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13.01.2025

Der Underdog der Kanzlerkandidaten?


Robert Habeck erläuterte in der Göttinger Stadthalle, warum er seine Politik fortsetzen will

von Ralf Gießler und Christian Dolle

Was für ein Land wollen wir sein? Eines, das immer schlecht gelaunt über Probleme jammert, oder eines, das nach Lösungen sucht? Mit dieser Frage begann Kanzlerkandidat Robert Habeck seine Rede in Göttingen. Ja, es ist der Wahlkampf der Grünen, aber es war auch eine Erklärung zum generellen Politikverständnis des Bundeswirtschaftsministers und Vizekanzlers.

Während viele Menschen zuvor vor der Stadthalle Schlange standen oder ihre eigene politische Agenda auf Transparenten kundtaten, besuchte Habeck erst einmal den REWE-Juniorcup in der örtlichen Lokhalle. Die Wahlkampfveranstaltung eröffneten dann die lokalen Kandidatinnen Viola von Cramon und Karoline Otte für die im Februar anstehende Bundestagswahl. „Es ist wunderbar, so viele von euch hier zu sehen, das ist eine großartige Unterstützung. Geht wählen, denn unsere Freiheit muss im Februar an der Wahlurne verteidigt werden. Wir Demokraten müssen koalitionsfähig sein, wir brauchen keine politischen Sprengmeister“, rief Cramon in die Menge. Karoline Otte ergänzte: „Es ist wichtig, Gerechtigkeit und Klimaschutz zusammenzubringen. Klimaschutz geht nur, wenn Fairness im Zentrum unserer Politik steht. Die Politik sollte die echten Probleme lösen.“

Kernarbeit der Demokratie

Habeck wiederum schwärmte in seiner frei gehaltenen Rede erst einmal vom Jugendfußball, den er auch bei seinem Sohn miterleben durfte. Der habe durch das Training gelernt, dass ein Spiel nur gemeinsam gewonnen werden kann. Durch eine ehrenamtliche Trainerin. „Das ist Kernarbeit der Demokratie“, stellte er heraus, denn in einer Gesellschaft gehe es nicht immer nur um bezahlte Tätigkeiten, nicht immer nur um Geld.

Solche Sozialkompetenz und die Begegnung im öffentlichen Raum seien das beste Mittel gegen eine gesellschaftliche Spaltung, in der jeder nur noch in seiner eigenen Bubble unterwegs ist. „Blasenbildung in der Gesellschaft ist nicht hilfreich“, sagte er und betonte, dass soziale Netzwerke eben kein öffentlicher Raum, sondern auf Gewinn ausgelegte Unternehmen seien.

Dort setze sich die Lüge schneller als die Wahrheit durch, denn so ticken Menschen, wovon der Populismus profitiert. „Wir müssen uns Regeln geben, dass nicht das Schlechteste immer gewinnt“, führte er aus. Wenn ein „Technologieadel“ (er meinte natürlich vor allem Elon Musk) die Welt bestimme, sei das nun einmal ein großes Problem, das Demokratien zerstöre.

Die Alternative für ihn ist ein Europa, das sich auf Zusammenarbeit und seine Stärken besinnt. Die sieht er nicht im Wettbewerb um Dumping, bei dem Arbeitnehmer auf der Strecke bleiben, sondern in innovativen Ideen, Technologien und einer Politik, die die gesamte Gesellschaft profitieren lässt.

"Wir sind auf Kurs"

Das große globale Ziel dabei sei natürlich, die globale Erwärmung einzudämmen, und da sei Deutschland durch die Politik der letzten Jahre auf einem guten Weg. „Wir sind auf Kurs“, verteidigte er seinen Einsatz für erneuerbare Energien etc., wer jetzt eine Wende fordere, steuere wieder zurück in die Vergangenheit. Was jetzt in Sachen Klimaschutz und Zukunft auf den Weg gebracht ist, werde Früchte tragen, auch für die nachfolgenden Generationen.

„Mit den Mitteln der Vergangenheit können wir die Zukunft nicht erreichen“, unterstrich er und mahnte noch einmal, dass Populismus eine Gesellschaft nicht nach vorne bringe, er führe nur in eine autokratische Gesellschaft. Zukunftsweisend sei nur eine vielfältige, diskussionsfreudige Demokratie.

Ja, als Kanzlerkandidat sei er der „Underdog“, so schloss er, doch von seiner Politik überzeugt, weil es ihm um die Zukunft für dieses Land und die Menschen gehe. Um im Fußballbild zu bleiben: „Wir wollen bei der Bundestagswahl nicht auf Null spielen, wir wollen hier gewinnen!“ Er spüre, dass Deutschland das auch wolle: „Die Mehrheit will, dass es in unserem Land besser wird. Ich will alles dafür tun, dass es besser wird. Aber ich kann das nicht allein. Macht mit, denn Demokratie ist kein Zuschauersport.“ 

Weichenstellung für unser Land

Habeck bekannte sich zur sozialen Marktwirtschaft, Populismus sei der falsche Weg. Er sei ein Gift, das langsam einträufelt: „Diese Bundestagswahl ist eine Weichenstellung für unser Land. Unsere Leistungsbilanz ist an vielen Stellen besser als der miserable Ruf der Ampel. Sind wir bereit, die Regeln der Vergangenheit in Frage zu stellen? Es muss möglich sein, angstfrei über Neues zu reden. Wir müssen und können Deutschland neu erfinden.“

Habecks Rede verbreitete Mut und Zuversicht im Publikum. Eine Rede, die auf das Niedermachen der politischen Gegner verzichtete und deren Inhalte mit viel Zwischen- und Schlussapplaus belohnt wurden. Die 1000 Besucherinnen und Besucher in der Stadthalle erlebten einen sehr engagierten Kanzlerkandidaten. Leider bekamen weitere gut 1500 Interessierte keinen Zutritt, die Stadthalle war einfach zu klein für diese Veranstaltung.



v.l.: Viola von Cramon, Robert Habeck, Karoline Otte

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Viola von Cramon

Karoline Otte





 

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