Kultur / Rezensionen

09.09.2023

Wenn Social Media lebensgefährlich wird


Hardy Crueger liest bei Mordsharz in Goslar aus „Der Flussmann“
von Christian Dolle

Je später es wird, desto unruhiger wird Denise. Ihr Mann Robin ist bei einer Firmenfeier und wollte längst zurück sein. Eine Überreaktion? Nein, denn am kommenden Tag ist Robin immer noch nicht da und auch nicht am Tag darauf. Erst Tage später wird seine Leiche von der Polizei aus der Oker geborgen. 

„Der Flussmann“ von Hardy Crueger beginnt mit einer beinahe alltäglichen Situation und entwickelt sich als klassischer Krimi. Was ihn besonders macht, ist ein Aspekt, den es so eher selten in der Literatur gibt, in der Realität dafür vermutlich häufiger. Denn Denise teilt ihre Sorge um Robin in Social Media und bekommt dafür einerseits Zuspruch, andererseits und je länger es dauert, aber auch Hass zu spüren. 

Hardy Crueger stammt aus Braunschweig, wo er auch seinen Roman ansiedelt, zählte eins zum literarischen Underground und liest heute regelmäßig auf einem Floß auf der Oker aus seinen Büchern. Mordsharz-Fans ist er seit 2016 bekannt, wo er in Wernigerode aus „Die Stunde der Flammen“ las. 
Statt Flammen gibt es diesmal also Wasser und eben den digitalen Datenfluss, der Denises Angst, Verzweiflung und schließlich Wut auch dem psychopathischen Täter in die Timeline spült. Je mehr sie also von sich preisgibt, desto angreifbarer macht sie sich auch, ihre emotionalen Posts werden schließlich zur lebensbedrohenden Gefahr. 

Genau diese Mischung aus modernem Alltag – noch dazu an vielen bekannten Orten, unter denen auch Goslar eine Rolle spielt – und unsichtbarer Bedrohung durch für alle sichtbare digitale Nachrichten, machen den Reiz dieses Krimis aus. Nicht nur der Täter, ebenso die Polizei und auch die Medien setzen sich damit auseinander und sorgen für eine Dynamik, die für die Ermittlungen nicht nur hilfreich ist. 
Hardy Crueger schreibt in erster Linie eindringlich aus Sicht seiner Protagonistin Denise, lässt aber auch andere, zunächst noch im Verborgenen agierende Figuren zu Wort kommen. Der Täter ist eine von ihnen, aber auch das Opfer, Robin, aus dessen Sicht beispielsweise die Obduktion beschrieben wird, bei der er sich wünscht, dass endlich Hinweise auf den Tathergang entdeckt werden. Gerade diese Szenen sind morbide, dadurch aber originell und lesenswert. 

Vielleicht liest er ja auch eine davon, wenn er am Donnerstag, 14. September, erneut beim Mordsharz-Festival zu Gast ist. Hardy Crueger liest ab 18 Uhr im Großen Heiligen Kreuz in Goslar aus „Der Flussmann“. Anschließend ab 19.30 Uhr stellen Katja Lund und Markus Stephan ihren Krimi „Wattenmeergrab“ vor, um 21 Uhr folgt Kristina Ohlsson mit Uve Teschner als deutscher Stimme, die aus „Das Feuer im Bootshaus“ lesen. 

Das gesamte Programm des diesjährigen Krimifestivals in Wernigerode, Goslar, Nordhausen und Walkenried gibt es auf www.mordsharz-festival.com

 

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