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21.02.2025

„Auf ein Wort“ mit Stephan Weil


von Corina Bialek

Die Abgeordnete Frauke Heiligenstadt hatte am vergangenen Samstag Stephan Weil den Parteivorsitzenden der niedersächsischen SPD und amtierendern niedersächsischer Ministerpräsident zur Bürgersprechstunde in die Stadthalle Osterode eingeladen. Das Interesse war groß, sodass der Platz im Foyer der Stadthalle gerade ausreichte, nur wenige Stühle waren leer geblieben. Im direkten Gespräch stellte sich Stephan Weil den Fragen der ca 100 anwesenden Bürgerinnen und Bürger. Diese konnten Fragen auf einem Bierdeckelformat notieren, die eingesammelt wurden und zu Themenkomplexen zusammengefasst wurden eingesammelt. So kam ein breiter Themenfächer zusammen und es wurde wie von Weil erhofft eine interessante und muntere Runde.

Frauke Heiligenstadt (SPD-Bundestagsabgeordneten und erneuten Direktkandidatin für den Wahlkreis 52, Goslar-Northeim-Göttingen II (ehemals Goslar-Northeim- Osterode) moderierte die Veranstaltung und stand auch für Fragen rund um die aktuellen politischen Themen zur Verfügung.

Mit einigen einleitenden Worten wandte sich Stephan Weil an die Anwesenden. In den letzten 15 Jahren sei er bei jedem Wahlkampf in Osterode gewesen – er fühle sich hier also nicht fremd. „Dies sind besondere Wahlen“, so Weil. „Wenn ich Sie jetzt Fragen würde: Welche Sorgen hatte Sie vor 5 Jahren? Erste Corona-Fälle, Klimakrise, bezahlbarer Wohnraum?

„Worüber machen Sie sich heute Sorgen? Krieg in Europa, Energiekrise, Amerika mit der Wahl von Donald Trump? Daher ist viel besser wenn wir über das Reden was Sie interessiert, das muss ja nicht Deckungsgleich mit den Fragen sein die wir für relevant halten.“

Und so nahm er Stellung zu Fragen zur Energiewende, Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum, Migration., Integration und Fachkräftemangel, Bildung, bezahlbares Wohnen, Sozialversicherungen und Außenpolitik und wie die SPD junge Leute erreichen kann. Gerade die letzte Frage lag durchaus nahe, denn das Alter der Anwesenden lag doch eher bei 40+.

Eine kurze Zusammenfassung zu den angeschnitten Themen:

Wie will die SPD die Energiewende durchsetzten?

Kürzlich sei er zu Besuch bei den Landesforsten gewesen, die inzwischen 9000 Hektar mit klimastabilen Pflanzen aufgeforstet haben. Dabei gehen die Landesforsten von einem Szenario von 4°C Klimaerwärmung aus. „Das mag man sich nicht vorstellen. Wir nehmen das wirklich Ernst, aber es geht nicht ohne ein breite gesellschaftliche Zustimmung.“Niedersachsens Strom ist zu 100% aus Erneuerbaren. Wir werden Energieland Nr. 1 werden mit einem großen Mix aus Wind, Solar, Biomasse etc. Wir haben ein Gesetz auf den Weg gebracht damit Kommunen und Anwohner am EE-Ausbau partizipieren.“ Man müsse den Weg konsequent weitergehen.Vor der Energiewende brauche man keine Angst haben vor dem Klimawandel schon.

Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum

Die Anzahl der Patienten sei in 22/23 zurückgegangen, Gründe: die Patienten schauen kritischer hin wo sie hingehen, und die ambulante Behandlung wurde besser ausgebaut.

Deutschland habe im internationalen Vergleich mehr KH-Betten. Dort setze man mehr auf Prävention. „Wir organisieren das KH-System neu. Neben den Maximalversorgern zu denen z.B. die UMG Göttigen gehört gibt es die Regel-KHs für Routinemaßnahmen und die Grundversorger für Ambulante und niederschwellige Versorgung. Es muss nicht jedes Krankenhaus alles machen. Zahl der Krankenhäuser in Südniedersachsen wir sich unwesentlich ändern, aber sie werden anders gewichtet.“

Zum Thema fehlende Landärzte/Landärztinnen:
„Es besteht durchaus Interesse doch viele scheuen den Verwaltungsaufwand . Wir wollen versuchen mit der Zulassung ohne Numerus Clausus zum Studium und der Verpflichtung auf dem Lande zu praktizieren Nachfolger*innen für den ländlichen Raum zu gewinnen. Auch sollen mehr Versorgungszentren ähnlich den Poli-Kliniken zu DDR Zeiten entstehen, in denen Ärzte und Ärztinnen angestellt sind und die Verwaltungsaufgaben beim Träger liegen. Auch sollen mehr Tätigkeiten an Fachpersonal delegiert werden, wie in anderen Ländern.“

Erreichbarkeit muss gewährleistet werden, z.B. mit Öffis und Ruf-Taxis

Ergänzend dazu von Frauke Heiligenstadt: „Die Budgetierung der Hausärzte wurde abgeschafft, da es eine strukturelle Benachteiligung war.“

Migration:

Hart durchgreifen? „Sehr Konsequent mit Umsicht!
Menschen die keinen Schutzrecht haben dürfen nicht kommen. Aber wir brauchen Zuwanderung.
Wem wollen wir eine Chance geben? Diese Fragen müssen wir für uns beantworten.

Die europäische Außengrenzen wollen wir stärken und das Recht auf Asyl bereits an den Grenzen klären. Nicht alle Staaten nehmen Bürger zurück. Es gilt zu versuchen Rücknahmeabkommen zu schließen.

Integration:

„Viele Migranten und Migrantinnen haben Schutzrecht und sind in Arbeit. Dennoch müssen wir besser werden bei der Integration in den Arbeitsmarkt. Wie lernt man eine Sprache am besten? Wenn man sie sprechen muss am besten lernt man sie im Job.“ Zum Thema Gefährder sagt Weil: Es sei nicht Aufgabe der Politik Ängste zu schüren sonder Lösungen zu finden, Gefährder zu identifizieren und aus dem Verkehr zu ziehen.“

Fachkräftemangel

„Betriebe müssen mehr ausbilden, denn ohne junge Leute kann kein Betrieb bestehen. Es gibt bereits Programme, um Azubis und Handwerksbetriebe passgenau zusammenzubringen, das wollen wir stärken. Ein Hochschulabschluss keine Garantie um glücklich zu werden.“

Digitalisierung in der Schule

„Wir wollen die Medienkompetenz (Arbeitstitel: Sozial-Media Führerschein) stärken. Derzeit ist Tik Tok als Infoquelle bei jungen Leuten führend. Hier müssen auch wir besser werden wichtige Inhalte zu vermitteln. Zudem braucht es mehr politische Bildung, um damit den jungen Leute das Rüstzeug an die Hand zu geben sich selber ein Urteil zu bilden und Falschinformationen herauszufiltern.

Auch muss an der Haftungsregeln bei Falschinformationen im Sozial-Media-Bereich gearbeitet werden.

Außerdem habe man in Niedersachsen ein Hochschulförderprogramm zum Laufen gebracht. Nicht pauschal für alles sondern für erfolgversprechende Projekte. Natürlich müssen Innovationen in Deutschland auch hier in den Markt gebracht werden.

Bezahlbares Wohnen

Es gibt zu wenig Wohnungen zu wenig Bauprojekte.
Gründe: Bauen in Deutschland ist zu teuer im Schnitt 20€ pro/m². Das muss billiger werden.

Es sei auch zu prüfen, brauchen wir alle Standards, wie z.B. verpflichtende Stellplätze, das könne man auch abschaffen. Ein weiteres Beispiel serielles Bauen. Ist ein Standard technisch geprüft, soll der überall gelten. Das vereinfacht auch das Genehmigungsverfahren. Z.B. Bautyp E (Einfach) etablieren, bei dem nicht alle Baustandards mitgeschleppt werden müssen.
Zudem staatliche Anreize bei Sozialer Wohnungsbau setzen, um dynamischer zu werden.
Den Denkmalschutz, gerade in Städten wie Osterode in der Praxis anwendbarer machen.

Sozialversicherungen: Renten, Krankenkassenbeiträge, Pflegeversicherung

„Die Renten stehen heute stabiler das als vor Jahren“, so Weil.
Eine Erhöhung des Mindestlohn sei wichtig für den Erwerb von Rentenpunkten.
Es brauche auch legale Einwanderung in den Arbeitsmarkt.
Wer kann soll auch länger arbeiten dürfen

Zur Außenpolitik

Konsens sei es den Fokus auf Europa setzten, zusammen habe man einen größeren Markt als die USA.
„NATO und Völkerrecht sind Grundlinien deutscher Außenpolitik, wir profitieren am meisten von einem starken Europa. Bei Entscheidungen, da muss man schneller werden - der Rest der Welt wartet nicht auf uns!“

Kommunen entlasten

Die Einnahmen steigen nicht so stark wie die Ausgaben und die Schuldenbremse gilt auch für die Länder, daher setzen wir in Niedersachsen auf das Konnexitätsprinzip*. . Das sollte auch für das Verhältnis Bund - Länder gelten.

Viele seien noch unentschlossen, so Weil, daher sein Apell: „Gehen Sie auf jeden Fall wählen und Sie stellen sich die Frage von wem will ich regiert werden?“

 

*Das Konnexitätsprinzip stellt sicher, dass keine kostenintensiven Aufgaben vom Land auf die kommunale Ebene übertragen werden, ohne dass die Kommunen für diese Mehrbelastung vom Land einen entsprechenden Ausgleich erhalten. Es gilt: Wer bestellt, der bezahlt.





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