Kultur

26.09.2024

200 Jahre Heinrich Heine Harzreise - Mit dem Harzklub auf Heines Spuren, von der Bleichestelle bis zum Eselsplatz


Michael Raab - Zeichnung, Heinrich Heine entledigt sich seiner Schuhe

...Volker Wilch

Im September 1824 trat Heinrich (Harry) Heine seine berühmte Harzreise an. Startort war Göttingen, einen Zwischenhalt mit Übernachtung gab es am 15. September im damaligen Englischen Hof (heute Rinne-Haus, Kornmarkt 12) in Osterode am Harz.

200 Jahre später brachen einige Osteroder Bürgerinnen und Bürger auf, um ein Stück weit den Weg Heinrich Heines von Osterode nach Klausthal zu Fuß zu gehen.

Am Sonntag, 22. September 2024 trafen sich um 11 Uhr 15 Teilnehmer auf der Bleichestelle. Rudolf Buff, der 1. Vorsitzende des Harzklub Zweigverein Osterode am Harz, führte die Exkursion an. Ingolf Sindram vom Heimat- und Geschichtsverein Osterode am Harz und Umgebung e. V. gab einige Erläuterungen zum mutmaßlichen Weg, den Heinrich Heine genommen hatte.

In seinem Büchlein »Die Harzreise« schrieb Heine: »In pechdunkler Nacht kam ich an zu Osterode. Es fehlte mir der Appetit zum Essen, und ich legte mich gleich zu Bette. Ich war müde wie ein Hund und schlief wie ein Gott.« Dann beschreibt Heine seinen Traum über die Zeit in Göttingen, der er mit seiner Reise entfliehen wollte.

Weiter schreibt Heine: »Nachdem ich Kaffee getrunken, mich angezogen, die Inschriften auf den Fensterscheiben gelesen, und alles im Wirtshause berichtigt hatte, verließ ich Osterode.

Diese Stadt hat so und so viel Häuser, verschiedene Einwohner, worunter auch mehrere Seelen, wie in Gottschalks „Taschenbuch für Harzreisende“ genauer nachzulesen ist. Ehe ich die Landstraße einschlug, bestieg ich die Trümmer der uralten Osteroder Burg. Sie bestehen nur noch aus der Hälfte eines großen, dickmaurigen, wie von Krebsschäden angefressenen Turms. … «

Wie Heine nun nach Klausthal kam, darüber können wir also trefflich spekulieren. Vermutlich ist er der alten Harzstraße gefolgt. Nachdem vor einem halben Jahrhundert die Schnellstraße gebaut worden war, wäre das kein geeigneter Weg, um an einem sonnigen Septembertag die Stimmung einzufangen, die Heine vielleicht genossen hat. So entschied Rudolf Buff, dass die Gruppe den Hundschen Weg hinaufsteigt bis zur Köte am Eselsplatz.

Mit Rudolf Buff hatte die Gruppe einen exzellenten Führer: Er hat 36 Jahre als Förster im Osteroder Stadtwald gearbeitet.

Zunächst ging es bergauf – was sonst? Kurz vor dem Waldrand genossen die Teilnehmer die wunderbare Aussicht über Osterode. Heinrich Heine schrieb dazu «Der Weg nach Klausthal führte mich wieder bergauf, und von einer der ersten Höhen schaute ich nochmals hinab in das Thal, wo Osterode mit seinen roten Dächern aus den grünen Tannenwäldern hervorguckt wie eine Moosrose. Die Sonne gab eine gar liebe, kindliche Beleuchtung. Von der erhaltenen Turmhälfte erblickt man hier die imponierende Rückseite.» Gleich daneben steht eine Dennert-Tanne, in der erläutert wird, dass Heinrich Heine mutmaßlich niemals an dieser Stelle gestanden haben mag, aber dass der Ausblick, den er beschreibt, auch von hier aus sehr schön ist.

Weiter oben, im Wald, stellte Rudolf Buff die Frage, wie der Wald hier vor 200 Jahren ausgesehen haben mag. Links vom Weg, also nördlich des Standpunktes der Gruppe in Richtung Lerbach konnte man am Hang Bäume sehen, die etwa 30 Jahre alt waren und sich nach den Windbrüchen in den 90er Jahren des 20. Jhdt. entwickelt haben. So muss der Wald auch bei Heine ausgesehen haben, erklärte Buff: Er hat sich als Förster natürlich auch mit der Geschichte des Waldes befasst. Vor allem Ende des 18. wie Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Fichten-Wälder des Harzes schon einmal fast vollständig durch den Borkenkäfer vernichtet. Man nannte das damals „Die große Wurmtrocknis“. Die Ursache für die rasante Vermehrung des Borkenkäfers war damals wie heute eine länger anhaltende Trockenheit. Die Fichten bilden dann weniger Baumharz, was die Entwicklung es Borkenkäfers extrem begünstigt.

Buff erläuterte auch die Aufgaben der Forstwirtschaft , die neben der nachhaltigen Holzproduktion und der Versorgung der Bevölkerung mit dem wertvollen Rohstoff Holz ebenso wichtige Aufgaben des Naturschutzes, des Klimaschutzes und insbesondere im Harz auch des Wasserschutzes erfüllen muß. Dazu wird der Wald als Erholungsort für die Menschen und als Ziel für den Wirtschaftsfaktor Touristik immer wichtiger. In den 60er bis 80er Jahren des 20. Jhdts. konnten der Stadtkasse bzw. der Landeskasse noch erhebliche Erträge zugeführt werden. Da sich aber der Holzpreis seit 50 Jahren, ähnlich wie die Preise für landwirtschaftliche Produkte, kaum erhöht hat, ist heute eine wirtschaftliche Betriebsführung sehr schwierig. Jetzt, nach den katastrophalen Zerstörungen durch den Borkenkäfer, werden die betroffenen kommunalen und staatlichen Betriebe über viele Jahre nur noch geringe oder negative Erträge abwerfen. D. h., dass wichtige Aufgaben über Steuergelder finanziert werden müssen.

Schließlich erreichte die Wandergruppe den Eselsplatz und die Köte. Man hatte bald zwei Stunden für die Strecke von etwa vier Kilometern gebraucht. Das war den Erklärungen, Nachfragen und lebhaften Diskussionen geschuldet. Am Eselsplatz wurde ein kurzer Abstecher zum Aussichtspunkt unternommen. Von hier aus hatte die Gruppe einen herrlichen Ausblick auf die Sösetalsperre und auf die Nordwestflanke des Ackerhöhenzugs. Über diese Flanke erstreckt sich ein großer Teil der Stadtforst, in etwa vom Schindelkopf bis zum ehemaligen Standort des Krankenhauses.

Interessant war, dass das Team des Osteroder Stadtforstes entschieden hat, die abgestorbenen Bäume weitgehend zu fällen und zu verkaufen, während im Revier Lerbach große Teile der abgestorbenen Bestände, wie auf der Wanderung zu sehen, als Totholz stehen geblieben sind. Beide Verfahren führen zum Aufwachsen neuer Waldbestände und haben ihre speziellen Vor- und Nachteile, die von den Wanderern interessiert diskutiert wurden.

Auch Heine wird sich bei seiner Wanderung, bei der er auch die Sorgen und Nöte der Harzer Bevölkerung, die von der Holzproduktion stark abhängig war, kennenlernte, so seine Gedanken gemacht haben!

Eine Kunstausstellung zum Thema Harzreise wurde vom 16. bis 22.09.2024 in der Freimaurerloge im Rinne-Haus, Kornmarkt 12, gezeigt, bei freiem Eintritt.

Ab dem 1. Oktober 2024 ist die Kunstausstellung zum Thema Harzreise in der Stadtbibliothek zu sehen:

Die Veranstaltungsreihe wurde organisiert und gefördert von:

  • Interessengemeinschaft Kunstkreis Osterode e. V.
  • Heimat- und Geschichtsverein Osterode und Umgebung e. V.
  • Lyrik lebt e.V.
  • Landkreis Göttingen
  • Sparkasse Osterode am Harz
  • Loge «Zum Tempel der Eintracht»
  • Buchhandlung Thalia
  • Allianz Osterode: Generalvertretung Tim Launhardt
  • Verein Tourismus und Marketing Osterode am Harz e. V.
  • Harzklub Osterode/Lerbach e.V.
  • Stadt Osterode am Harz
  • … und von engagierten Osteroder Bürgerinnen und Bürgern.

Aussichtspunkt am Hundschen Weg

Blick auf Osterode - »... wo Osterode mit seinen roten Dächern aus den grünen Tannenwäldern hervorguckt wie eine Moosrose.«

Aussichtspunkt am Hundschen Weg


Ingolf Sindram gibt Erläuterungen


Rudolf Buff (links) und Ingolf Sindram

Volker Wilch, Kassenwart der Interessengemeinschaft Kunstkreis Osterode

Kiepenfrau als Holzfigur

Rast vor der Köte am Eselsplatz

Auf dem Aussichtspunkt oberhalb des Eselsplatzes

Blick vom Aussichtspunkt oberhalb des Eselsplatzes auf Sösetalsperre und Acker

Gute Gespräche

Auf dem Rückweg - Blick auf die Burg

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:


Rudolf Buff (links) und Ingolf Sindram

 

Anzeige