Ist dein großer Wunsch, irgendwann nach Hollywood zu gehen, so wie das viele Filmemacher immer wollten?
Jein. Erstmal bin ich froh, dass mein erstes großes Projekt eines ist, bei dem ich viele Freiheiten hatte. Zusammen mit Marius habe ich selber geschrieben und durfte bei fünf der acht Folgen Regie führen. Solange ich die Geschichten erzählen kann, die ich erzählen möchte, ist mir das ganz egal wo. Ich finde auch, dass sich gerade deutsche Produktionen in den letzten Jahren so dermaßen entwickelt haben, hin zu einem Standard, der sich nicht vor Hollywood verstecken muss, und auch im Ausland wahrgenommen und geguckt werden.
- Und Schwaben ist für uns Harzer ja auch die große weite Welt.
An das Schwäbische hatte ich überhaupt keine Anknüpfungspunkte. Aber wir wollten die Geschichte spielen lassen, wo auch wir sie erlebt haben. Wir hätten also auch ebenso gut hier drehen können, aber Marius und Paul kommen eben dort aus dem Dorf, so dass wir gesagt haben, wir drehen in Oberschwaben und dann eben auch auf Schwäbisch.
- Alle Folgen sind jetzt schon in der Mediathek zu sehen, ab dem 3. Juni dann im Fernsehen. Wie viele Folgen sind es?
Acht Stück à ca. 25 Minuten, also perfekt für einen Binge-Abend oder n verpaddelten Vormittag. Im Fernsehen läuft es dann immer dienstags um 21.45 Uhr bei ZDFneo. Und für alle Osteroder sei noch gesagt: Man wird Dinge wiederentdecken. Zum Beispiel heißt die Gastwirtschaft bei uns „Zum Bären“, angelehnt an Förste, und mehr will ich eigentlich gar nicht verraten, aber man wird versteckte Hinweise finden.
- Wie geht es danach für dich weiter?
Also ich hoffe natürlich auf eine zweite Staffel. Wir haben immer gesagt, drei Staffeln wären toll, also für Carlos die drei Jahre nach dem Abitur. Danach wäre die Geschichte dann aber vermutlich auch auserzählt. Ansonsten bin ich auch an etwas anderem dran, schreibe gerade an einem Thrillerprojekt, aber am meisten Spaß machen mir eigentlich komische Projekte.
Das ausführliche Interview gibt es hier:
Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:
Marc bei der Arbeit
beim Dreh einem Musikvideos

beim Dreh von "Tschappel"

beim Dreh von "Tschappel"

beim Dreh von "Tschappel"

beim Dreh von "Tschappel"

beim Dreh von "Tschappel"

beim Dreh von "Tschappel"

beim Dreh von "Tschappel"