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13.10.2022

Torbogen Gittelde: Einweihungsfeier muss verschoben werden


Vor der Sanierung: Der Torbogen hat Patina und kann eine Geschichte erzählen

Der Torbogen ist zwar saniert, aber noch nicht ganz fertig - Über die neue Ansicht gibt es im Ort verschiedene Meinungen

...von Herma Niemann

Die eigentlich für den Reformationstag (31. Oktober) zunächst angedachte Einweihungsfeier für den sanierten Torbogen am Friedhof in Gittelde muss verschoben werden. Diese soll nun Anfang des nächsten Jahres stattfinden. Wie Andrea Kipp und Detlef Häfermann vom Kirchenvorstand in einem Gespräch mit unserer Zeitung sagte, habe noch keine Bauabnahme stattgefunden. Außerdem habe sich bisher auch noch nicht geklärt, welche Abdeckung auf den Torbogen kommen soll – Ziegel oder Zinkblech.

Der Kirchenvorstand würde gerne den Wünschen der überwiegenden Anzahl der Einwohner entsprechen, und wieder Ziegel darauf anbringen lassen. „Schlussendlich hat aber er Denkmalschutz das letzte Wort“, so Kipp. Bisher seien auch noch keine Angebote für die Arbeiten der Abdeckung eingegangenen. „Es macht keinen Sinn, jetzt eine Einweihungsfeier zu veranstalten, wenn der Torbogen noch gar nicht ganz fertig ist“, so Häfermann. Eigentlich habe Anfang der vergangenen Woche ein Informationsgespräch mit dem ausführenden Architekten, Dipl.-Ing. Eberhard Tiemann, stattfinden sollen, dieser habe aber kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen abgesagt. Gerne hätte man sich zeitnah mit einer Feierstunde bei den Einwohnern bedankt, so der Kirchenvorstand, denn für die Sanierung kam aus der Bevölkerung und von Unternehmen eine Spendensumme in Höhe von rund 28.000 Euro zusammen. Da noch keine Bauabnahme erfolgt sei, gebe es demzufolge auch noch keine Endabrechnung über die gesamten Kosten.

Derweil wurde unter den Einwohnern von Gittelde die neue Ansicht des alten Torbogens diskutiert. Und da gehen die Meinungen auseinander. Einige Einwohner finden ihn gut gelungen, andere wiederum sagen, er sehe aus wie eine schlechte Kopie von sich selbst und einige sagen, dann hätte man ihn auch abreißen können. Und wie sich bei den Sanierungsarbeiten herausstellte, sei der Torbogen nun doch trotz seiner  Schieflage vom Fundament her standfest. Jetzt, nach der Sanierung sieht man ein mit hellem Stampfbeton verputztes Objekt. Die Ziegel oben und an den Seiten sind verschwunden, das Ganze wirkt klinisch rein und erinnert an einen Neubau ohne jeglichen historischen Hintergrund. Daran können auch die alten Ornamente, die wieder aufgebracht wurden, nicht viel ändern.

Auf Nachfrage unserer Zeitung bei einem Kunsthistoriker aus Baden-Württemberg zu einer allerdings nur augenscheinlichen Bewertung der erfolgten Sanierungsarbeiten, also Vorher-Nachher, sagt dieser, dass aus seiner Sicht hier ein historisches Baudenkmal des Historismus zerstört worden sei. Ohne allerdings die genauen Fakten und Einzelheiten zu kennen, sagt er, dass das ganze Tor unter Denkmalschutz stand, demnach also auch die alte Ziegelbedachung dazu gehört haben müsse. Leider sei die vor der Sanierung erkennbare Quaderstruktur des Bogens nun auch nicht mehr sichtbar, so der Kunsthistoriker, und die altehrwürdige Patina, vor allem an den kupfernen Ornamentplatten und an der Außenfläche, sei nicht mehr vorhanden. „Der historische Charakter wurde maßgeblich beeinträchtigt“.

Eine Nachfrage unserer Zeitung beim Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege (NLD) in Hannover ergab, dass in diesem Fall das materielle Denkmalrecht durch die Kirche zu beachten sei. Aufgrund des Loccumer Vertrages und des Staatskonkordats (Staatskirchenvertrag) seien die Landeskirchen der Ev.-luth. Kirche und die Katholische Kirche mit den Denkmälern in ihrem Eigentum in der Selbstverwaltung. Anmerkung der Redaktion: Als Loccumer Vertrag wird der zwischen dem Land Niedersachsen und den evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen am 19. März 1955 geschlossene Vertrag bezeichnet. Die Bezeichnung bezieht sich auf den Unterzeichnungsort, das Kloster Loccum.

Das heißt, dass aufgrund dieser Verträge die Kirchen selbst die Zulässigkeit der Vorhaben prüfen, soweit dies nicht in den staatlichen Bereich eingreift. Demnach erfolge durch das NLD keine Kontrolle und keine Abnahme. Das NLD beziehe lediglich Stellung zu einer beabsichtigten Maßnahme, mit der sich die Kirche ernsthaft auseinandersetzen müsse. Weiter heißt es vom NLD, dass aus denkmalfachlicher Sicht die Ziegelabdeckungen wieder herzustellen seien, es sei denn ein bauzeitlicher Befund spräche dagegen. Für die Ziegeleindeckung spreche ebenfalls der konstruktive Witterungsschutz der Mauerkrone und die damit verbundene Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit der durchgeführten Sanierungsmaßnahme.

Wie der Pressesprecher und Leiter Kommunikation und Medien der Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig, Michael Strauß, auf unsere Nachfrage, ob es sich um eine Sanierung im Sinne des Denkmalschutzes handele, erklärte, sei die Sanierung des Torbogens konzeptionell mit dem Baureferat der Landeskirche und der Denkmalpflege abgestimmt gewesen. „Vor diesem Hintergrund entspricht auch das nun fertig sanierte Bauwerk den Vorgaben seitens der Landeskirche und der Denkmalpflege“, so Strauß.

Die folgenden Bilder können Sie vergrößern, wenn Sie ein Eseltreiber-Abo haben:


Nach der Sanierung: Der Torbogen wirkt wie ein Neubau

 

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