Kultur

14.09.2023

Harzer Hammer geht nach Wien


Auftakt des Mordsharz-Festivals in Wernigerode

von Christian Dolle

Kein Geschichtskitsch, sondern ein authentischer Sumpf aus Korruption und Perversion. So beschrieb Andreas Gruber in seiner Laudatio den Debütroman „Fluch der Venus“ von Peter Lorath. Den Harzer Hammer 2023 gewinnt dieses Buch auch wegen seines in die Zeit passenden Schreibstils, fuhr er fort, „als hätte der Piper Verlag ein verschollenes Manuskript erstmals veröffentlicht.“ 

Doch nein, „Fluch der Venus“ stammt aus der Feder des Arztes Peter Lorath, der in seinem Erstlingswerk ins Wien des Jahres 1880 und dort ins Rotlichtmilieu abtaucht. Als Kostprobe las er eine Anfangsszene, in der eine Obduktion detailliert, aber eben auch typisch wienerisch beschrieben wird. Ein verdienter Preisträger. 

Andreas Gruber hielt dann nicht nur die Laudatio, sondern sprang auch für die leider erkrankte Anna Schneider ein, die aber für Mordsharz 2024 bereits zugesagt hat. Allerdings las Andreas nicht aus seinem neuen Thriller „Rachefrühling“, sondern erzählte vielmehr von seinen Inspirationsquellen zu diesem Buch – eigentlich vor allem Gerichtsfilme – und sprach über seine ersten Schritte vom Manuskript hin zum Verlag, also Verhandlungen über seinen Agenten und zunächst auch seine Weigerung, nach Rachesommer, -herbst und -winter einen vierten Teil der Serie zu schreiben. „Rachefrühling, das klingt ja als wenn Rosamunde Pilcher einen Krimi schreibt“, urteilte er scharf. Dennoch ist das Buch gerade aktuell erschienen und auf jeden Fall war Andreas ein würdiger Ersatz für Anna Schneider. 

Zum Glück gesund war Klaus E. Spieldenner, der seinen aktuellen Krimi „Elbgrab“ vorstellte. Er las zunächst eine Szene im nächtlichen Wattenmeer, in der seine Ermittlerin Sandra Holz Lichter in der Ferne sieht und losgeht, um dem oder den Menschen in Not zu helfen. Zwischendurch wird sie unsicher, ob es wirklich Menschen sind, die sie gesehen hat, findet aber schließlich einen kleinen Jungen, dem sie beistehen kann. Allerdings sieht sie nun von dort aus das Ufer nicht mehr, während das Wasser immer weiter steigt. 
Abgesehen von dieser atmosphärischen Rettungsaktion geht es um eine Erpressung der Stadt Hamburg, übrigens laut Klaus E. Spieldenner die schönste Stadt dieser Größe. Mordsharz-Chef Christoph Lampert stimmte ihm da vorbehaltlos zu, auch wenn später im Interview natürlich geradegerückt wurde, dass Wernigerode auf jeden Fall ebenso schön ist, nur eben etwas kleiner. 

Für den fulminanten Abschluss dieses ersten Festivaltages sorgte Linus Geschke mit seinem Thriller „Die Verborgenen“. Grundidee für das Buch sind sogenannte „Phrogger“, die in fremde Häuser eindringen und von den Bewohnern unbemerkt für einige Zeit dort leben. Dabei finden sie mitunter auch viel über die dunkelsten Geheimnisse der Bewohner heraus. 

So gruselig dieser Gedanke auch ist, so eindringlich und empathisch stellte Linus Geschke eine seiner Hauptfiguren, Sven, vor. Um Bücher verkaufen zu können, braucht es vor allem eine zündende und originäre Idee, so erklärte er später, um Leser bei der Stange zu halten und zu begeistern, aber vor allem gut beschriebene Figuren. Dass er beides kann, stellte er an diesem Abend unter Beweis. 

Der Mordsharz-Donnerstag findet in Goslar statt. Auch hier gibt es einen Krankheitsfall. Kristina Ohlsson kann leider nicht aus Schweden anreisen. Die Lesung findet aber trotzdem statt, zwar ohne die Autorin, dafür aber mit ihrer deutschen Stimme Uve Teschner. 


Peter Lorath hat den 'Harzer Hammer' gewonnen


Andreas Gruber sprang für die erkrankte Anna Schneider ein

Andreas Gruber im Interview mit Christian Dolle


Klaus E. Spieldenner las aus seinem aktuellen Krimi 'Elbgrab'

Linus Geschke las aus seinem Thriller 'Die Verborgenen'

 

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