26.09.2024
Harzer Hammer und Krimis, die auch im Harz spielen könnten
Zum Auftakt des Mordsharz 2024 lasen Kester Schlenz und Jan Jepsen aus ihrem Kri,i 'Schlick'
Auftakt des Mordsharz-Festivals in Wernigerode
von Christian Dolle
Krimis seien dann spannend, wenn sie Zugang zu neuen Schauplätzen gewähren, wenn sie Einblicke in unbekannte Länder, Zusammenhänge oder Konflikte bieten. So drückte es Bestsellerautor Andreas Gruber bei seiner Laudatio zum Krimipreis „Harzer Hammer“ in Wernigerode. Das gelingt der Nachwuchsautorin Hannah Essing mit ihrem Krimi „Die Tote von Nikosia“, der in der letzten geteilten Hauptstadt der EU spielt.
Das ungewöhnliche Setting ist aber nicht alles, was das Buch zu bieten hat, erläuterte Bestsellerautor Andreas Gruber die Entscheidung der Mordsharz-Jury. Es sind ebenso zwei gelungene Protagonisten und etliche weitere Figuren, die im Niemandsland des geteilten Zypern alle ihre eigene Agenda verfolgen. Das macht den Fall spannend und besonders und „man wird beim Lesen ja auch immer schlauer“, stellte Andreas Gruber fest.
Der Auftakt des diesjährigen Mordsharz-Festivals begann allerdings mit der Lesung von Kester Schlenz und Jan Jepsen, die sich als gut aufeinander eingespieltes Autorenduo erwiesen. Ihr in ihrer Heimatstadt Hamburg angesiedelter Krimi „Schlick“ beginnt zwar mit einem recht pessimistischem Blick auf die Welt und dreht sich um eine Mordserie, doch zwischendurch gibt es auch einige Dialoge zwischen den Hauptfiguren, die die beiden absolut bühnenreif und mit typisch norddeutscher Herzlichkeit zwischen den beiden präsentierten.
Dennoch wird es düster, wenn auf der Elbe eine Yacht ziellos als Geisterschiff umhertreibt. Die junge Frau, die an Bord aufgefunden wird, antwortet der Polizei auf die Frage, was passiert sei, nur mit einem einzigen Satz: „Etwas ist aus dem Wasser gekommen.“
Ebenfalls um Wasser ging es anschließend bei Anna Schneider und ihrer Lesung aus „Grenzfall – In den Tiefen der Schuld“. Allerdings nicht in Küstennähe, sondern in einem der kältesten Seen Bayerns, an dem sich ihr Ermittlerteam nach dem Fund einer Leiche mit Tauchermaske Antworten erhofft.
Dabei mag Anna Schneider die Berge eigentlich gar nicht, erzählte sie. Sie sei nach München gezogen und habe sich dort zunächst überhaupt nicht wohlgefühlt, als ihr Verlag ihr dann auch noch anriet, eine Romanserie zu schreiben, die im Grenzgebiet in den Alpen spielt, habe diese Aussicht sie zunächst ziemlich frustriert. Der Erfolg ihrer „Grenzfälle“ hat den Frust inzwischen ein wenig abgemildert... aber vielleicht wäre das ja viel schneller gegangen, wenn sie statt der Alpen von Anfang an den Harz gewählt hätte.
Die letzte Lesung des Abends war die von Tibor Rode aus „Lupus“, und auch dieser Thriller könnte (anfangs zumindest) im Harz spielen. Wölfe gibt es schließlich auch hier und ebenso vehemente Gegner wie Befürworter, die sich spinnefeind sind. In seinem Buch spinnt er die aktuelle Diskussion ein wenig weiter, fügt unwahrscheinliche, aber dennoch plausible Aspekte hinzu und entwirft somit ein „What if“-Szenario.
Dabei möchte er sich aus den tatsächlichen Diskussionen heraushalten, sagte er, möchte beide Seiten darstellen, aber keine Position dazu beziehen. „Ich schreibe schließlich kein Sachbuch, sondern Unterhaltung“, so seine Begründung. Und ja, unterhalten, angeregt und neugierig auf sein Buch gemacht hat er das Publikum in der Remise ebenso wie die anderen Autorinnen und Autoren auf jeden Fall.